Missbrauch in der evangelischen Kirche

Lisa Meyer wurde als Elfjährige von Diakon vergewaltigt: „Das ist wirklich etwas, das bleibt“

von Suana Boeck, Charlott Struck und Nicklas Just

Schockierende Vorwürfe in der evangelischen Kirche!
In einer Kirchengemeinde in Georgsmarienhütte-Oesede (Niedersachsen) soll es in den 70er-Jahren sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche gegeben haben. Eine Kommission wirft der Kirche Vertuschung vor. Jahrzehnte später spricht eine Betroffene mit RTL.

Mit elf Jahren wird Lisa Meyer vergewaltigt

„Wenn man eine so schwerwiegende, wirklich schlimme auf das Leben einwirkende Erfahrung macht, wie sexueller Missbrauch als Kind, das ist wirklich etwas, das bleibt.“ Das sagt die Betroffene, die sich selbst Lisa Meyer nennt. Sie möchte nicht erkannt werden, um sich und auch ihre Familie zu schützen. Heute ist sie 62 Jahre alt.

Anfang der 70er Jahre war sie in einer Jugendgruppe der Kirchengemeinde. Dort habe sie
die ersten sexuellen Übergriffe durch Diakon Siegfried G. erlebt. Lisa Meyer erzählt im RTL-Interview: „Das war bei gemeinsamen Spielstunden in einem Keller: Verstecken im Dunklen. Da hat er mich sogenannt unsittlich berührt, geküsst und auch im Intimbereich berührt. Ich bin dann 1973 mit auf eine Kinderfreizeit nach Österreich gefahren und im Rahmen dieser Freizeit kam es zu dem schweren sexuellen Missbrauch, der nach heutiger Rechtssprechung eine Vergewaltigung ist.“ Damals war Lisa Meyer elf Jahre alt.

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Unabhängige Kommission: Kirche hat bewusst vertuscht

Als Elfjährige wendet sich Lisa Meyer an eine Betreuerin. „Die Reaktion der Betreuerin war, dass sie mir das nicht geglaubt hat und mir darüber hinaus verboten hat, sowas noch einmal zu wiederholen.“ Aus Angst schweigt sie. Bis 2010. Sie wendet sich an die Landeskirche und erzählt, was ihr passiert ist. Ihr wird therapeutische Hilfe angeboten – für den Diakon gibt es keine Konsequenzen.

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Erst als Lisa Meyer im Oktober 2021 mit ihrem Fall an die Öffentlichkeit geht, kommt Bewegung in die Kirche. Eine unabhängige Aufarbeitungskommission wird beauftragt. Sie kommt zu dem Schluss, dass die Kirche systematisch Beweise vertuscht hat. Der beschuldigte Diakon habe auch, nachdem die Vorwürfe der Kirche bekannt wurden, weiterhin mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet.

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Landeskirche Hannover räumt Fehler ein

Insgesamt acht Kinder soll der beschuldigte Diakon Siegfried G. teilweise schwer sexuell missbraucht haben. Die Landeskirche Hannover räumt heute ein, Fehler begangen zu haben. Die Forderungen nach einem Rücktritt weist der zuständige Landesbischof Ralf Meister am Freitag (15. März) zurück.

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Für Lisa Meyer müssen jetzt Taten folgen: „Ich erwarte wirklich eine sofortige Umsetzung von Maßnahmen, die nachhaltig wirken und sofort greifbar sind in Form von Verbesserungen für Betroffene, Prävention, Umgang mit Tätern, ich finde, das muss jetzt sofort passieren.“ Der beschuldigte Diakon ist mittlerweile gestorben, Lisa Meyer kämpft trotzdem weiter für Gerechtigkeit - für sich und andere.