Ist das der Durchbruch?

mRNA-Impfstoff gegen Krebs: Biontech testet an ersten Patienten

ARCHIV - 09.06.2021, Berlin: Ein Kinder- und Jugendarzt zieht den Corona-Impfstoff Comirnaty von Biontech/Pfizer in eine Spritze. Ein vollständiger Impfschutz mit zwei Dosen der Mittel von Biontech/Pfizer oder Astrazeneca verhindert einer britischen
Coronavirus - Biontech/Pfizer
som cul vco, dpa, Fabian Sommer

Die Impfstoffe sollen individuell auf den Patienten angepasst sein

Die Firma Biontech ist in Deutschland wohl am ehesten für den Corona-Impfstoff bekannt. Die von den deutschen Özlem Türeci und Uğur Şahin gegründete Firma hat sich aber nur aus der Not heraus mit Corona beschäftigt – eigentlich forscht Biontech an individualisierter Krebsmedizin. Und genau die soll in den nächsten Jahren wieder in den Fokus des Unternehmens rücken.

Laut Angaben der beiden Wissenschaftler wurde inzwischen der erste Patient mit dem Wirkstoff BNT111 behandelt. Im Rahmen einer Studie mit insgesamt 120 Patienten wird so die Wirksamkeit, Verträglichkeit und Sicherheit getestet. Der erste Patient, der diese Dosis empfangen hat, leidet an unheilbarem Hautkrebs und hat den Impfstoff BNT 111 in Kombination mit dem Krebs-Mittel Libtayo von Regeneron und Sanofi bekommen. Für 2021 hat das Mainzer Unternehmen weitere Phase-2-Studien für zusätzliche Krebsimpfstoffkandidaten angekündigt.

Bekämpfung der Krebszellen ohne starke Nebenwirkungen

Normalerweise werden Krebsformen mit Medikamenten wie beispielsweise Chemotherapien behandelt. Diese Mittel wirken direkt gegen die Krebszellen – greifen aber auch gesunde Zellen an und sorgen für starke Nebenwirkungen.

Auf der anderen Seite hat unser Körper aber auch eine angeborene Therapie gegen Krebs – das Immunsystem. Das blockt nämlich nicht nur Angreifer von außen ab, sondern kümmert sich auch um Zellen, die den Körper von innen attackieren. Im Falle einer Krebserkrankung bilden sich Proteine, oder Antigene, die auf den befallenen Zellen sitzen. Der mRNA-Impfstoff soll sich, so der Plan, genau auf diese Proteine setzen um so die Krebszelle zu zerstören.

Das Besondere: Die mRNA unterscheidet sich von Erkrankung zu Erkrankung – und kann auch beliebig verändert und auf den Patienten abgestimmt werden. So können Krebskranke eine individualisierte Behandlung erhalten, die höhere Erfolgschancen verspricht.

Experte Dr. Christian Specht nennt Pro und Contra

Die Art der Behandlung könnte weitere Vorteile haben, so Experte Dr. Specht: „Diese mRNA-Therapie könnte auch für andere Krebsformen wie Brust- Darm oder Prostatakrebs gut sein. Das heißt also, dass man beim Patienten eine Probe des Tumors entnimmt und guckt, was für Antigene da drauf sind. Dann kann man ganz speziell für diese Antigene einen mRNA-Impfstof entwickeln.“

Der einzige Kritikpunkt an der Idee ist der Aufwand und die damit verbundenen Kosten – sagt Specht im Interview:

„Kritisch anmerken muss man, dass das Ganze natürlich sehr teuer wird. Man kann sich vorstellen, wenn jeder seinen eigenen mRNA-Impstoff bekommt, dann wird das natürlich eine sehr teure Therapie.

Trotzdem nennt Dr. Specht den Ansatz „erfolgversprechend“ und verweist auf die aktuelle Corona-Impfung. Die haben wir, laut dem Mediziner, teilweise auch Özlem Türeci und Uğur Şahin zu verdanken. (msc)