Geburtsstunde der Getreide-Mafia in Sachsen-Anhalt?
Radlader hatte Schaufel auf "Kampfstellung": Räuber greifen Mitarbeiter an und stehlen 6 Tonnen Getreide
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Wer zum Teufel klaut eine solche Menge Getreide? Bis zu sechs Tonnen sollen maskierte Räuber am Freitag in Steigra (Sachsen-Anhalt) gestohlen haben. Doch nicht nur der Diebstahl macht fassungslos: die maskierten Diebe verschafften sich mit Gewalt Zugang zu dem Agrarunternehmen, nutzten den firmeneigenen Radlader und luden das Getreide auf ein mitgebrachtes Traktorgespann mit Anhänger. Als die Alarmanlage dann auch noch den Einbruch meldet, kommt es in der sachsen-anhaltischen Provinz zu einer wilden Verfolgungsjagd. „Der Radlader hatte die Schaufel auf ‘Kampfstellung’ und ist mitten in die PKWs gefahren, hat sie zur Seite gestoßen. Die Fahrzeuge wurden zerstört und die Mitarbeiter verletzt. Es war ein brutaler Angriff und wir sind immer noch fassungslos“, sagt der Chef des beklauten Agrar-Unternehmens zu RTL.
Getreideräuber stehlen fünf Tonnen Korn!
30 Jahre arbeitet Thomas Lappstuch in der Agrarbranche. So einen skurrilen Überfall, wie er und sein Team ihn in der Nacht auf Freitag erleben mussten, sei ihm jedoch noch nicht untergekommen. „Die Schäden sind die eine Sache, aber eben wichtig ist, dass es unseren Mitarbeitern immer gut geht. Das ist eigentlich das Schlimmste, dass diese Mitarbeiter Leid davon getragen haben und auch verletzt wurden“, sagt ein sichtlich erschütterter Chef zu RTL.
Fünf bis sechs Tonnen Getreide seien das Objekt der Begierde gewesen, als mehrere maskierte Täter, das Agrarunternehmen in Steigra (Saalekreis) überfielen. „Nach bisherigen Erkenntnissen waren dort Diebe vor Ort mit ihrem Gespann, einem Traktor und einem Anhänger, haben einen betriebseigenen Radlader genommen und Getreide auf den Anhänger aufgeladen“, bestätigt Polizeisprecherin Beate Heitmann.
Die Täter werden beim Beladen ihres Hängers gestört. Weil die Alarmanlage reagiert, trifft irgendwann ein Mitarbeiter des Unternehmens mit seinem Auto auf dem Firmengelände ein, dabei sei es zum Zusammenstoß mit dem gekaperten Radlader gekommen. Anschließend flüchten die Täter mit dem Radlader sowie ihrem mit Getreide vollgepackten Gespann. Während der Flucht stößt der Radlader dann noch mit zwei weiteren Autos zusammen. Die Fahrer dieser beiden Autos seien leicht verletzt worden, so Heitmann. Kurze Zeit später sei der Radlader abgestellt worden und dessen Fahrer geflohen. Obwohl die Polizei Fährten-Suchhunde einsetzt, fehlt von dem Mann jede Spur.
Chef Lappstuch: Erstaunlich, dass auf Menschenleben keine Rücksicht genommen wird
„Das hinterlässt dann, denke ich, schon Spuren, wenn jemand mit einem Radlader auf ein Auto fährt und das auch rammen will“, findet Thomas Lappstuch. Bei einer solchen Maschine würden Kräfte wirken, „die dann auch wirklich zu Zerstörung führen können, die dann auch für die Menschen bis zum Tod führen können“, so der erfahrene Agrar-Experte. Bei einem Crash mit einem zehn Tonnen schweren Radlader würde jeder durchschnittliche Mittelklasse-Wagen alt aussehen, entsprechend gefährlich sei das Verhalten der skrupellosen Diebe gewesen.
Thomas Lappstuch: „Das war auch für uns erstaunlich, dass da auf Menschenleben keine Rücksicht genommen wird. Und dass das auch in Kauf genommen wird, dass Personen zu Schaden kommen. Das ist schon eine ganz schön schwere Geschichte, die da zum Tragen kommt. Und es ist erstaunlich, wie skrupellos manche Menschen sind und mit Leib und Leben anderer Menschen spielen“, so der Chef des Agrarunternehmens.
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Polizei in Sachsen-Anhalt geht von Profi-Dieben aus - geht die Getreide-Mafia um?
Doch was sind das für Menschen, die im großen Stil tonnenweise Getreide stehlen? Keine Frage, die Getreideernte ist momentan hoch im Kurs. Es ist ein Produkt, das in jedem landwirtschaftlichen Betrieb vorhanden ist, auch der Umgang damit sei relativ leicht, so Lappstuch. Vor allem sind landwirtschaftliche Produkte momentan preislich hoch angesiedelt.
Polizeisprecherin Beate Heitmann: „Es ist schwer zu sagen, warum man Getreide klaut. Vielleicht gibt es der Markt gerade her, vielleicht braucht man das zur Fütterung der eigenen Tiere. Wir wollen die Bevölkerung und auch Agrarbetriebe aufrufen, sich zu melden. Wir gehen davon aus, dass die Täter das nicht zum ersten Mal gemacht haben und wahrscheinlich auch schon in anderen Betrieben so vorgegangen sind.“
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Landwirt hat ersten Verdacht: Kommen die Täter aus Süddeutschland?
Auch in Lappstuchs Silos sei zuvor schon einmal Getreide geklaut und auch Sojaschrot sei in der Vergangenheit entwendet worden. Berufskollegen tauschen sich mittlerweile rege aus, da auch sie bereits von den unbekannten Dieben heimgesucht wurden. Treibt in Deutschland etwa eine Getreide-Mafia ihr Unwesen?
Lappstuch ist sich sicher, dass die Täter aus Deutschland kommen. „Wir denken wirklich, dass es einheimische Täter sind. Die waren zwar maskiert, aber wir wissen auch, dass die in einem kleinen Ort bei Freiburg Zuhause sind. Viele Berufskollegen wissen von der Brisanz.“ Die Landwirte machen mobil.
Landwirt ist auch emotional betroffen
Der Gesamtschaden wird übrigens auf einen unteren fünfstelligen Betrag geschätzt. Seinen Angestellten geht es den Umständen entsprechend gut, „aber die psychische Sache ist natürlich im Hinterkopf immer noch drin“, berichtet Lappstuch weiter, „die materiellen Schäden sind die eine Seite, aber das menschliche Leid ist das Schlimmste.“ Sein Team und er wollen jetzt erst recht weiter machen. „Klar ist da eine gewisse Hemmschwelle bei den Kollegen, aber ich sag mal auch: Wir wollten unser Eigentum eigentlich nur schützen und das ist unser gutes Recht. Wir würden in Zukunft immer wieder so handeln. Abgesehen davon, darf eben kein Menschenleben zu Schaden kommen.“ (kra)