Wer wird zuerst gegen Corona geimpft?
Hausärzte sollen Impf-Atteste ausstellen

Bereits um den Jahreswechsel herum will Deutschland mit dem Corona-Impfen starten. Losgehen soll es mit medizinischem Personal und Risikopatienten. Doch wie weisen diese nach, dass sie als Erste ein Anrecht auf den heißbegehrten Impfstoff haben? Laut einem Medienbericht sollen Hausärzte bald entsprechende Atteste ausstellen können. Doch daran gibt es bereits Kritik.
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Wer entscheidet über den Anspruch auf eine Corona-Impfung?
Der Corona-Impfstoff könnte im Januar auch in Europa eine Zulassung erhalten. Zuerst geimpft werden wohl Beschäftigte im Gesundheitsdienst sowie Risikogruppen, also Ältere und Kranke - das jedenfalls empfahlen der Deutsche Ethikrat, die Nationale Wissenschaftsakademie Leopoldina und die Ständige Impfkommission (Stiko) Anfang November. Eine offizielle Empfehlung der Stiko soll noch in dieser Woche folgen. Aber wer entscheidet darüber, ob jemand mit einer Vorerkrankung einen Anspruch auf Impfung erhält?
Laut einem Bericht der "Ärztezeitung" sollen Hausärzte künftig Patienten mit Vorerkrankungen dies per Attest bescheinigen, damit diese ihren Anspruch auf eine Coronavirus-Impfung nachweisen können. Der Bericht verweist auf einen Entwurf für eine Coronavirus-Impfverordnung des Bundesgesundheitsministeriums, welcher dem Blatt vorliegt. Das Impf-Attest soll auch einen Code zur Terminvergabe enthalten können, allerdings seien Details dazu noch unklar. Bereits am 15. Dezember könnte die geplante Rechtsverordnung in Kraft treten.
Kritik: Unnötige Kontakte durch vorherigen Hausarztbesuch
Doch von Medizinern hagelt es bereits Kritik: Hausärzte warnen in ärztlichen Foren, dass unnötige Kontakte entstehen würden, wenn Risikopatienten erst in die Hausarztpraxis und anschließend in ein Impfzentrum gehen müssten, heißt es in dem Bericht. Sinnvoller sei es, die Patienten direkt in der Praxis zu impfen - denn auch die Kühlung von Impfstoffen, wie etwa dem von Biontech/Pfizer, sei anders als gedacht kein größeres Problem mehr, da das Präparat bis zu fünf Tage in handelsüblichen Kühlschränken haltbar sei.
Auch der Deutsche Hausärzteverband reagierte kritisch auf den Entwurf zur Corona-Impfverordnung: Es könne nicht sein, dass "die Politik sich erst davor drückt, klare Priorisierungsentscheidungen zu treffen, und nun offenbar plant, diese Aufgabe quasi durch die Hintertür bei den Hausärztinnen und Hausärzten abzuladen", sagte Ulrich Weigeldt, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbands laut einer Mitteilung.
"Praxen jenseits der Belastbarkeitsgrenze"
Es belaste nicht nur das individuelle Arzt-Patienten-Verhältnis, wenn der einzelne Hausarzt darüber entscheiden soll, ob sein Patient zu einer impfberechtigten Gruppe gehört oder nicht, bemängelt Weigeldt. "Viele Praxen arbeiten schon jetzt jenseits der Belastbarkeitsgrenze." Es übersteige ihre Kapazitäten, wenn nun "millionenfach Einzelgespräche und Untersuchungen für Atteste zur Impfberechtigung" durchgeführt werden sollten.
Der Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands unterstrich die Forderung nach einem "bundeseinheitlichen Einladungsverfahren" für die Impfungen gegen Covid-19 - ähnlich wie es bei der radiologischen Brustkrebs-Früherkennung gemacht wird. Bei dem Mammographie-Screening wird auf der Grundlage von Daten der örtlichen Einwohnermelderegister von der sogenannten Zentralen Stelle zu der Untersuchung eingeladen. Das Programm wurde 2002 vom Bundestag beschlossen, um die Früherkennung von Brustkrebs zu verbessern.
3 Gruppen sollen bevorzugt geimpft werden
Noch ist jedoch unklar, wer zuerst geimpft wird. Die Stiko will noch in dieser Woche ihren Entwurf für die Priorisierung der Impfungen gegen das Coronavirus vorlegen, sagte der Vorsitzende Thomas Mertens im Deutschlandfunk. Laut einem Bericht der "Bild"-Zeitung liegt die Empfehlung bereits vor und wird nun an die Länder und wissenschaftliche Fachorganisationen gesandt. In dem Papier werden drei Gruppen genannt, die bevorzugt zu impfen seien:
medizinisches Personal in Intensiv- und Corona- und Infektiologie-Stationen der Kliniken und den Covid-Abstrichzentren,
Pflegende in Alten- und Pflegeheimen sowie der ambulanten Pflege sowie die Insassen und Patienten,
ältere Risikopatienten sowie besonders chronisch Kranke.
Ab Mitte Dezember sollen die Impfzentren in Deutschland einsatzbereit sein, hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vergangene Woche gesagt - auch wenn bislang in der EU noch kein Impfstoff zugelassen ist. Das Mainzer Unternehmen Biontech und sein Partner Pfizer sowie der US-Konzern Moderna haben die Zulassung für ihre Vakzine allerdings bereits beantragt.
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Quelle: ntv.de/RTL.de