Sanktionen der EU gegen Russland – was ist überhaupt möglich?

Die USA und die Europäer haben Russland wegen seines militärischen Vorgehens in der Ukraine-Krise mit einschneidenden Konsequenzen gedroht und einige davon schon gezogen. Während die USA für scharfe wirtschaftliche Strafmaßnahmen werben, bremst die deutsche Regierung – auch weil deutsche Unternehmen bereits jetzt vor erheblichen Einbußen für die deutsche Wirtschaft warnen. Doch welche Optionen gibt es hinsichtlich der Sanktionen gegen Russland überhaupt?

epa04108995 German Foreign Minister Frank-Walter Steinmeier briefs the media after a bilateral meeting with UN Secretary General about the Ukraine crisis, in Geneva, Switzerland, 04 March 2014. EPA/SALVATORE DI NOLFI +++(c) dpa - Bildfunk+++
Die Bundesregierung, hier Außenminister Frank-Walter Steinmeier, setzt eher auf einen Dialog, doch die EU und die USA drohen bereits mit Sanktionen gegen Russland.
dpa, Salvatore Di Nolfi

Russland und die G8

Ein Sanktionsziel könnte Russlands Mitgliedschaft im prestigeträchtigen und mächtigen Club der "Gruppe der Acht" (G8) sein, dem Russland seit 1998 angehört. In diesem Jahr hat Russland turnusgemäß den Vorsitz und ist damit Gastgeber des Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschefs. Russlands sieben Partner (G7) - die USA, Kanada, Japan, Großbritannien, Frankreich, Italien und Deutschland - haben bereits Vorbereitungsgespräche für den im Juni anstehenden G8-Gipfel in Sotschi abgesagt. Ob der Gipfel stattfindet, steht damit infrage. Kanadas Ministerpräsident Stephen Harper hat darüber hinaus ins Spiel gebracht, Russland aus der G8 auszuschließen. Das würde das Land weiter in die Isolation treiben.

Russische Banken

Eine weitere Option könnte sein, russischen Banken das Geschäft im Westen zu erschweren. Die US-Behörden könnten auf Grundlage von Gesetzen, die nach den Anschlägen vom 11. September 2001 zur Verfolgung von Verdachtsfällen der Terrorfinanzierung erlassen wurden, gegen Institute aus dem osteuropäischen Land vorgehen. Der konkrete Ansatzpunkt dafür könnte Russlands Unterstützung für die Regierung des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad sein. Würde man damit Russlands Banken aus dem US-Finanzsystem katapultieren, wäre eine wichtige Säule des Landes erschüttert.

Auslandsvermögen von Putin und seinem "Gefolge"

Die Vereinigten Staaten wie die Europäer könnten das in ihrem Hoheitsbereich gehaltene Vermögen von Russlands Präsident Wladimir Putin und anderen Beteiligten an dem Vorgehen in der Ukraine ermitteln und sperren. Zwar würde das nichts am Grundübel ändern, das dem Konflikt um die Ukraine zugrunde liegt. Es würde den Herrschenden in Moskau aber zeigen, dass der Westen nicht gewillt ist, den Entwicklungen tatenlos zuzusehen. In den USA besteht seit 2012 die Möglichkeit, russische Regierungsvertreter strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen, die in Menschenrechtsverstöße verwickelt waren. Daran könnte die amerikanische Regierung anknüpfen und sich mit Blick auf den Ukraine-Konflikt ähnliche Möglichkeiten schaffen. Die Wirksamkeit solcher Maßnahmen ist allerdings umstritten. US-Präsident Barack Obama prüft auch Einreise-Beschränkungen für russische Regierungsvertreter.

Energieabhängigkeit verringern

Handelssanktionen

Wohl am wirksamsten wären Handelssanktionen gegen Russland. Die US-Regierung könnte Gespräche über ein Investitionsschutz-Abkommen zwischen beiden Ländern stoppen. US-Unterhändler haben bereits einen Termin abgesagt. Durch das Abkommen sollen die Handelsbeziehungen, die derzeit einen Wert von gut 38 Milliarden Dollar im Jahr haben, intensiviert werden. Russland wäre durch einen Stopp getroffen, weil es zur Modernisierung seiner Wirtschaft dringend ausländische Investoren braucht. In den beiden letzten Jahren musste das Land Kapitalabflüsse von rund 60 Milliarden Euro verkraften.

Europäer und ihre Energieabhängigkeit

Die Europäer könnten sich darum bemühen, ihre Abhängigkeit von russischem Öl und Gas zu verringern. Ein Umschalten auf andere Lieferanten dürfte nach Expertenauffassung aber nicht so rasch gelingen. Deutschland deckt einen großen Teil seines Energiebedarfs mit russischem Erdgas – doch in diesem Bereich könnten die USA den Europäern helfen.

Verhandlungsunterbrechung im EU-Russland-Vertrag

Die EU-Außenminister haben damit gedroht, die Verhandlungen über einen EU-Russland-Vertrag zu stoppen, der die bilateralen Beziehungen auf eine neue Basis stellen und damit stärken sollte. Allerdings nimmt die deutsche Wirtschaft diese Drohung nicht ernst. Die Verhandlungen laufen seit 2008. Wenn sie nun unterbrochen würden, würde keiner etwas merken, sagt der Geschäftsführer des Ost-Ausschusses der deutschen Wirtschaft, Rainer Lindner.

Aussetzung des Visa-Dialogs

Auch die Aussetzung des Dialogs über eine Abschaffung der Visa-Pflicht zwischen der EU und Russland ist ein zweischneidiges Schwert. Betroffen wären nach Darstellung aus der deutschen Wirtschaft weniger Geschäftsreisende beider Seiten als vielmehr die breite Masse von Privat-Reisenden aus Russland und der Europäischen Union. Russland, aber auch die deutsche Wirtschaft fordern seit Jahren eine Abschaffung dieser Reisebeschränkung.