Nun wurde sie verurteilt und ist trotzdem auf freiem Fuß

Mutter (37) wollte Tochter (4) mit Beruhigungs- und Schlafmitteln ruhigstellen

Jennifer F. wurde wegen gefährlicher Körperverletzung zu einem Jahr und 9 Monaten Haft verurteilt.
Jennifer F. wurde wegen gefährlicher Körperverletzung zu einem Jahr und 9 Monaten Haft verurteilt.
RTL Nord

Die gelernte Krankenschwester Jennifer F. soll ihrer vierjährigen Tochter Ende Dezember 2020 Schlaf- und Beruhigungsmittel gegeben haben – und das in einer lebensgefährlichen Dosis. Ursprünglich verurteilte das Landgericht Hamburg Jennifer F. wegen gefährlicher Körperverletzung und versuchten Mordes zu vier Jahren und zehn Monaten Haft. Der Bundesgerichtshof hatte das Urteil jedoch teilweise aufgehoben. Am Dienstagnachmittag wurde dann das neue Urteil verkündet: Ein Jahr und neun Monate Haft wegen gefährlicher Körperverletzung.

Angeklagte als minder schuldfähig eingestuft

Da die Angeklagte jedoch bereits seit 22 Monaten in Untersuchungshaft sitzt, hat die 37-Jährige ihre Gefängnisstrafe damit bereits abgesessen. "Die Untersuchungshaft wird auf die Strafhaft angerechnet. Mit anderen Worten: Die verhängte Strafe ist durch die Untersuchungshaft schon mehr als verbüßt", erklärt Gerichtssprecher Kai Wantzen im Gespräch mit RTL. Aus diesem Grund ist die 37-Jährige trotz der Verurteilung jetzt auf freiem Fuß.

Die 37-Jährige wurde als vermindert schuldfähig eingestuft, da sie sich während der Tat in einer psychischen Ausnahmesituation befand. "Sie hat selbst Beruhigungsmittel eingenommen, die insgesamt dann zu einer Situation geführt haben, wo es ihr eben deutlich schwerer gefallen ist, von der Versuchung Abstand zu nehmen, dem Kind ein Beruhigungsmittel zu geben als eben anderen Personen“, erklärt Wantzen.

Dreifachmutter verliert das Sorgerecht für fünf Jahre

Bei der Urteilsverkündung gesteht die Mutter das erste Mal, dass sie ihrer vierjährigen Tochter Schlaf- und Beruhigungsmittel verabreicht hat – jedoch nur um diese zu beruhigen. Sie sagte, sie hatte keine Absicht, das Kind zu töten. Aus diesem Grund hat das Gericht von der ursprünglichen Anklage wegen versuchten Mordes abgesehen und die Intensivkrankenschwester wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Außerdem wurde die verabreichte Dosis der Medikamente neu beurteilt: Die Kammer gehe nicht mehr davon aus, dass die Dosis der Medikamente potenziell lebensgefährlich gewesen wären und damit sei kein Tötungsvorsatz erkennbar.

Zusätzlich verliert die Dreifachmutter das Sorgerecht für ihre Kinder für fünf Jahre und darf keinen Kontakt zu ihnen haben. Ihr Verteidiger Dennis Grünert erklärt im Gespräch mit RTL, dass vor allem der Entzug ihrer Kinder die Dreifachmutter schwer belastet: „Dass man seine Kinder nicht sehen darf, ist sicherlich der schlimmste Aspekt hier. Erst durch die Haft bedingt, aber jetzt eben auch in Freiheit. So schön das auch ist, wieder am Leben teilzunehmen, wenn man seine Kinder nicht sehen kann, ist das glaube ich nur sehr bedingt zu genießen.“ Außerdem darf sie nicht mehr als Krankenschwester arbeiten.

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Mutter vor Gericht: Sie soll ihrer Tochter (4) Beruhigungsmittel gegeben haben

Während einer Krankenhausbehandlung soll die Angeklagte ihrer kleinen Tochter am 28. und 29. Dezember 2020 Benzodiazepin, ein Beruhigungsmittel, verabreicht haben. Am zweiten Tag sogar in Kombination mit einem Schlafmittel – und das ohne medizinische Notwendigkeit. Nachdem sich der Zustand des Kindes verschlechterte, deckten Blutproben den Medikamentenmissbrauch auf. Es sei eine tödliche Dosis gewesen und die Mutter habe den möglichen Tod ihrer Tochter billigend in Kauf genommen, hieß es bei der damaligen Urteilsverkündung. Aus diesem Grund wurde die 37-Jährige ursprünglich unter anderem wegen versuchten Mordes verurteilt.

Ein Jahr und neun Monate Haft

Die Annahme eines Tötungsvorsatzes sei unzureichend, erklärte später der Bundesgerichtshof und hob somit das Urteil teilweise auf. Das Urteil wegen gefährlicher Körperverletzung habe aber noch Bestand. Deswegen wurde seit September 2022 neu vor dem Landgericht Hamburg verhandelt. Am Dienstagnachmittag ist das neue Urteil gefallen: Die Dreifachmutter wurde zu einem Jahr und neun Monaten Haft wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Das Gericht konnte keine Tötungsabsicht feststellen. (lmi)