Der Körper wird zur Selbstreparatur angeregt

Studie: mRNA-Technologie kann auch Knochenbrüche heilen

Orthopedic surgeon studying a x-ray of a broken radius bone in theater after correctional surgery.
Ein Team um Unfallchirurgin Elizabeth Balmayor von der Universität Maastricht hat untersucht, ob Knochenzellen durch mRNA zur Bildung von Knochengewebe angeregt werden können. (Foto: Symbolbild)
Belinda Pretorius, Belinda Pretorius, iStock

Viele Menschen fürchten sich vor Impfstoffen auf Basis sogenannter Messenger-Ribonukleinsäure - kurz mRNA. Die Technologie dahinter wurde nicht primär für Impfstoffe entwickelt - da gibt es schon zahlreiche bewährte Verfahren. Allerdings: Die Herstellung geht rasant schnell, wie sich auch in der Corona-Pandemie gezeigt hat. Ursprünglich wurde mRNA-Technik zur Behandlung von Krebs entwickelt. Doch deren Zukunft geht weit über diese Einsatzgebiete hinaus, wie jetzt eine Studie gezeigt. Sie könnte demnach auch bei der Knochenheilung helfen, wie das Ärzteblatt berichtet.

Zukunftstechnologie: Auch zur Heilung einsetzbar

mRNA kommt im Körper selbst vor und ist dafür zuständig, die Bauanleitung für bestimmte Proteine an die Körperzellen zu geben. Das funktioniert auch mit in Laboren künstlich hergestellter mRNA. Im Falle der Impfung werden die Zellen angeregt, die Spike-Proteine des Virus nachzubauen - um eine Immunabwehr zu veranlassen. Doch diese Technik kann auch zu heilenden Zwecken benutzt werden. Schon länger sucht die Wissenschaft für Knochenbrüche und -verletzungen bessere Therapiemöglichkeiten. Ein Team um Unfallchirurgin Elizabeth Balmayor von der Universität Maastricht hat nun untersucht, ob Knochenzellen durch mRNA zur Bildung von Knochengewebe angeregt werden können.

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Bisherige Medikamente viel zu teuer

Vor einigen Jahren wurden dazu bereits verschiedene Arzneimittel auf Basis rekombinanter Proteine eingeführt, deren Wirksamkeit Experten nicht überzeugen konnten und vom Markt genommen wurden. Rekombinante Proteine sind Eiweiße, die mithilfe von gentechnisch veränderten Organismen hergestellt werden. Bakterien, Pilze, Insekten oder Säugetierzellen werden genutzt, um bestimmte Eiweiße in größeren Mengen zu produzieren. Dieses Verfahren wird zum Beispiel für den Corona-Impfstoff von Novavax angewendet.

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mRNA muss für Knochenheilung modifiziert werden

Aus der Sicht von Forscherin Balmayor besteht ein Problem dieser Medikamente darin, dass große Mengen an Proteinen benötigt werden. Bei gentechnisch hergestellten Medikamenten sei das aber mit hohen Kosten verbunden. Deren Herstellung sei durch mRNA hingegen vergleichsweise kostengünstig, hier übernehmen ja die körpereigenen Zellen die Produktion. Zudem werden sie gleich dort hergestellt, wo sie es auch von Natur aus geschieht. Ein Nachteil des Verfahrens: mRNA wird von Enzymen schnell wieder abgebaut. Um sie für die Heilung von beschädigtem Knochengewebe zu verwenden, haben die Forscher sie deswegen chemisch zu cmRNA modifiziert.

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Stabile Knochenbrücke nach nur vier Wochen

In einer präklinischen Studie wurden die modifizierte mRNA bei Ratten eingesetzt, denen die Forscher einen Teil des Oberschenkelknochens entfernt hatten. Der Defekt wurde einem Schwamm gefüllt, der mit cmRNA getränkt war. Die Forscher konnten dabei zeigen, dass die cmRNA von den Knochenzellen aufgenommen wird, die Zellen begannen mit der Produktion des Knochenproteins BMP-2.

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Bereits nach vier Wochen hatte sich eine stabile Knochenbrücke gebildet. Die Knochenbildung erfolgte laut Balmayor direkt und nicht über eine Kallusbildung. Dies könnte zu einer schnelleren Heilung des Knochens führen, der so früher belastbar wäre. Eine Kallusbildung kann Hinweis auf eine verzögerte Knochenbruchheilung wegen nicht ausreichender Ruhigstellung sein und eine Arthrose begünstigen.

Weitere Tierexperimente und klinische Studien nötig

Ob die Behandlung bei Menschen auch funktioniert, muss sich nach weitere tierexperimentellen Studien erst in klinischen Studien zeigen. Eine wichtige Frage ist: Wie sicher ist das Verfahren? Denn cmRNA könnte auch ein Tumorwachstum auslösen, denn BMP-2 kann Krebs fördern.
Die Forscher fanden aber bisher keine Hinweise darauf, dass chemisch modifizierte mRNA außerhalb des Knochens von Zellen aufgenommen wird. (ija)