Unterbringung von Schlangen, Echsen und Co. ist energieintensiv
Wegen Strompreis-Explosion: Tierheime fürchten Exoten-Rückgabewelle
Die steigenden Energiekosten zwingen viele Menschen zum Sparen. Das spüren auch Tierheime: Vor allem Reptilien, deren Unterhalt viel Strom frisst, werden nun häufiger abgegeben. Einige Tierhalter schrecken dabei auch nicht davor zurück, Königsphythons auf der Straße auszusetzen, wie das obige Video zeigt.
Teurer Unterhalt: „So kommt man für eine kleine Echse schnell auf 500 bis 800 Euro pro Jahr“
Reptilien sind wechselwarme Tiere. Folglich sind sie nicht in der Lage, ihre Körpertemperatur aktiv zu regeln. Stattdessen sind sie darauf angewiesen, dass sie in ihrer Umgebung wärmere und kühlere Bereiche zur Verfügung haben, um sich aufzuwärmen oder herunterzukühlen. Bedeutet: Halter von Schlangen, Echsen und Co. benötigen ein Terrarium.
Darin ersetzen Heiz- und Leuchtmittel rund um die Uhr die Sonne und sorgen für ein tropisches Klima von um die 30 Grad. Wüstentiere wie die Bartagame benötigen dabei am meisten Wärme und Helligkeit. „Wenn der Strompreis auf 50 Cent pro Kilowattstunde steigt, wird bei der Haltung einer Bartagame allein die UV-Beleuchtung mit jährlich rund 230 Euro zu Buche schlagen“, rechnete Patrick Boncourt, Reptilienexperte beim Deutschen Tierschutzbund, vor. Mit weiteren Betriebskosten für Tagesleuchten und andere technische Geräte sowie Futter und Tierarztkosten „kommt man für eine kleine Echse schnell auf 500 bis 800 Euro pro Jahr“, so Boncourt weiter. Und vieles deutet derzeit darauf hin, dass die Energiekosten in den kommenden Monaten weiter steigen werden.
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"Nur etwa fünf bis zehn Prozent der Reptilien werden ein neues Zuhause finden"
Auch Sven Bernhardt, Leiter des Kleintier- und Reptilienhauses des Hamburger Tierschutzvereins.(HTV) sieht in der Energiekostenexplosion einen der Hauptgründe, warum gerade vermehrt Reptilien ausgesetzt werden: „Gerade exotische Tiere benötigen viele Heizquellen und somit Strom. Und viele Leute können die Kosten nicht mehr bezahlen, deswegen entledigen sie sich der Tiere dann“, fasst der Experte zusammen. Es würden nun vermehrt Reptilien ausgesetzt.
Der Trend sei jedoch schon seit dem Ende der coronabedingten Home-Office-Pflicht zu beobachten. Viele Leute, die jetzt wieder in die Betriebe gehen, fragten sich: „Wohin mit dem Tier?“ Das führe dazu, dass „die Tiere oft einfach ausgesetzt werden, viele auch direkt fachmännisch vor dem Tierheim“, erzählt der Tierpfleger.
„In den kommenden 12 bis 18 Monaten rechnen wir bundesweit mit einem deutlichen Anstieg an abgegebenen oder ausgesetzten Tieren“, erklärt auch Boncourt. Und warnt vor den Folgen : Besonders kleinere Tierheime seien nicht vorbereitet auf die Aufnahme von Reptilien, Papageien oder exotischen Säugetieren. Schon jetzt sei die Lage in Tierheimen insgesamt angespannt, viele hätten bereits Aufnahmestopps für diverse Tiergruppen verhängt.
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Tierschützer raten vor Anschaffung exotischer Tiere als Haustier ab
Für viele Schlangen und Echsen ist das Tierheim eine Einbahnstraße. Nur etwa fünf bis zehn Prozent der Reptilien werden nach Schätzung des Experten wieder ein neues Zuhause finden. „Derzeit und in der nahen Zukunft gehen wir davon aus, dass die Chancen minimal sind.“ Vor allem angesichts der weiter steigenden, kaum kalkulierbaren Energiekosten.rät der Tierpfleger vor der Anschaffung exotischer Tiere als Haustiere ab.
Menschen, die sich dennoch ein Reptil zulegen wollen, rät Bernhardt, sich im Vorfeld die Frage zu stellen, „was ein Tier wöchentlich oder monatlich kostet“. Bedenken sollten Interessenten auch, dass „viele Reptilien ja auch sehr alt werden können, von 20, 30 bis über 60 Jahren“. Außerdem sei es wichtig, sich zu informieren, was die Reptilien fressen.
„Man sollte sich grundsätzlich – wie bei allen Tieren - erst einmal vorab informieren und sachkundig machen. Das ist beim Deutschen Tierschutzbund und anderen Vereinen möglich“, weiß der Tierpfleger. Aber auch Reptilienauffangstationen seien gerne bereit, über die Haltung, Pflege und Bedürfnisse der Reptilien sowie mögliche Kosten aufzuklären. (gea/nri)
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