Erzeuger aus Niedersachsen fordern mehr Geld für Geflügelfleisch

Teurer Diesel, teures Futter: Landwirte senden "Notruf"

Auf dem Biolandbetrieb des Kräuter- und Tierhofes der format gGmbH im brandenburgischen Neuendorf im Sande suchen am Montag (22.08.2005) Freilandhühner nach Nahrung. Bundesverbraucherministerin Renate Künast (Grüne) hält ein vorgezogenes Verbot der Freilandhaltung für Geflügel bei einer akuten Gefahr durch die Vogelgrippe für denkbar. "Angestrebt ist es für Mitte September", sagte eine Ministeriumssprecherin am Montag in Berlin. Künast behalte sich aber den Zeitpunkt je nach der Situation vor und stimme sich dazu mit Wissenschaftlern ab. Die Bundesländer haben bis zum Donnerstag (25.08.2005) für ihre Rückmeldung zu dem geplanten Verbot Zeit. An dem Tag kommen auch EU-Experten in Brüssel zur Beratung über das weitere Vorgehen zusammen. Foto: Patrick Pleul dpa/lbn (zu dpa 0340 vom 22.08.2005) +++(c) dpa - Bildfunk+++
Gerade Öko-Freiland-Betriebe beziehen ihr gentechnikfreies Eiweißfutter aus der Ukraine und der Schwarzmeerregion.

Der Krieg in der Ukraine hat viele Landwirte und Betriebe unerwartet in eine wirtschaftlich schwierige Situation gebracht: Fehlende Weizenlieferungen aus dem osteuropäischen Land haben die weltweiten Warenströme umgeleitet.

"Wir brauchen Erzeugerpreiserhöhungen, sonst überleben das einige Betriebe nicht!"

Eier aus Freilandhaltung und Öko-Erzeugung
Betroffen sind besonders auch Landwirte, die in höherwertige Haltungsstandards investiert haben. Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa
deutsche presse agentur

Futter, Düngemittel und Energie sind stark im Preis gestiegen. Ob die Landwirtinnen und Landwirte ihrerseits ihre deutlich höheren Kosten weitergeben können, ist noch nicht klar. "Wir brauchen auch in den laufenden Kontrakten Erzeugerpreiserhöhungen, sonst überleben das einige Betriebe nicht", sagt Friedrich-Otte Ripke, Präsident des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG). Betroffen seien vor allem Landwirte, die jüngst in ihre Ställe investiert haben, um ihre Tiere nach höherwertigeren, tierwohlgerechteren Haltungsstandards zu halten. Denn diese Betriebe hätten wegen der Investitionen auch einen hohen Kapitaldienst an ihre Banken zu leisten.

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In wenigen Wochen dürften die Lager mit Ökofutter leer sein

Julian Stratenschulte
Holger Hennies setzt sich für die Landwirte in Niedersachsen ein. Foto: Julian Stratenschulte/dpa/Archivbild
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Gerade Öko-Betriebe beziehen ihr gentechnikfreies Eiweißfutter aus der Ukraine und der Schwarzmeerregion, sagt Holger Hennies, Präsident des Landvolks Niedersachsen: „Für gentechnikfreies Futter gibt es keine anderen Lieferanten." Das betreffe die gesamte Veredelungsbranche, also die Schweine- wie auch die Geflügelmast. Die Folge: In wenigen Wochen dürften die Lager mit Ökofutter leer sein. Dann müssten die Bio-Tierhalter auf konventionelles Futter umsteigen. Das gelte auch für die Eierproduktion, sagt Ripke. Ob die Betriebe dann auch ihr Biosiegel beibehalten können, liege an der EU. Die strengen Regeln müssten zeitweise ausgesetzt werden, fordert der Verbandspräsident.

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Preissteigerungen sind "Wahnsinn"

Gerade die Tierhalter bekommen die extrem gestiegenen Preise zu spüren. Das gilt nicht zuletzt für die Schweinehalter, die in den vergangenen zwei Jahren ohnehin schon unter dramatisch niedrigen Erzeugerpreisen gelitten hatten, berichtet Hubertus Berges, der im Landkreis Cloppenburg Schweine mästet. Ein Tier bis zur Schlachtreife zu füttern, koste ihn im Moment 120 Euro. Vor jeder Einstallung müssten sich die Mäster nun fragen, ob sie das Risiko eingehen oder den Mastplatz nicht besser leer lassen. Denn die Entwicklung der Futterpreise sei derzeit nicht abzuschätzen. "Vor vier Wochen habe ich für eine Futterlieferung noch 24 Euro pro 100 Kilo gezahlt. Jetzt stehen da fast 40 Euro pro 100 Kilo, das ist Wahnsinn."

"Wir brauchen höhere Erzeugerpreise!"

Im Geflügelbereich hätten die Putenhalter bereits 20 Prozent Leerstand in den Ställen, sagt Ripke. Diese Entwicklung habe schon vor dem Ukraine-Krieg eingesetzt, weil sie keine auskömmlichen Preise mehr erzielten. In der Hähnchenmast überlegten nun die ersten Landwirte, Ställe leer stehen zu lassen. "Wir brauchen für die Kosten von Energie und Futter höhere Erzeugerpreise." (dpa/kst)