Göring-Eckardt über Sexismus im Bundestag
"Seit die AfD im Deutschen Bundestag sitzt, ist es aggressiver und auch frauenfeindlicher geworden!"

Katrin Göring-Eckardt ist Vize-Präsidentin des Deutschen Bundestags. Mit ihr hat unsere Reporterin über die Stimmung im Bundestag, über Sexismus gegenüber gerade jungen Abgeordneten gesprochen. Göring-Eckardt sagt: Seit die AfD im Bundestag sitzt, ist die Stimmung aggressiver und frauenfeindlicher geworden.
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Wie ist die Stimmung im Bundestag?
Unter den demokratischen Parteien meist respektvoll, aber Rechtsaußen geht es vor allem ums Provozieren und Auffallen. Seit die AfD im Deutschen Bundestag sitzt, ist es aggressiver und auch frauenfeindlicher geworden. AfD-Abgeordnete lassen oft keine Gelegenheit aus, um zu provozieren. Egal, ob es um ihre Wortwahl oder die Sache geht. Früher wurde um die Sache gestritten, und das durchaus auch mal derb, aber es war ein Streit unter Demokratinnen und Demokraten und nicht mit Leuten, die unsere Demokratie eigentlich ablehnen.
Junge Frauen im Parlament berichten, dass sie oft das Ziel solcher Attacken sind - nehmen Sie das als Bundestags-Vizepräsidentin auch so wahr?
Gerade Parlamentarierinnen sind hässlichen Attacken ausgesetzt, das trifft gerade auch unsere jungen Kolleginnen. Das geht schon mit dem Geräuschpegel los. Wenn eine junge Frau ans Pult tritt, gibt es gern mal Gebrülle von Rechtsaußen oder Tischklopfen. Deren Ziel ist klar: Die Kolleginnen sollen verunsichert werden. Das darf ihnen nicht gelingen. Bei besonders bösen Attacken stehen alle demokratischen Fraktionen zusammen. Das ist gut.
Es war schon immer so, dass Frauen dafür gekämpft haben, dass sie im Bundestag gleichberechtig behandelt werden. Was ist der Unterschied zu der aktuellen Stimmung?
Natürlich gab es Machotum und Breitbeinigkeit auch vor der AfD im Plenum. Jetzt kommen Demokratiefeindlichkeit und Verächtlichmachung des gesamten Hauses dazu. Ich nehme wahr, dass der kluge Debattenstreit, der ja eine Demokratie ausmacht, verunmöglicht werden soll. Da sollen manche Stimmen, gerade junge Stimmen, die was zu sagen haben, mit plumpem Schrillsein übertönt werden. So dass am Ende mehr über die Hetze während einer Debatte berichtet wird, als über den Inhalt der Debatte.
Wie kann man es den jungen Frauen leichter machen und dafür sorgen, dass sie ernster genommen werden?
Ich glaube nicht, dass es darum geht, es jungen Frauen "leichter" zu machen; sie sind tough genug, um sich den Platz zu nehmen und dagegen zu halten. Es ist großartig zu sehen, wie sie da stehen und die Rechten auflaufen lassen. Wichtig ist, dass wir Spielregeln im Plenum haben, die auch von allen eingehalten werden; und wenn nicht, dass das konsequent gehandelt wird. Für das Plenum im Bundestag heißt das: Wer im Präsidium die Sitzung leitet - also auch ich - sorgt dafür, dass jede und jeder reden kann, ohne dass sie andauernd gestört werden. Wer die Grenze überschreitet, erhält einen Ordnungsruf. Das ist das Mindeste.
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