An der Tür hing ein Zettel: "Es ist ein deutsches Kind in diesem Haus"
Taliban wollten Sonias Tochter (6) töten - In letzter Sekunde gerettet!
Sonia T. (29) und ihre kleine Tochter (6) aus Essen hatten Todesangst. Zwei Tage steckten sie in der Taliban-Hölle von Kabul fest. Die Islamisten drohten sogar, Sonias sechsjährige Tochter zu töten. Freunde und Bekannte hofften und bangten von Deutschland aus mit. Voller Ungewissheit, ob es ihre Liebsten wieder zurück schaffen. Am Dienstagabend die Erlösung: Mama und Tochter sind endlich raus aus Kabul. Die Bilder zeigen wir im Video.
+++ Alle Informationen zu den aktuellen Entwicklungen in Afghanistan können Sie in unserem Live-Ticker verfolgen +++
„Die letzten Tage waren so schlimm, dass ich dachte, ich komme nie raus"
Sonia flog mit ihrer Tochter vor drei Monaten nach Afghanistan, um ihre krebskranke Mutter zu besuchen. Dass die 29-Jährige wenige Wochen nach ihrer Ankunft selbst um ihr Leben und das ihrer Tochter bangen muss, damit hatte sie nicht gerechnet. Eigentlich wollte sie am Sonntag zurück nach Deutschland fliegen – doch der schnelle Einmarsch der Taliban hat alle Pläne zunichte gemacht.
„Die letzten Tage waren so schlimm, dass ich dachte, ich komme nie raus. Ich habe gesagt, ich habe mich und mein Kind in diesen schwierigen Moment gebracht“, sagte Sonia unter Tränen nach ihrer Ankunft.
Sie hatte gemeinsam mit ihrer Tochter und Tausend verzweifelten Afghanen auf dem Flughafen in Kabul auf die Evakuierung gewartet. Am Dienstagabend war es dann soweit: Sie wurden von einer Maschine der Bundeswehr nach Usbekistan geflogen, von dort aus weiter nach Deutschland.
Taliban hängen schreckliche Drohnachricht an die Tür
Dass Mama und Tochter heil in Deutschland angekommen sind, gleicht an ein Wunder. Denn die Papiere der Zahnarzthelferin aus Essen seien in Afghanistan gestohlen worden. In dem in Krieg und Chaos versinkenden Land neue Ausweise und Visa zu erhalten, schien nahezu aussichtslos.
„Ich konnte nicht weg. Alle wollen raus, weil sie Angst vor den Taliban haben“, so die 29-Jährige. Auch sie und ihre Tochter seien bedroht worden, weil die Sechsjährige eine deutsche Staatsangehörigkeit habe.
So soll am Haus der Großmutter, wo die beiden wohnten, ein Zettel gehängt haben, mit den Worten: „Es ist ein deutsches Kind in diesem Haus. Wir müssen es holen und töten.“
Kolleginnen setzten alle Hebel in Bewegung
Als Sonias Kolleginnen Ute Schubert und Christiane Beyrich davon hörten, setzten sie alle Hebel in Bewegung, um die 29-Jährige und ihre Tochter raus zu holen. Sie überwiesen Geld und telefonierten mehreren Behörden hinterher. „Immer wieder hieß es, es gebe Evakuierungspläne, immer wieder wurden wir vertröstet“, sagte Christiane.
Hilfe bekamen sie schließlich vom Essener Bundestagsabgeordneten Matthias Hauer (CDU). „Sie steht jetzt auf der Liste für die Evakuierungen nach Deutschland“, sagte Hauer vor wenigen Tagen.
Am Dienstagabend konnten Ute und Christiane dann endlich Sonia und ihre Tochter in die Arme schließen. „Das ist, man kann es nicht beschreiben. Es war immer ein Schwanken zwischen Hoffen und Bangen. Umso schöner, dass es jetzt so ist wie es ist“, sagte Ute sichtlich erleichtert am Flughafen. Für die kleine Tochter hat sie Teddys und Luftballons mitgebracht.
Dass Sonia den schwierigen Weg zum Militärflughafen geschafft hat und jetzt in Sicherheit ist, rührt Ute zu Tränen. „Sie als Frau alleine mit Kind unterwegs. Hat es dann trotzdem gewagt. Und ist dann irgendwie doch zum Flughafen gekommen, ohne den Taliban in die Hände zu fallen.“
„Hilflosigkeit, Hoffnungslosigkeit. Nur Chaos“
In Frankfurt sind auch am frühen Donnerstagmorgen weitere Maschinen mit Hunderten Menschen an Bord gelandet, die zuvor aus Afghanistan in Sicherheit gebracht worden waren. Insgesamt befanden sich rund 500 Menschen an Bord der beiden gecharterten Flieger von Lufthansa und Uzbekistan Airways. Die Maschinen waren in der usbekischen Hauptstadt Taschkent gestartet, dorthin hatte die Bundeswehr die Menschen zuvor aus der afghanischen Hauptstadt Kabul gebracht.
Erste gerettete Afghanen in Hamburg angekommen: "Es war eine sehr emotionale Reise!"
Erste gerettete Afghanen in Hamburg angekommen: "Es war eine sehr emotionale Reise!"
Nach ihrer Landung in Deutschland berichteten Passagiere von schlimmen Erlebnissen und chaotischen Verhältnissen am Flughafen in Kabul. Es habe Schüsse und Tote gegeben. „Es ist schrecklich“, sagte Mahmud Sadjadi. „Hilflosigkeit, Hoffnungslosigkeit. Nur Chaos“, beschrieb er die Zustände in Kabul. (mor)