Ein Kommentar Spitze gegen Jan Böhmermann: Frau Schwarzer, vertragen Sie keine Kritik?

Jan Böhmermann laut Emma „Sexist Man Alive“? Alice Schwarzer, ich glaube, Sie haben das "E" vergessen!
Jan Böhmermann laut Emma „Sexist Man Alive“? Alice Schwarzer, ich glaube, Sie haben das "E" vergessen!
Imago;ActionPress

Da scheint jemand keine Kritik zu vertragen, oder?
Die Publizistin Alice Schwarzer (80) hat eine Spitze gegen Jan Böhmermann (42) ausgeteilt - vermutlich als Reaktion auf dessen Kritik an ihr. Schwarzers vermeintlich feministisches Magazin Emma kürte den ZDF-Moderator mit dem Negativ-Preis „Sexist Man Alive 2023“. Da scheint aber jemand das „E“ vergessen zu haben. Kann ja mal passieren, wenn man trotzig ist. Ein Kommentar.

Ist Emma-Gründerin Alice Schwarzer etwa trotzig?

Also, wenn mich jemand gefragt hätte, hätte Jan Böhmermann eher den Titel „SexiEst Man Alive“ verdient.

Aber von vorne: Zur Begründung für den Titel, den es an Böhmermann verleiht, nennt das Magazin in einem am Mittwoch (26. Oktober) veröffentlichten Text unter anderem die Berichterstattung in seinem Format „ZDF Magazin Royale“ über Transpersonen und Angriffe auf Schwarzer und Emma in diesem Zusammenhang. Denn: Böhmermann hatte im vergangenen Dezember im „ZDF Magazin Royale“ eine frühere Äußerung Schwarzers („Inzwischen gibt es eine riesige Welle, sozusagen eine Trans-Mode.“) aufgespießt. Danach hatte der 42-Jährige unter anderem gesagt: „Die Emma hetzt inzwischen regelmäßig gegen Transmenschen.“

Und damit nicht genug. Der ZDF-Moderator zitierte später in der Show einen Artikel der AfD-Politikerin Beatrix von Storch, der auch kritisch das Thema Geschlechtsanpassung streifte und sich auf einen Emma-Artikel berief. „Ach, guck mal an: Nazis lesen. Und Nazis lesen Emma“, so der Moderator. Die Emma-Redaktion kritisiert in der Begründung zum Negativpreis, Schwarzer werde in die „Nazi-Ecke“ gerückt.

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Ist da etwa jemand trotzig? Fühlt sich Alice Schwarzer hier eventuell in die Ecke gedrängt? Oder vielleicht sogar ertappt? Ihre Reaktion lässt jedenfalls vermuten, dass alle drei Punkte (und wahrscheinlich noch mehr) zutreffen.

Im Video: Jan Böhmermann kritisiert im „NSU 2.0“-Prozess die Justiz

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Jan, für mich bist du der „SexiEst Man Alive“

Das US-Magazin People kürt jedes Jahr den „Sexiest Man Alive“, den Mann mit dem größten Sex-Appeal. In Anspielung darauf bestimmt Emma den sexistischsten Mann des Jahres – „Sexist Man Alive“. Dieses Jahr ist der Glückliche niemand Geringeres als Jan Böhmermann. Ob ich das verstehe? Nö! Ich finde eher, dass Alice Schwarzer und ihr Emma-Magazin das „E“ bei „Sexist“ vergessen haben.

Schließlich begeistert der 42-Jährige immer und immer wieder mit Humor und Köpfchen. Er nimmt sich selbst überhaupt nicht ernst, deckt Ungerechtigkeiten auf und legt sich – wenn’s sein muss – auch mal mit mächtigen Politikerinnen und Politikern an. Und mit der Justiz. Und das finde ich sexy. Es imponiert mir, dass der Moderator sich für Minderheiten einsetzt – ja, sie sogar fördert. Und offensichtlich trifft er damit immer wieder ins (Achtung, Wortwitz!) Schwarze(r)! Sonst würde die 80-Jährige nicht mit solch einer Aktion reagieren.

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Doch die Reaktion der Verlagsgründerin wundert mich nicht. Das Polarisieren liegt Alice Schwarzer im Blut. Ja, sie hat sich als junge Frau im Deutschland der Siebzigerjahre öffentlich für das Recht auf Abtreibung eingesetzt. Und ja, der Hass, der Schwarzer entgegen schwappte, muss unerträglich gewesen sein. Und vielleicht hätte das niemand anderes SO ausgehalten, wie diese sture Frau. Dafür verdient sie Applaus. Einen kurzen. Denn in den letzten Jahren leistete sich die Autorin Fehler – gravierende Fehler. Sie hetzt gegen Migranten und Migrantinnen und gegen Trans-Menschen. Sie bezeichnet Männer, die meiner Meinung nach feministisch sind, als Sexisten. Wie passt das zusammen? Ganz klar: Schwarzer ist im Establishment angekommen. Sie hob die Faust gegen „die da oben“ und sah nicht, dass sie selbst zu „denen da oben“ wurde. Und wurde – offensichtlich – blind für die heutige Welt. Denn ja, die Welt hat sich verändert.

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Und anstatt sich auf wichtigere Dinge zu konzentrieren, den Fokus daraufzulegen zu helfen, die Stimme für beispielsweise Frauen im Iran zu erheben, legt sich Frau Schwarzer mit Männern an, die es seit Jahren richtig machen. Keiner ist perfekt, wir alle machen Fehler – auch Jan Böhmermann – sich aber für Trans-Menschen einzusetzen und die Person an den Prager zu stellen, die sich darüber lustig macht, ist absolut in Ordnung. Und anstatt sich die vermeintliche Feministin darüber Gedanken macht, ihr Verhalten reflektiert und sich (verdammt nochmal) entschuldigt – hetzt sie gegen den Moderator.

Jan, für mich bist du der „SexiEst Man Alive“ – aber mich fragt ja keiner. Zumindest nicht Alice Schwarzer. Aber dafür bin ich am Ende auch irgendwie ganz dankbar.

Jan Böhmermann ist nicht der erste „Sexist Man Alive“

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Vor Böhmermann ging der Negativ-Preis „Sexist Man Alive“ unter anderem an Sascha Lobo, Papst Franziskus und den Rapper Kollegah. (mit dpa)