Nach Rücktritt von Österreichs Kanzler

Ist das jetzt das Karriere-Ende von Sebastian Kurz?

Georges Schneider
Sebastian Kurz hat am Samstagabend seinen Rücktritt als Bundeskanzler erklärt, bleibt jedoch in wichtigen politischen Ämtern. Foto: Georges Schneider/XinHua/dpa
deutsche presse agentur

Wegen der Korruptionsaffäre ist der Österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz zwar zurückgetreten, doch hinter den Kulissen versucht er, nicht in der Bedeutungslosigkeit zu versinken und an einem Comeback zu arbeiten. Ob das allerdings so funktioniert, wie Kurz es sich vorstellt, ist mehr als fraglich.

Es ist nicht der erste Skandal um Sebastian Kurz

Am Ende war der Druck einfach zu groß – auch wenn Sebastian Kurz sich das selbst wahrscheinlich nicht eingestehen würde. Die Ermittlungen in der Korruptionsaffäre drängten ihn am Samstagabend zum Rücktritt. Es war wohl nicht, wie er darstellt, der staatsmännische Gedanke, Chaos von Österreich abwenden zu wollen – auch wenn er sagt: „Mein Land ist mir wichtiger als meine Person.“

Die jetzigen Ermittlungen sind nicht der erste Skandal des einstigen jung-konservativen Shootingstars. Schon seit Mai wird gegen ihn wegen einer mutmaßlichen Falschaussage in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss ermittelt. Jetzt also Korruptions- und Untreuevorwürfe und Hausdurchsuchungen im Kanzleramt.

Ganz von der Politik verabschieden will sich Kurz aber wohl nicht. Er wechselt vom Kanzleramt ins Parlament, will dort als Fraktionschef der ÖVP weiter mitmischen. Und vermutlich hinter den Kulissen an einem Comeback arbeiten, sobald die Ermittlungen in Vergessenheit geraten sind.

Kurz als Schattenkanzler

Sein Kanzler-Nachfolger, der ehemalige Außenminister Alexander Schallenberg, gilt als einer der engsten Vertrauten von Kurz. Die Sozialdemokratin Pamela Rendi-Wagner drückt es deutlicher aus: „Das System Kurz“ werde fortgesetzt und Kurz selbst sei „Schattenkanzler“. 2019 wurde Kurz schon einmal aus dem Kanzleramt befördert - per Misstrauensantrag im Zuge der Ibiza-Affäre. Damals hatte Kurz auf sein Mandat verzichtet, jetzt versucht er offenbar im Hintergrund weiter die Strippen zu ziehen.

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Weitere Skandale drohen

Eine Rückkehr auf die große politische Bühne könnte aber sehr lange dauern – wenn sie überhaupt jemals stattfinden kann. Zu viel politischer Sprengstoff lastet in den aktuellen Ermittlungen und den älteren Skandalen. Denn bis die jetzigen Ermittlungen abgeschlossen sind, könnte es noch Jahre dauern. Hunderttausende beschlagnahmte Chatnachrichten warten noch auf ihre Auswertung. Dort drohen weitere Skandale für den gefallenen Kanzler. Schon die bisher ausgewerteten Nachrichten bringen Kurz in Bedrängnis. Außerdem droht ihm schon in zwei Fällen eine Anklage. Noch in diesem Jahr soll über die mutmaßliche Falschaussage vor dem Untersuchungsausschuss zur Ibiza-Affäre entschieden werden.

Er kann noch tiefer fallen

Noch hat Kurz einen gewissen Rückhalt in der Partei. Das hängt auch damit zusammen, dass er der Partei sehr gute Wahlergebnisse beschert hatte. Doch wie lange wird die Partei noch hinter ihm stehen, wenn die Ermittlungen noch mehr Vorwürfe hervorbringen oder er sogar angeklagt wird? Die ersten Parteifreunde distanzieren sich, noch vorsichtig, von Kurz.

Unabhängig davon, welche Strafe – oder Freispruch – am Ende der Ermittlungen stehen wird: Einige Chatnachrichten von Kurz, die an die Öffentlichkeit dringen, zeichnen ein schlechtes Bild vom ehemaligen Kanzler. Es ist das Bild eines Mannes, der überheblich, illoyal und hauptsächlich an seiner eigenen Karriere interessiert ist. Selbst wenn sich seine Partei dafür entscheiden sollte, ihn irgendwann nochmal als Spitzenkandidaten ins Rennen zu schicken – ob sie dann noch den Zuspruch der Österreicher bekommen, ist zumindest fraglich.