Ihm drohen 20 Jahre HaftIst er ein Vergewaltiger? Jetzt spricht der Vater der kolumbianischen Dschungelkinder

Manuel Ranoque, the father of two of the youngest Indigenous children who survived an Amazon plane crash, gives an interview in Bogota, Colombia, Wednesday, June 14, 2023. Ranoque's children, along with two other children, braved the jungle for 40 days before being found alive. (AP Photo/Fernando Vergara)
Manuel Ranoque bei einem Interview in Bogotá. (Archivbild)
FV, AP, Fernando Vergara

Er war der Held der Geschichte, nun sitzt er im Knast!
Manuel Ranoque (33) wird von seiner Stieftochter Lesly (14) der Vergewaltigung beschuldigt. In der U-Haft spricht Stern-Reporter Jan Christoph Wiechmann mit dem Mann, den inzwischen viele für ein Monster halten. Es zeichnet sich ein düsteres Bild eines verstörten Mannes ab, der selbst vielleicht am wenigsten daran glaubt, je noch einmal freizukommen. Wie bitter ist die Wahrheit?
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Manuel Ranoque beteuert seine Unschuld

Er erlangt plötzliche Berühmtheit, als seine Frau bei einem Flugzeugabsturz im Amazonas stirbt. Seine Kinder überleben, werden aber erst nach 40 Tagen in der Wildnis gefunden. Die Bilder gehen um die Welt. Manuel Ranoque wird erst zum Witwer, dann zum Helden. Doch das Blatt wendet sich genauso schnell ins Gegenteil: Heute sitzt der kräftige Mann im Untersuchungsgefängnis in Paloquemao - eingesperrt, weil er ein Kinderschänder sein soll.

Sein vermeintliches Opfer ist seine Stieftochter Lesly. Sie war es, die mit ihrem Durchhaltevermögen und ihren Kenntnissen des Regenwaldes die Geschwister überleben ließ. Nach ihrer Rettung vertraut sie sich einer Psychologin an, offenbart ihr Martyrium.

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Dem Stern-Reporter gibt Ranoque ein Interview im Gefängnis, spricht über seine Sicht der Dinge. Den geschilderten Eindrücken nach scheint er einerseits von seiner Unschuld überzeugt, wirkt selbstbewusst und siegessicher. Andererseits kommen ihm zwischendurch die Tränen. Dass er mit einem deutschen Journalisten spricht, liege vor allem daran, dass er den einheimischen Medien misstraut, gibt er an.

Hofft er, die deutsche Presse glaube an seine Unschuld? Als der Stern-Reporter ihm preisgibt, die Anklageschrift gelesen zu haben, wirkt er überrascht. Denn die Vorwürfe darin wiegen schwer: „Im indigenen Reservat Puerto Sábalo Los Monos, Jurisdiktion der Gemeinde Solano, Caquetá, hat Señor Miller Manuel Ranoque Morales, Stiefvater der Minderjährigen Lesly Jacobombaire Mucutuy, sexuelle Praktiken am Körper der Minderjährigen ausgeführt, die begannen, als sie ihr zehntes Lebensjahr abgeschlossen hatte und bis zum 13. Lebensjahr anhielten“, heißt es darin.

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Im Video: Vier Geschwister 40 Tage nach Flugzeugabsturz gerettet

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Ranoque wittert eine Verschwörung gegen ihn

HANDOUT - 09.06.2023, Kolumbien, Solano-Dschungel: Auf diesem von der Pressestelle der kolumbianischen Streitkräfte veröffentlichten Foto posieren Soldaten und indigene Männer für ein Foto mit den vier Geschwistern, die nach einem tödlichen Flugzeugabsturz vermisst wurden, im Dschungel von Solano im kolumbianischen Bundesstaat Caqueta. Über einen Monat nach dem Absturz eines Kleinflugzeugs im kolumbianischen Regenwald sind alle vier vermissten Kinder lebend gefunden worden. Das teilte der kolumbianische Präsident Petro am Freitag auf Twitter mit. Die Geschwister - 13, 9, 4 und 1 Jahr alt - waren am 1. Mai verunglückt. (zu dpa «Kinder nach Flugzeugabsturz im Regenwald lebend gefunden») Foto: Uncredited/Colombia's Armed Force Press Office/AP/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung und nur mit vollständiger Nennung des vorstehenden Credits +++ dpa-Bildfunk +++
Die Kinder kurz nach ihrer Rettung im tiefen Dschungel.
hjb, dpa, Uncredited

„Ich hatte mit Lesly nie viel zu tun", entgegnet Ranoque. „Ich habe ja kaum mit ihr gesprochen. Meine Frau war für die Mädchen verantwortlich, ich habe mich da rausgehalten." Doch der Stern-Reporter widerlegt: Der Stiefvater habe laut Anklageschrift Lesly häufig mit aufs Feld genommen, um Maniok zu säen. Hierbei soll es zu den Übergriffen gekommen sein. Immer wieder soll er sie begrapscht, mehr als ein Dutzend Mal vergewaltigt haben. Drei Jahre lang. Als sich Lesly einem Onkel anvertrauen will, droht Ranoque ihr laut Anklage mit dem Tod und damit, „sie den Schweinen als Fraß vorzuwerfen".

Zu seiner eigenen Verteidigung sagt er lediglich, Lesly müsse einen anderen Mann meinen. Seiner Ansicht nach steckt seine Schwiegermutter hinter den Anschuldigungen. Sie wolle das Sorgerecht für sich. Zudem locken lukrative Filmdeals.

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„Lesly ist ein leeres Gehäuse", so Ranoque. „Sie sagt das alles nur, weil sie unter dem Druck der Großmutter steht, der Mutter meiner Frau. Die will das Sorgerecht für die Kinder, um das Geld aus den Filmrechten zu versaufen. Sie ist diejenige, die ins Gefängnis gehört." Und weiter: „Ich fühle mich entführt. Es ist eine große Ungerechtigkeit. Die Medien haben mir das Image eines Monsters verpasst.“

Er kassierte Geld für Filmrechte, zeigte sich mit anderen Frauen

Trotz seines Images kassiert Ranoque 40.000 Euro Vorschuss auf die Filmrechte und lässt sich mit leichtbekleideten Frauen im Arm ablichten – kurz nach dem Tod seiner Frau. Dennoch: Angst vor einer Verurteilung habe er nicht. „Viele in meiner Lage würden überlegen sich zu töten. Ich nicht. Ich bin ein Mann mit einer Bestimmung. Die Götter haben mit mir noch etwas vor. Ich werde triumphieren. Ich sehe dies als eine Probe der Geister. Ich muss diesen Albtraum durchstehen und werde dann zum Häuptling meines Volkes, wozu ich auserkoren bin."

Auf die Frage, wie das gelingen soll, sagt er: „Lesly muss die Anschuldigungen zurückziehen. Mein Sohn Tien hat ihr schon gesagt, dass sie schuld daran ist, dass er mich nicht mehr sehen darf. Er droht ihr schon mit Schlägen." Tatsächlich wäre das seine einzige Chance, so sein Anwalt. Doch wieder kommen ihm die Tränen. Stern-Reporter Jan Christoph Wiechmann glaubt, es sind Tränen über eine näher rückende Erkenntnis. Die Erkenntnis, vielleicht niemals freizukommen.