Große Belastung durch Corona-Pandemie habe Spuren hinterlassen

Schottland in der Krise: Regierungschefin Nicola Sturgeon tritt zurück - in ihrer Erklärung wird sie persönlich

ARCHIV - 16.01.2023, Großbritannien, Edinburgh: Nicola Sturgeon, Premierminister von Schottland, reagiert während einer Pressekonferenz über das staatliche Gesundheitssystem National Health Service (NHS) im St. Andrews House. Die schottische Regierun
Schottische Regierungschefin Sturgeon will zurücktreten.
nwi jai, dpa, Lesley Martin

Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon gibt ihr Amt auf. „Ich kündige meine Absicht an, als Regierungschefin und Chefin meiner Partei zurückzutreten“, sagte die 52-Jährige in Edinburgh.

Auch wenn diese Entscheidung für viele überraschend und für manche zu früh komme, wisse sie „mit meinem Herzen und meinem Verstand, dass dies der richtige Zeitpunkt“ sei. Sie wolle als „First Minister“ und Chefin der Schottischen Nationalpartei (SNP) im Amt bleiben, bis ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin gefunden sei.

Unabhängigkeit & Gender-Gesetz: Sturgeon musste mehrere Dämpfer hinnehmen

Sturgeon musste zuletzt mehrere Dämpfer hinnehmen:

  • London blockiert eine von ihr angestrebte erneute Abstimmung über die Frage, ob Schottland weiterhin Teil des Vereinigten Königreichs bleiben soll oder nicht. Zudem verloren die Unabhängigkeitsbefürworter vor dem höchsten britischen Gericht. Der Supreme Court hatte geurteilt, dass das schottische Regionalparlament kein Recht hat, ohne Zustimmung der britischen Regierung eine Volksabstimmung anzusetzen. Sturgeon sagte, sie sei enttäuscht von der Entscheidung, akzeptiere sie aber. Unabhängigkeit müsse auf legalem und demokratischem Wege erreicht werden.
  • Zudem belastete zuletzt der Streit um ein kontroverses Gender-Gesetz die schottische Regierung. Mit dem Gesetz, für das das schottische Parlament im vergangenen Jahr gestimmt hatte, soll unter anderem die Pflicht für ein medizinisches Gutachten als Voraussetzung für eine Änderung des Geschlechtseintrags entfallen. Das Mindestalter für einen Antrag soll von 18 auf 16 Jahre gesenkt werden. Als Transmenschen werden Personen bezeichnet, die sich dem Geschlecht, das ihnen bei Geburt zugeschrieben wurde, nicht zugehörig fühlen.

Daran gab es viel Kritik, zu den prominentesten Kritikerinnen gehört die Harry-Potter-Autorin Joanne K. Rowling. Sie und ihre Mitstreiter befürchten, dass Männer die vereinfachten Regelungen ausnützen könnten, um aus sexuellen Motiven in Bereiche einzudringen, die Frauen vorbehalten sind, wie zum Beispiel Damenumkleiden oder -toiletten. Unterstützer sehen in dem Gesetz hingegen eine längst überfällige Reform, die Transmenschen das Leben erleichtern und ihnen ermöglichen könne, selbstbestimmt zu leben.

Mit Blick auf diese Kontroverse sagte Sturgeon, ihre Entscheidung sei keine Reaktion auf Druck und schwierige Situationen in der Vergangenheit. Stattdessen merke sie mittlerweile, welchen körperlichen und psychischen Einfluss die großen Belastungen der Corona-Pandemie für sie als Regierungschefin hinterlassen haben.

Am längsten amtierendste schottische Regierungschefin

Die Fragen, ob der Job das Richtige für sie sei und ob sie die Richtige für ihre Partei, ihr Land und den Kampf für die schottische Unabhängigkeit sei, sei immer schwieriger mit „Ja“ zu beantworten gewesen. „Ich bin zu der schwierigen Entscheidung gekommen, dass es nicht mehr so ist“, sagte Sturgeon. Sie wolle ihrer Partei daher die Freiheit geben, sich für eine neuen Führung zu entscheiden.

Sturgeon war seit 2014 im Amt. Sie ist damit die am längsten amtierende schottische Regierungschefin. Sie folgte auf ihren damaligen Parteikollegen Alex Sammond, der mittlerweile eine neue Partei gegründet hat. (dpa/reuters/eku)

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