Hätte die Tragödie in Hessen verhindert werden können?

Vor den Augen der Mutter: 3-Jährige von Zug überrollt - Anwohner warnten vor tödlicher Gefahr

von Konstantin Müller und Natascha Weigelt

Ein Dorf steht unter Schock! Am Mittwoch starb ein erst drei Jahre altes Mädchen an einem unbeschrankten Bahnübergang im hessischen Lahntal-Sarnau. Grausam: Die Mutter des Kindes hatte die Tragödie mitansehen müssen. Nun stellt sich die quälende Frage, ob der Horror hätte verhindert werden können – mehr dazu oben im Video.

Anwohner: „Hier muss sich dringend etwas ändern!“

Wenn es nach Anwohner Manfred Ebert geht, war es nur eine Frage der Zeit, bis es an dieser Stelle zu solch einem Vorfall kommen würde. Im Gespräch mit RTL erzählt Ebert, dass der Bahnübergang im 900-Einwohner-Dorf schon länger Thema ist. Das Bauamt habe sich aus seiner Sicht bis heute nicht darum gekümmert, die Stelle abzusichern: „Ich habe damals schon gesagt: Macht doch hier eine Fußgängerschranke hin.“ Das Amt habe sich jedoch geweigert, da der Übergang hätte wegkommen sollen – doch nun ist er eben immer noch da.

„Es muss immer erst was passieren, damit sich was ändert“, sagt Ebert, der von einem befreundeten Feuerwehrmann hörte, wie der tödliche Unfall ablief: „Der Sog von dem Zug hat das Kind mitgenommen, es durch die Luft geschleudert – und es ist dann tödlich verletzt worden.“ Mit einer Schranke wäre das aus seiner Sicht nicht passiert.

Manfred Ebert, Anwohner.
Anwohner Manfred Ebert ist sich sicher, dass der Unfall hätte verhindert werden können - wäre nur der Bahnübergang besser gesichert gewesen.
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Ist der Bahnübergang sicher genug?

Wolfgang Kutsche ist Technischer Berater. Er dokumentiert im Rahmen eines Arbeitskreises das Bauvorhaben B252. Die neue Umgehungsstraße führt unweit am Bahnübergang vorbei, daher kennt er die Begebenheiten dort sehr gut. „Wir sind froh, dass es den Bahnübergang gibt“, sagt er im Gespräch mit RTL. Mit dessen Hilfe kommen Radfahrer unkompliziert von der Bundesstraße auf den Radweg auf der anderen Seite der Bahnschienen. Zusätzlich wurde der Bahnübergang vor zwei Jahren verlegt, erneuert und sicherer gemacht – es habe sich also schon was getan. Kutsche: „Nun hat man einen besseren Überblick über die Bahnstrecke.“ Zuvor sei der Übergang deutlich gefährlicher gewesen. „Man muss einfach aufpassen, aber man wird vorgewarnt.“

Im Gespräch mit RTL versichert auch Ortsvorsteher Tobias Henkel, dass der Bahnübergang ausreichend gesichert ist. Schranken hat er keine, dafür sogenannte Umlaufgeländer. Diese müssen erst umgangen werden, bevor man die Gleise überqueren kann.

Bahnübergang Lahntal-Sarna alt und aktuell.
Der Bahnübergang vor (oben) und nach der Modernisierung (unten). Heute ist die Stelle deutlich übersichtlicher. Fotos: Wolfgang Kutsche
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Doch warum gibt es an dem Bahnübergang keine Schranke? Damit die Deutsche Bahn einem Bahnübergang keine Schranken spendiert, müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein. Laut Bau- und Betriebsordnung der Eisenbahn (EBO) sind an „eingleisigen Nebenstrecken, die mit Geschwindigkeiten von maximal 80 km/h befahren werden“ sogenannte „nicht technisch gesicherte“ Bahnübergänge zulässig.