Ungerechter Fall im Westerwald
Lehrerin will helfen – und wird wegen Kinderpornografie angeklagt

Absurd und kaum zu glauben!
Eine Schülerin (13) filmt ein intimes Video von sich. Das schickt sie ihrem Freund. Der schickt es weiter. Um die Weitervebreitung zu stoppen, schreitet eine Lehrerin aus dem Westerwald ein. Sie besorgt sich die Aufnahmen – mit fatalen Folgen. Denn nun droht der Beamtin eine Freiheitstrafe und der Verlust ihres Jobs.
Lehrerin aus dem Westerwald besorgt sich intime Videoaufnahmen
Engagierte Lehrerinnen und Lehrer, die für ihre Schüler einstehen, wünscht sich jeder, oder? Doch jetzt hat die Lehrerin aus dem Westerwald eine Anklage der Staatsanwaltschaft Koblenz am Hals. Der Grund ist ebenso absurd wie beängstigend, da sie nur helfen wollte. Als sie von dem Video der 13-Jährigen erfahren hat, habe sie sich die Aufnahmen besorgen wollen, um die Mutter der Schülerin zu informieren. Doch mit den Folgen hat sie vermutlich nicht gerechnet.
Lehrerin droht eine Jahr Haft und Jobverlust
Pädophilie wird hart bestraft. Allein der Besitz des Materials steht unter Strafe, teilt die Staatsanwaltschaft mit, wie der SWR berichtet. Mario Mannweiler von der Staatanwaltschaft sagt beim Südwestrundfunk: „Uns sind die Hände gebunden.“
Das Gesetz resultiert daraus, dass der Besitz von Kinderpornografie 2021 als Verbrechen hochgestuft wurde. Somit steht darauf nun eine Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr. Der Lehrerin droht demnach bei einer Verurteilung mindestens ein Jahr Haft und der Verlust ihres Beamtenstatus.
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Im Video: So schnell kann sich Kinderpornografie verbreiten
Gesetz bietet keinen Handlungsspielraum
Auch wenn die Lehrerin mit einem reinen Gewissen gehandelt hat und der Schülerin helfen wollte, kann zunächst nichts gegen das Gesetz getan werden. Das Gesetz lasse in seiner jetzigen Form keine Ausnahmefälle zu, berichtet der SWR.
Experten und auch Oberstaatsanwalt Mannweiler fordern, dass das Gesetz mehr Handlungsspielraum bräuchte. Ansonsten könnte das zur Folge haben, dass immer weniger Lehrkräfte in solchen Fällen einschreiten, heißt es weiter. Um nicht gegen ein Gesetz zu verstoßen, hätte die Lehrerin den Vorfall der Polizei melden müssen – anstatt sich das Material zu beschaffen.
Kann die Lehrerin noch freigesprochen werden?
Der Fall sorgt zurzeit für viel Aufruhr. Theoretisch könnte eine Gesetzesänderung die Lage der Lehrerin ändern. Dass der entsprechende Paragraph 184b des Strafgesetzbuches dringend eine Überarbeitung braucht, ist auch der Bundesregierung bekannt, berichtet der SWR. Der Südwestrundfunk bezieht sich auf eine aktuelle Stellungnahme von Justizminister Marco Buschmann, der auf der Internetseite abgeordnetenwatch.de eine Frage zum Fall der Lehrerin im Westerwald beantwortet hat. So soll geplant sein, dass noch dieses Jahr das Gesetz angepasst wird. Das könnte die Anklage doch noch entlasten. (amp)
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