Die meisten Fälle enden tödlich
Hirnfressende Amöbe tötet Kind in den USA: Droht die Gefahr auch bei uns?

In den USA ist ein Kind nach einer Infektion mit der äußerst seltenen Amöbe Naegleria fowleri gestorben. Normalerweise kommt die nur in subtropischen Gebieten vor, doch nun schlagen Experten Alarm. Der Klimawandel könne eine Ausbreitung von Naegleria fowleri in nördlicheren Gebieten begünstigen. Kann die Amöbe damit auch Deutschland gefährlich werden?
Der Parasit liebt warmes Wasser
Naegleria fowleri ist laut dem Robert Koch-Institut (RKI) eine Einzeller-Art, die zwar sehr selten vorkomme, aber dafür umso widerstandsfähiger sei. Der Parasit sei vor allem in warmen Süßwassergewässern und Schlammböden in den Tropen und Subtropen anzutreffen. Beim Schwimmen und Tauchen in diesen Gewässern gelange er dann durch die Nase ins Gehirn und das zentrale Nervensystem, wo er lebensgefährliche Entzündungen auslöse und sich vom Gehirngewebe ernähre. In 98 Prozent der Fälle ende die Infektion tödlich.
Das nun verstorbene Kind stammt jedoch nicht aus einem tropischen oder subtropischen Gebiet, sondern aus Nebraska in den USA. Dort liegt die durchschnittliche Tageshöchsttemperatur bei 17°C – und ähnelt damit den deutschen Wetterbedingungen.
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Allgemeinmediziner Dr. Specht: Aktuell keine Gefahr
Der Umweltingenieur Yun Shen von der University of California Riverside warnt deshalb auch in einem aktuellen Artikel des britischen „Guardian“, dass die Amöbe sich durchaus auch in nördlicheren Breitengraden ausbreiten könne. „In Zukunft könnten Menschen, die in kalten Regionen leben, aufgrund des Klimawandels auch einem wärmeren Wetter ausgesetzt sein und ein höheres Risiko haben, dem Krankheitserregern ausgesetzt zu sein", sagt Shen. Auch der Anstieg von Wetterextremen wie Überflutungen könne die Ausbreitung von Naegleria begünstigen.
Muss sich also auch Deutschland vor einem Anstieg an Naegleria-Infektionen wappnen? Arzt und Medizinjournalist Dr. Christoph Specht sagt ganz deutlich: Nein. „Bei uns wird es zwar auch wärmer“, so Specht im RTL-Interview, „aber aktuell sehe ich das noch nicht.“ Zu 100 Prozent sichergehen könne man allerdings nicht, die Lebensbedingungen der Amöbe seien noch nicht komplett erforscht. Außerdem müsse der Erreger vor Ort schon existieren. „Die Amöbe entsteht ja nicht einfach so“, erklärt Specht. Entweder es existiere bereits eine sehr geringe, ungefährliche Konzentration in den Gewässern, die sich dann vermehre. Oder jemand schleppe den Erreger ein und scheide ihn ins Wasser aus.

"Man kann nichts dagegen machen"
Aktuelle Zahlen zu Naegleria fowleri liegen nicht vor. Doch laut der französischen Behörde für Ernährung, Umwelt- und Arbeitsschutz „ANSES“ seien 2014 weltweit 310 Infektionen in 50 Jahren nachgewiesen worden; meist seien Kinder betroffen. In Deutschland sind bisher keine Infektionen nachgewiesen. Nach Angaben der US-Gesundheitsbehörde „CDC“ seien typische Symptome Kopfschmerzen, Fieber, Übelkeit und erbrechen. Im weiteren Verlauf kommen dann ein steifer Nacken, Krampfanfälle und Halluzinationen hinzu, bis der Betroffene ins Koma falle und schließlich sterbe. Da die Symptome sehr ähnlich zu denen einer Meningitis seien, werde ein Naegleria-Befall oft erst sehr spät oder gar nicht diagnostiziert. Doch selbst bei einer frühzeitigen Diagnose stehen die Chance auf eine Heilung schlecht.
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„Man kann nichts dagegen machen“, sagt Specht. Die Amöbe sei fast so tödlich wie Tollwut und es gebe weder eine Impfung noch eine Behandlungstherapie. Immerhin: Der Erreger ist laut dem RKI nicht von Mensch zu Mensch übertragbar. Patienten mit einem geschwächten Immunsystem „sollten aber vom Baden in ungechlorten und insbesondere stehenden Gewässern“ absehen.