Kleiner, blinder Passagier im Airbus A320

Wespe an Bord: Lufthansa-Flieger muss umkehren - direkt nach Start zurück nach Frankfurt

Silas Stein
Kleiner Flieger gegen großes Flugzeug: Manchmal reicht schon eine Wespe, um einen Flieger zu stören. (Symbolbild)
deutsche presse agentur

Mitte Juni musste Flug LH 210 von Frankfurt nach Dresden umdrehen – und zwar ziemlich direkt nach dem Start. Als Ursache stellte sich später ein sehr kleiner, blinder Passagier heraus – eine Wespe hatte die Instrumente gestört.
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Wespe im Rohr: Lufthansa-Flieger muss umkehren

Die Passagiere an Bord des Fluges LH 210 mit dem Airbus A320 kamen am Donnerstag, den 15. Juni 2023 nicht weit. Das Flugzeug hob pünktlich um 13:55 von Frankfurt gen Dresden ab und landete um 14:47 wieder – in Frankfurt. Mehr als eine kleine Schleife war nicht drin, denn wegen eines Problems mit der Geschwindigkeitsanzeige kehrte "D-AIUI" sicherheitshalber zurück.

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Dem stern erklärt ein Sprecher des Unternehmens den Grund für den kurzen Flug so: "Eine Prüfung des Airbus A320 mit dem Kennzeichen D-AIUI ergab, dass sich eine Wespe in einem der insgesamt drei Pitot-Rohre befand." Das kleine Insekt sorgte dafür, dass der große Flieger nicht in der Lage war, seine Geschwindigkeit korrekt zu melden. Da das ernste Folgen haben kann, entschied man sich zur Umkehr.

Das sogenannte Pitot-Rohr, auch als Staudrucksonde bekannt, ist ein einseitig offenes Rohr, mit dem sich der Gesamtdruck von Flüssigkeiten oder Gasen messen lässt. Wenn der Durchlass stellenweise blockiert oder gar vollkommen verstopft ist, gibt die Sonde falsche Werte an. Das kann fatal enden.

Fehler an den kleinen Rohren können zu großen Katastrophen führen

Mindestens drei Flüge sind bekannt, bei denen es aufgrund falscher Messdaten der Sonden und darauffolgenden Fehlentscheidungen zur Katastrophe kam. So gilt ein fehlerhaftes Rohr als wahrscheinlichste für den Absturz der Birgenair ALW031 am 6. Februar 1996, bei dem 189 Menschen ums Leben kamen.

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Auch bei dem bisher schwersten Unfall in der Geschichte der Air France gilt das Rohr als Verursacher. Flug 447 von Rio de Janeiro nach Paris kam wohl nie an, da Eiskristalle die Sonde verstopften und den Autopiloten deaktivierten. Durch falsche Handhabung der Situation durch die Piloten kam es zum Absturz – 228 Passagiere starben. Beim Aeroperú-Flug 603 übersah das Personal einen Klebestreifen auf dem Rohr. Hier kam es ebenfalls zum Ausfall der Instrumente und dadurch zum Unfall durch menschliches Versagen.

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Fehleranfällig: Blockierung der Rohre kann nie vollkommen ausgeschlossen werden

Eine Blockierung des Pitot-Rohrs kann auf mehrere Weisen verhindert, aber nie vollkommen ausgeschlossen werden. Normalerweise werden die Öffnungen bei längerer Standzeit abgeklebt, damit sich nichts in den feinen Röhrchen festsetzt. Inzwischen sind die Sonden außerdem beheizt, damit sich Flug 447 niemals wiederholt.

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Wie gesagt – immer lässt sich das Rohr nicht freihalten. Das IT-Magazin "Futurezone" nennt als Ursache dafür vor allem die Schlüssellochwespe. Die Insekten bevorzugen künstliche Hohlräume und setzen sich daher schnell und gezielt in Öffnungen wie ein Pitot-Rohr. Im australischen Brisbane sind Forscher damit beschäftigt, nach Möglichkeiten zu suchen, den Flughafen für Wespen zu einem unattraktiven Lebensraum zu machen. Dabei geht es vor allem um das Beseitigen von Nahrungsquellen. Dort sind Grabwespen seit Jahren ein großes Problem.

Dabei verstopfen die Tiere nicht immer die Sonden selbst. Es reicht schon, dass wegen der drohenden Gefahr jede Sonde abgedeckt und vor dem Abflug entsprechend freigelegt werden muss. Diese Sicherheitsmaßnahme ist offenbar anfällig für Fehler, sodass es immer wieder vorkommt, dass die Sonden trotz strenger Protokolle nicht von ihrer Abdeckung befreit werden.

Hinweis: Dieser Artikel erschien zuerst bei stern.de.