Viele Menschen möchten den ankommenden Geflüchteten helfenGeflüchtete Menschen aus der Ukraine zu Hause aufnehmen? Das sollten Sie beachten

Aktuell kommen Tausende Menschen täglich aus der Ukraine nach Deutschland. Viele Privathaushalte möchten den Ukrainern helfen und Schlafmöglichkeiten in ihrem Zuhause anbieten. Doch bevor Sie sich dafür melden, sollten Sie sich diese Fragen stellen und auch beantworten können.
Lese-Tipp: Alle aktuellen Informationen zum Krieg in der Ukraine finden Sie jederzeit in unserem Live-Ticker.
Wie viele Ukrainer nach Deutschland kommen, ist ungewiss
Die Bilder von zerstörten Städten in der Ukraine gehen um die ganze Welt und rufen Entsetzen, Fassungslosigkeit und Wut aus. Mit diesem kriegerischen Vorgehen der russischen Armee hatte niemand gerechnet, am wenigsten wohl die Menschen vor Ort. Leider ist das aber nun fürchterliche Realität geworden. Um dem Tod und der Verwüstung zu entkommen, flüchteten seit Kriegsbeginn am 24. Februar Millionen Menschen aus ihrem Heimatland. Das Ziel? Ungewiss.
Viele Länder, darunter auch Deutschland, meldeten unverzüglich ihre Hilfsbereitschaft an, die flüchtenden Menschen aufzunehmen und sie in dieser schweren Zeit zu unterstützen.
Wie groß die Not ist, sieht man daran, dass etwa in Berlin jeden Tag Tausende Ukraine-Flüchtlinge ankommen und die Tendenz ist steigend. Aufgrund der Massen an Menschen ist das Land Berlin auf Hilfe aus der Bevölkerung angewiesen und diese kommt.
Die eigene Wohnung auf einem Portal anbieten
Neben Spenden von Geld, Kleidung oder weiteren Artikeln für das Leben im Alltag bieten Menschen ihren privaten Wohnraum an, um geflüchtete Menschen aufzunehmen. Auf dem Portal „Unterkunft Ukraine“ können die beiden Parteien zusammengebracht werden und laut eines aktuellen Zählers (Stand: Dienstag, 16:30 Uhr) auf der Seite gibt es schon über 277.000 zugesagte Betten.
Auch in Brandenburg ist die Solidarität mit den Geflüchteten groß, beim Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration gingen schon Hunderte Anfragen für Unterkunftsangebote ein. Das lobt auch Sprecher Gabriel Hesse gegenüber der Lausitzer Rundschau: „Das ist großartig und überwältigend.“ Allerdings solle das kein dauerhafter Zustand sein, sondern „es ist allenfalls eine Übergangslösung für den Anfang.“
"Ich beobachte die Situation mit großer Sorge"
Trotz dieser Hilfsangebote gibt es aber auch sorgenvolle Stimmen. Wie etwa von Mareike Geiling, die bereits 2014 bei den Flüchtlingswellen nach Europa mit weiteren Unterstützern die Plattform „Zusammenleben Willkommen“ gründete: „Ich beobachte die Situation mit großer Sorge und empfinde viel Ohnmacht dabei.“
Die Erfahrungen, die sie zusammen mit ihrem Team in den vergangenen sieben Jahren gesammelt hat, sorgen dafür, dass sie nicht nur Gutes in der hohen Aufnahmebereitschaft der privaten Haushalte erkennen kann.
Man muss sich der Verantwortung bewusst sein
Daher sollte sich jeder Einzelne die folgenden Fragen stellen, ehe sie oder er sich dazu entschließt, geflüchtete Menschen bei sich aufzunehmen:
Wie lange ist man bereit, geflüchtete Menschen bei sich aufzunehmen?
Diese Frage kann nur jeder individuell für sich beantworten und das kann zu ersten Konflikten führen. Während die Ihre Hilfe nämlich für mehrere Wochen einplanen, gehen andere wiederum vielleicht nur von ein paar Tagen aus.
Für Geiling ist deswegen klar: „Das wird zu Problemen führen. Menschen, die fliehen, stehen unter einem immens hohen Druck. Sie wissen nicht, ob sie jemals wieder zurückkehren können.“
Kommt man damit zurecht, dass die Geflüchteten nach der gemeinsamen Zeit in eine Sammelunterkunft müssen?
Über kurz oder lang wird es passieren, dass sich die Wege wieder trennen. Doch sollte bis dahin in der Ukraine noch immer Krieg herrschen, müssen die Geflüchteten weiter und das kann wahrscheinlich eine Sammelunterkunft sein. Vor dieser Option darf man die Augen nicht verschließen, sollte man seinen privaten Raum zur Verfügung stellen.
Ist es mir egal, wer bei mir einzieht, weil ich einfach helfen möchte?
Meldet man sich freiwillig in solch einem Portal an, kann man vorher natürlich nie genau sagen, wer demnächst am heimischen Tisch sitzen wird. Ob es zwischenmenschlich passt, kann dann erst herausgefunden werden, denn: „Das sind individuelle Personen mit eigenen Vorstellungen“, wie Geiling betont.
Wer zudem damit rechnet, über die Menschen die ukrainische Kultur kennenzulernen und auf gegenseitiges Interesse hofft, könnte enttäuscht werden. „Diese Menschen kommen aus dem Krieg“, mahnt die NGO-Gründerin. Außerdem merkt sie an: „Wie geht man damit um, wenn Dankbarkeit ausbleibt? Kann man das aushalten?“
Darf ich Geflüchtete in meiner Mietwohnung aufnehmen?
Der Deutsche Mieterbund e.V. in Berlin teilte dazu mit, dass jeder, der zur Miete wohnt, grundsätzlich auch Geflüchtete in die Mietwohnung aufnehmen darf. Denn es sind allein die Mieterinnen und Mieter, die entscheiden, ob und wann sie Besuch empfangen.
Man darf für einen Zeitraum von sechs bis acht Wochen in seiner Mietwohnung Menschen aufnehmen, auch ohne die Vermietung zu informieren oder um Erlaubnis fragen zu müssen. Sollte der Besuch allerdings länger dauern, sollte um Erlaubnis gebeten werden.
Viele Menschen verfallen in Aktionismus
Daher sollte jeder noch einmal in sich gehen, bevor sie oder er sich freiwillig meldet, um geflüchtete Menschen bei sich aufzunehmen. Viele könnten nämlich aufgrund der bedrückenden Situation in Aktionismus verfallen sein.
Geiling empfiehlt deswegen den Helfenden, die Hilfe in den bestehenden Flüchtlingsinitiativen mit erfahrenen Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern in Anspruch zu nehmen oder diesen Organisationen Geld zu spenden. Aufgrund der Erfahrung, die sie in diesen Extremsituationen gesammelt hat, befürchtet Geiling nämlich auch, dass die jetzige Hilfsbereitschaft nicht lange hält: „Das wird in einigen Wochen verpuffen.“ (nul)
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