Forscher entdecken vielversprechende SpurLöst Herpes das Rätsel um Long Covid?

Noch Wochen oder gar Monate nach einer Corona-Erkrankung können gesundheitliche Langzeitfolgen bestehen. Noch ist sich die Wissenschaft nicht sicher, wer mit Long Covid zu kämpfen hat. Forscher haben nun eine vielversprechende Spur entdeckt, die bei der Behandlung dieses noch jungen Phänomens entscheidend helfen könnte.
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Fast jeder Mensch trägt das Epstein-Barr-Virus in sich

Corona und Long Covid könnten durch ein latent in uns schlummerndes Virus verstärkt werden – das Epstein-Barr-Virus (EBV). 95 Prozent aller Menschen tragen das Epstein-Barr-Virus in sich. Und genau dieses Virus scheint bei einer Infektion mit SARS-CoV-2 reaktiviert zu werden, so das Wissensmagazin scinexx.
Forschungsteams in China, Frankreich, Italien und Österreich haben eine EBV-Reaktivierung bei 78 bis 95 Prozent der Patienten mit akutem Covid-19 nachgewiesen. Diese Reaktivierung könnte an der Schwere des Covid-19-Verlaufs beteiligt sein.
Was ist das Epstein-Barr-Virus?

Die Infektion erfolgt in der Regel im jungen Kindesalter, verläuft dann meist ohne Symptome und bleibt bei den meisten Menschen folgenlos. Besonders bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen kann sich die frische Infektion jedoch als sogenanntes Pfeiffersches Drüsenfieber äußern. Dieses geht typischerweise mit Fieber, Müdigkeit, Halsschmerzen und geschwollenen Lymphknoten einher. Bei einigen Erkrankten zeigen sich jedoch lebensbedrohliche Komplikationen wie Atemnot, Milzriss, Blutzellmangel oder außerordentlich langwierige Verläufe, zum Beispiel mit chronischem Müdigkeitssyndrom.
EBV auch bei zwei Drittel der Long-Covid-Patienten

„Wir haben beobachtet, dass viele der mit Long Covid verknüpften Symptome denen sehr ähneln, die bei einer Reaktivierung des Epstein-Barr-Virus auftreten können“, erklären die Forscher um Jeffrey Gold von der World Organization in den USA.
Für ihre Studie testete das Team 185 Patienten, deren positiver Corona-Test 90 Tage zurücklag, auf die für die Reaktivierung von EBV typischen Antikörper. Das Ergebnis: Rund ein Drittel der Testpersonen zeigte drei Monate nach der Corona-Infektion typische Long-Covid-Symptome. Der Anteil der EBV-Reaktivierung lag bei diesen Patienten bei 66,7 Prozent, wie Gold und seine Kollegen berichten. Bei den Testpersonen ohne Spätfolgen lag der Anteil dagegen nur bei zehn Prozent.
Erschöpfung, Kopfschmerzen und Muskelschwäche

Nach Ansicht der Forscher sprechen diese Ergebnisse dafür, dass die Infektion mit SARS-CoV-2 auch eine Reaktivierung des Epstein-Barr-Virus auslösen kann – und dass diese bei Long-Covid-Patienten noch Monate nach der Infektion anhalten kann. „Viele Symptome von Long-Covid könnten demnach gar keine direkte Folge von SARS-CoV-2 sein, sondern auf die von Covid-19 provozierte EBV-Reaktivierung zurückgehen“, so die Forscher weiter.
Dafür könnten auch die Symptome sprechen, die die Long-Covid-Patienten in der Studie zeigten: „Am häufigsten klagten die Patienten mit Long Covid und aktivem EBV unter Erschöpfung, Kopfschmerzen, Muskelschwäche und Verwirrung“, berichten Gold und sein Team. Das seien typische EBV-Symptome. Auch Hautausschläge und Tinnitus kamen bei jeweils sieben Patienten vor – auch das komme bei EBV-Reaktivierung häufiger vor.
Die Wissenschaftler vermuten daher, dass das Epstein-Barr-Virus zumindest zum Teil zu Long-Covid beiträgt.
Könnte Long Covid ausgeschaltet werden?

Sollten sich die Ergebnisse der Forscher in weiteren Studien bestätigen, könnte dies ein vielversprechender Ansatz für die künftige Behandlung von Long-Covid sein. Zwar gibt es bisher kein Medikament für die gezielte Behandlung des Epstein-Barr-Virus. Aber es stehen antivirale Mittel zur Verfügung, die eine Vermehrung von reaktivierten Epstein-Barr-Viren zumindest eindämmen können. Laut Scinexx-Bericht habe eine Studie in Wuhan bereits hoffnungsvolle Ergebnisse nach einer Behandlung mit dem Anti-Herpesmittel Ganciclovir gezeigt. (jar)