Experten erklären weit verbreitetes PhänomenAngst und Frust zur Schlafenszeit: Warum machen wir nachts aus einer Mücke einen Elefanten?

Frau liegt nachts nach einem Albtraum gestresst im Bett.
Warum erscheinen uns Sorgen nachts meist viel schlimmer?
iStockphoto

Nachts wirken Probleme viel größer als am Tag!
Nach einem anstrengenden Tag möchte man vor allem eines: schlafen. Wenn das mal immer so einfach wäre! Oft plagen einen nämlich ausgerechnet dann Grübeleien, die einfach kein Ende finden wollen. Dieses Problem, dass einem der Kopf damit einen Strich durch die Entspannungsrechnung macht, kennen viele. Doch was steckt dahinter?
RTL.de ist jetzt auch bei WhatsApp - HIER direkt ausprobieren!

Nachts im Bett: Wenn das Gedankenkarussell uns nicht schlafen lässt

Auch ich habe mir schon häufiger diese Frage gestellt und mich mit Diplompsychologe und Buchautor Rolf Schmiel sowie Schlafcoach Prof. Günther W. Amann-Jennson über dieses Thema unterhalten. Sie erklären, woher das Problem kommt und was dagegen helfen kann.

Warum fangen wir erst dann an zu grübeln, wenn wir zur Ruhe kommen?

Es ist nicht verwunderlich, dass erst dann, wenn man es sich nach einem anstrengenden Tag gemütlich macht, das Gedankenkarussell anfängt zu rotieren. Wie die beiden Experten erklären, habe das sogar neurologische Gründe. Ein Mensch könne nämlich immer nur einen Gedanken gleichzeitig denken. Probiert es doch mal aus!

Diplompsychologe Rolf Schmiel bringt diese Tatsache auf den Punkt und sagt: „Das Gedankenkarussell braucht Raum.“ Und so kommt es, dass man erst dann Platz für Grübeleien hat, wenn alle anderen zuvor dominierenden Gedanken des Tages keinen Raum mehr in unserem Kopf einnehmen.

Lese-Tipp: Traumdeutung - Was steckt hinter unseren Träumen?

Eure Meinung interessiert uns: Stimmt ab!

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

Nächtliches Grübeln in Endlosschleife „führt nie zu einer Lösung“

Warum führen Grübeleien oft in eine Endlosschleife?

Zur Ruhe und zum Raum, den unser Gedankenkarussell benötigt, um tätig zu werden, braucht es zusätzlich noch eine weitere Zutat: Zeit. Wenn man Zeit hat und sich seinen Gedanken hingibt, verfange man sich in einer endlos scheinenden Schleife aus Grübeleien und Sorgen, erklärt Schmiel.

Aber noch ein weiterer Aspekt führt dazu, dass Grübeleien nicht enden wollen. Prof. Amann-Jennson, der auf der Website schlafcoaching.com über gesunden Schlaf informiert, erklärt, dass man Grübeln vom Nachdenken unterscheiden muss. Während man beim Nachdenken nämlich lösungsorientiert sei, führe Grübeln nie zu einer Lösung. Man beschäftigt sich also immer weiter mit einem Gedanken, ohne dabei an ein Ziel zu gelangen. Durch diese Ziellosigkeit entstehe wiederum Frust und Angst. Und auch deswegen finde das Grübeln oft kein Ende.

Gut zu wissen: Auch wenn einen diese abendlichen oder nächtlichen Grübeleien gerne mal an den Rand des Wahnsinns treiben, profitiere man doch von ihnen, so der Experte. Denn am nächsten Morgen, im sogenannten Alphazustand, einem Zustand leichter Entspannung, haben wir häufig kreative Ideen zur Problemlösung, verrät Diplompsychologe und Buchautor Rolf Schmiel.

Lese-Tipp: Expertin gibt Tipps! Diese Düfte helfen gegen Albträume

Im Video: Jeder Fünfte leidet unter Schlafproblemen

Warum kommen uns nachts unsere Probleme viel schlimmer vor als tagsüber?

Warum machen wir nachts oft aus einer Mücke einen Elefanten?

Auch die Tageszeit hat Einfluss auf uns und unsere Gedanken. Schmiel erklärt: „Was nachts hinzukommt, ist die frühkindliche Erfahrung, dass nachts eine unheimliche und beängstigende Situation herrscht.“ Dieses nächtliche Gefühl der Unsicherheit wirke wie eine Verstärkung für unser Gedankenkarussell. Weiterhin sind wir Menschen nicht nur gut darin, uns Dinge schön zu denken. Im Gegenteil: Unsere Kreativität helfe uns vielmehr, Dinge schlimmer zu denken. Diese Kreativität komme nachts eigentlich in Träumen zum Vorschein. Liegt man allerdings wach, übertragen wir sie in unsere Grübeleien.

Hinzu kommen zwei Hormone, die in der Nacht eigentlich unseren guten Schlaf begünstigen sollen (Cortisol und Melatonin). Schlafcoach Amann-Jennson erklärt: Das Stresshormon Cortisol habe tagsüber eine positive Auswirkung auf unsere Stimmung, zur Nacht hin nehme es allerdings ab. Zeitgleich nehme das Schlafhormon Melatonin, welches unsere Stimmung negativ beeinflusst, zu.

Experten-Tipps, die helfen: So könnt ihr dem Gedankenkarussel entkommen

Rolf Schmiel betont, dass man immer versuchen sollte, seine Sorgen vor dem Schlafengehen aus dem Kopf zu bekommen. So könne man nächtlichen Grübeleien vorbeugen. Folgende Techniken können dabei helfen:

  • Die Tagebuch-Technik: Wer am Abend seine Sorgen zu Papier bringt, schläft laut dem Experten deutlich besser ein. Denn dadurch befördere man seine Sorgen nicht nur aus dem Kopf heraus. Beim Aufschreiben werde einem außerdem meist klar, dass die Sorgen gar nicht so groß sind, wie sie im Kopf erscheinen.

  • Ein Abendspaziergang mit einem Gesprächspartner: Dabei kann man sich seine Sorgen von der Seele reden. Es sei hilfreicher, ein solches Gespräch im Gehen als im Sitzen zu führen, da man dabei schon einen wortwörtlichen Schritt in Richtung Problemlösung unternimmt.

Wenn man dann aber doch einmal von Grübeleien geplagt wird, hat Amann-Jennson ein paar Erste-Hilfe-Tipps parat – damit ihr schnell in den Schlaf findet:

  • Gedanken kommen und wieder gehen lassen: Hierbei sei es wichtig, dass man die Gedanken, die im Kopf vorbeiziehen, nicht bewertet. Sobald man das nämlich macht, so der Schlafcoach, halte man an diesem Gedanken fest und begebe sich in das Gedankenkarussell.

  • Dankbarkeits-Technik: Lasst gedanklich den zurückliegenden Tag Revue passieren und überlegt, wofür ihr dankbar seid. Diese Technik zielt auf Ablenkung ab. Sobald ihr euch nämlich intensiv mit der Frage beschäftigt, ist kein Raum mehr für Grübeleien.

Lese-Tipp: Experte verrät: Diese Einschlaftechnik ist die effektivste!