Dubiose Stiftung, Gazprom-Verstrickungen, Steuerprobleme

Umstrittene Gaspipeline: Stolpert Manuela Schwesig über Nordstream 2?

Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern muss sich gerade viele Fragen gefallen lassen. Sie gilt als eine der größten Verfechterinnen für die russische Gaspipeline Nordstream 2. Die Pipeline endet in MeckPomm und versprach viele Arbeitsplätze. Schwesig tat also ziemlich viel dafür, dass es keine Probleme beim Bau gab.
Fällt ihr das jetzt auf die Füße?

Schwesig hat sich distanziert und Fehler zugegeben

ARCHIV - 15.11.2018, Mecklenburg-Vorpommern, Laage: Das Verlegeschiff "Audacia" des Offshore-Dienstleisters Allseas verlegt in der Ostsee vor der Insel Rügen Rohre für die Gaspipeline Nord Stream 2. (zu "Maas erhöht Druck auf Moskau im Fall Nawalny") Foto: Bernd Wüstneck/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Gas-Pipeline Nord Stream 2
bwu htf, dpa, Bernd Wüstneck

Inzwischen hat sich Schwesig deutlich distanziert und Fehler zugegeben. Anfang April sagte sie: „Mit dem heutigen Wissen, war das Festhalten am Nord-Stream 2 und auch die Einrichtung der Klima- und Umweltschutzstiftung ein Fehler.“

Dabei war die zweite Ostseeröhre von Anfang an heftig umstritten. Die USA drohten gar mit Sanktionen gegen beteiligte Firmen. Schwesig hat das heftig kritisiert, ihre Regierung präsentierte aber ein Gegenmittel. Eine harmlos klingende Klima- und Umweltschutzstiftung. Im Januar sagte Schwesig: „Ja, wir räumen der Stiftung die Möglichkeit ein, der Ostsee-Pipeline zu helfen. Sie wird nicht die Pipeline bauen. Und auch nicht betreiben. Sie kann einen kleinen Beitrag leisten, die Pipeline zu unterstützen.“

Nun kommt heraus: Das Ganze war eine Idee des russischen Betreibers Gazprom, die Landesregierung half bei der Umsetzung. Die Stiftung selbst war unternehmerisch überaus aktiv: Sie hat ein Schiff gekauft, Hafenanlagen gemietet. Zudem fehlt für 20 Millionen Euro russisches Stiftungsgeld der Steuerbescheid – im zuständigen Finanzamt sind die Unterlagen verschollen. Für die Opposition im Schweriner Landtag ist das Maß voll. Ein Untersuchungsausschuss soll jetzt aufklären. Gut so, heißt es aus der Ampel-Koalition in Berlin.

„Die Bürgerinnen und Bürger müssen wissen, was hier dahintersteckt, wie weit der Einfluss von Gazprom und des russischen Staates hier reicht. Das muss aufgeklärt werden. Das Verhalten von Ministerpräsidentin Schwesig ist schon jetzt Grund genug für einen Rücktritt. Denn das stört massiv vertrauen, wie sie sich hier verhalten hat,“ so FDP-Innenpolitikerin Linda Teuteberg.

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Landtagsfraktion FDP: "Es fällt einem mittlerweile schwer, an Zufälle zu glauben“

Ob die umstrittene Klimastiftung MV auf die von der Nord Stream 2 AG gezahlten 20 Millionen Euro Schenkungssteuer entrichten muss, ist noch unklar. Das zuständige Finanzamt Ribnitz-Damgarten prüfe den Vorgang auf Grundlage der einschlägigen steuerlichen Vorschriften, teilte das örtliche Finanzministerium mit. Es sei davon auszugehen, dass das Ergebnis bald vorliege.

Das Magazin „Cicero“ hatte bereits in der vergangenen Woche die Frage nach einer Steuerpflicht aufgeworfen und am Mittwoch nachgelegt. Der aktuelle Bericht bringt nicht nur eine mögliche Steuerschuld von 10 Millionen Euro ins Gespräch, auch sollen Dokumente verloren gegangen und Vorgänge ohne Steuernummern angelegt worden sein. Hinzu kommt der Vorwurf, Finanzminister Heiko Geue (SPD) könnte eine von der Stiftung beantragte Steuerbefreiung aus politischen Gründen zurückgehalten haben.

Dies bestritt das Ministerium am Donnerstag ausdrücklich: „Der Finanzminister hatte zu keinem Zeitpunkt seine Hand auf der Angelegenheit.“ Aufgrund des Steuergeheimnisses könne man darüber hinaus keine weiteren Auskünfte zu dem Verfahren geben.

Der Fraktionsvorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, René Domke, forderte eine lückenlose Aufklärung. „Die Vorgänge wirken mehr als dubios. Dass Schenkungssteuererklärungen verloren gegangen sein sollen, lässt mich fassungslos zurück. Es fällt einem mittlerweile schwer, an Zufälle zu glauben“, so der Politiker.

Fast jeder Zweite spricht sich für Rücktritt aus

Muss Schwesig deswegen nun zurücktreten? Der Rückhalt in ihrem eigenen Land ist durchaus gegeben. „Sie hat es ja gemacht, um unser Bundesland weiterzubringen. Und deswegen – ich sehe da nichts schlechtes drin,“ sagt uns ein Mecklenburg-Vorpommerner in die Kamera. Die Mehrheit der Bundesbürger hält aber einen Rücktritt von Ministerpräsidentin Schwesig für richtig. 48 Prozent sprechen sich laut einer repräsentativen Insa-Befragung im Auftrag der „Bild“ für einen Rücktritt aus, 27 Prozent dagegen.

Sie selbst denke nicht an Rücktritt, teilt Schwesig in Kiel mit. Dennoch. Zum dubiosen Gasprojekt wird sie noch viele Fragen beantworten müssen. (ako/eku/dpa)

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