"Köder" am Ort des Verschwindens?Polizei gerät in Erklärungsnot: Ist die vermisste Nicola Bulley gar nicht in den Fluss gefallen?

Nicola Bulley missing. Peter Faulding (centre) CEO of private underwater search and recovery company Specialist Group International (SGI), speaks to the media in St Michael's on Wyre, Lancashire, as police continue their search for missing woman Nicola Bulley, 45, who was last seen on the morning of Friday January 27, when she was spotted walking her dog on a footpath by the nearby River Wyre. Picture date: Monday February 6, 2023. See PA story POLICE Bulley. Photo credit should read: Danny Lawson/PA Wire URN:70886175
Peter Faulding (Mitte) unterstützt seit Neustem die Suche nach Nicola Bulley. Der weltweit anerkannte Forensiker zieht ein Verbrechen in Erwägung.
picture alliance / empics, Danny Lawson

Im mysteriösen Vermisstenfall Nicola Bulley gerät die Polizei in Kritik: Für ihre Annahme, dass die vermisste Mutter aus England in einen Fluss gefallen ist, kann sie keine Beweise liefern. Ein Forensiker, der von Bulleys Familie beauftragt wurde, ist überzeugt: Wenn Nicola im Wasser wäre, wäre sie schon längst gefunden worden. Stattdessen spricht er von einem „Köder“ am Ort des Verschwindens. Die 45- jährige Hypothekenberaterin aus Inskip, Lancashire (England) war am 27. Januar plötzlich verschwunden, als sie mit ihrem Hund in der Nähe des Flusses Wyre spazieren ging. Zuvor hatte sie ihre beiden Töchter in die Schule gebracht.

War es doch ein Verbrechen? Forensiker glaubt an falsche Fährte

Das SGI-Team hofft, durch den Einsatz von spezieller Unterwasser-Ausrüstung neue Erkenntnisse im Vermisstenfall Nicola Bulley zu gewinnen. Die Polizei stellt die Gemeinde St. Michael's on Wyre im Nordwesten Englands seit Tagen auf den Kopf.
Seit 15 Tagen suchen Ermittler in Michael´s on Wyre nach Nicola Bulley – und konzentrieren sich dabei besonders auf den Fluss Wyre. Etwa umsonst?
rechts: Reuters / links: SKY News / unten: Reuters

Seit 15 Tagen ist Nicola Bulley mittlerweile schon verschwunden. Die Hoffnung, die Zweifach-Mama noch lebend zu finden, schwindet. Seit Montag unterstützt die private Suchorganisation SGI die Polizei von Lancashire mit Tauchern und spezieller Unterwasser-Ausrüstung. Doch ausgerechnet der Einsatzleiter selbst glaubt nicht an die Theorie der Polizei, dass Nicola Bulley während des Spaziergehens in den Fluss Wyre gestürzt und womöglich ertrunken ist.

Stattdessen hat SGI-Chef und Forensiker Peter Faulding eine ganz andere Vermutung: „Ich persönlich glaube, dass dieses Telefon ein Köder sein könnte.“ Gemeint ist Nicolas Handy, mit dem die Finanzberaterin genau um den Zeitpunkt ihres Verschwindens noch in eine Teams-Besprechung eingewählt war. Kamera und Mikrofon waren allerdings ausgeschaltet, wie ihr Arbeitgeber „Exclusively Mortgages“ bestätigte.

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Das Handy wurde gegen 9.20 Uhr noch auf eine Bank ganz in der Nähe des Flussufers gelegt, wie die Polizei im Nachhinein feststellte. Zehn Minuten später, um 9.30 Uhr, war Die Telefonkonferenz beendet, doch Nicola Bulleys Handy blieb weiter darin eingeloggt. Um 9.35 Uhr fand ein Spaziergänger das Gerät auf der Bank – auf dem Boden daneben lagen Hundeleine und Hundegeschirr. Was genau in dieser Zeitspanne passiert ist, ist bisher das größte Rätsel im Fall Nicola Bulley.

Ist die Fluss-Theorie der Polizei nur aus Erklärungsnot entstanden?

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Supt Sally Riley, of Lancashire Police, pictured during a press conference today (Friday, February 3), at St Michael's on Wyre Village Hall, as they continue their search to find missing person Nicola Bulley.  / action press
Superintendent Sally Riley bei einer Pressekonferenz in der vergangenen Woche: Im Vermisstenfall Nicola Bulley gerät die Polizei von Lancashire langsam in Erklärungsnot.
action press, ActionPress

Oberkommissarin Sally Riley, Sprecherin der Polizei Lancashire, erklärte in der vergangenen Woche, dass die Ermittler mit „so großer Sicherheit wie möglich“ davon ausgehen, dass Nicola Bulley „leider aus irgendeinem Grund in den Fluss gefallen ist“. Begründet wurde die Annahme damit, dass Nicola von einer der örtlichen Überwachungskameras aufgezeichnet worden wäre, wenn sie die Gegend um das Flussufer verlassen hätte.

Umfangreiche Nachforschungen würden in kleinster Weise darauf hindeuten, „dass ihr etwas Ungewöhnliches zugestoßen ist oder dass Dritte in ihr Verschwinden verwickelt sind". Eine Vermutung der Polizei war, dass Nicola womöglich einen Tennisball ihres Hundes wiederholen wollte. Allerdings räumte Riley ein, dass vor Ort bisher keine Spuren gefunden werden konnten, die diese Theorie beweisen.

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Auch Familie und Freunde zweifeln – und kritisieren die Polizei

Nicola Bulley (45), ihr Partner Paul Ansell (44) und die gemeinsamen Töchter sollen laut Freunden eine sehr enge Familie sein.
Paul Ansell (44) will sich nicht auf die Theorie der Polizei versteifen, dass seine Lebensgefährtin und Mutter seiner Kinder im Fluss verunglückt ist.
Facebook: Nicole Jane Bulley

Aus Nicolas Umfeld werden immer mehr Zweifel an dem Fluss-Szenario laut. Lebensgefährte Paul Ansell meldete sagte am Sonntag auf Facebook, er habe noch Hoffnung, Nicola zu finden und: „Es gibt noch keine Beweise, die für ein bestimmtes Szenario sprechen, und wir müssen uns alle Optionen offenhalten." Zuvor hatte bereits Nicolas Schwester Louise die Polizei für voreilige Schlüsse kritisiert. Eine Freundin wies zudem darauf hin, dass Nicola den Tennisball ihres Hundes nicht mehr auf Spaziergänge mitnehmen würde, da er auf das Spielzeug so fixiert sei, dass es schwer sei, zu laufen.

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Tilly Ann, eine andere enge Freundin von Nicola Bulley teilte nach dem Verschwinden der 45-Jährigen auf Facebook einige Details mit, mit denen sie die Fluss-Theorie ebenfalls in Frage stellt. Unter anderem sei „Nikki eine unglaublich starke Schwimmerin“ und Hund Willow „war komplett trocken“, als er gefunden wurde. Außerdem empfand sie es als bemerkenswert, dass das Hundegeschirr auf dem Boden lag. (lmc)