Einer für alle, alle für einen?F1-Reporter Ebel: Vorteil Verstappen – weil Mercedes gerade kein Team mehr ist
Mercedes ist kein Team mehr – zumindest im Moment nicht. Formel-1-Reporter Kai Ebel will den entscheidenden Unterschied im WM-Kampf zwischen Max Verstappen und Lewis Hamilton gar nicht unbedingt auf der Strecke ausgemacht haben. Sondern in der Garage. „Ich glaube, dass einfach die Stimmung im Team besser ist. Das ist ganz wichtig. Ich glaube, dass da im Moment alle an einem Strang ziehen“, so Ebel über Red Bull. „Sie sind eine Einheit: die Teamspitze, der Fahrer Checo Perez, der Fahrer Max Verstappen. Das harmoniert. Das gepaart mit dem wahnsinnigen Talent, der wahnsinnigen Geschwindigkeit von Max Verstappen - er macht weniger Fehler und man hat das Gefühl, es ist ein reifer Max Verstappen.“ Weniger reif verhält sich stattdessen Noch-Mercedes-Pilot Valtteri Bottas. Und das wirkt sich auf die Leistung des ganzen Teams aus – wie Ebel oben im Video erklärt.
Auch Ebel sicher: „Bottas unterstützt den Lewis nicht mehr unbedingt“
Red Bull eilt den Schwarzpfeilen davon. „Während man bei Mercedes nicht so richtig weiß. Mit Bottas, der fährt da nächstes Jahr nicht mehr und hat sowieso so einen Hals. Der unterstützt den Lewis nicht mehr unbedingt.“ Bester Beleg dafür: Der Start beim Rennen in Mexiko, nach dem Teamchef Toto Wolff später am Sky-Mikrofon beklagte, der Finne habe eine „Busspur“ links freigelassen für Rivale Verstappen aus der zweiten Reihe.
Und Hamilton? Der ist nicht nur mit dem WM-Fight 2021 beschäftigt, sondern mache sich laut Ebel vermutlich auch schon „Gedanken über das nächste Jahr, wie das dann wohl mit George Russell wird.“ Wolff wiederum denke wohl über die Gesamtheit nach. „Das sind drei verschiedene Baustellen und es ist längst nicht mehr so, dass sie da alle an einem Strang ziehen, so wie es in den vergangenen Jahren mal war. Aber da war es ja auch einfacher“, hält Ebel fest.
VIDEO: Big Point für den unwiderstehlichen Verstappen
Stimmung bei Mercedes wird nicht besser
Einfacher wird es in den verbleibenden vier Saisonrennen für das Weltmeisterteam sicher nicht. „Es ist immer so: Wenn dann ein starker Gegner da ist, fängt man an, die Fehler zu suchen. Und dann geht es auch ganz schnell, dass der eine dem anderen den Fehler zuschiebt. Dass der Fahrer beim Team was sucht, das Team beim Fahrer, der eine Fahrer beim anderen Fahrer.“ Genau so wie es bei Mercedes gerade passiert.
„Und das kriegt Red Bull im Moment super hin“, lobt der F1-Reporter. Besonders den 24-jährigen Holländer im Cockpit, der bereit ist für den ersten Titel. „Es ist nicht mehr der freche Junge. Sondern ein gereifter Max Verstappen, aber mit dem gleichen brutalen Speed und dem gleichen Risiko. Und das macht es bei Red Bull aus.“
Brutaler Verstappen lässt Hamiltons Nerven flattern
Trotzdem schreibt Ebel auch Hamilton noch lange nicht ab: „Also ich persönlich glaube ja, dass die Ära Hamilton noch nicht vorbei ist. Aber er hat halt jetzt Gegenwind bekommen. Max Verstappen und Red Bull sind im Moment ein starkes Team.“ Aber Gegenwind lässt den siebenmaligen Weltmeister vielleicht auch weiter wachsen, denn: Ausruhen kann er sich nicht mehr. „Lewis war jetzt schon sehr lange dran. Wenn man sich so daran gewöhnt, wie einsam man an der Spitze ist, dann wird es natürlich auch bequem. Man wird selbst bequemer.“
Aktuell kann Mercedes den Angriff der Konkurrenz nicht mehr „mit sehr viel Leistung auffangen“, wie es in den vergangenen Jahren war. „Max Verstappen ist einfach brutal schnell, sitzt in einem gleichstarken Auto und sie duellieren sich dieses Jahr erstmals auf Augenhöhe. Und schon wird es eng. Ich glaube, dass das schon mit den Nerven von Lewis etwas macht.“
Aber Hamilton wäre nicht Hamilton, wenn er seine Nerven nicht in den Griff bekommen würde. Dennoch legt Ebel sich fest: „Ich würde sagen, dass das Gesamtpaket Verstappen/Red Bull jetzt stärker ist als Hamilton/Mercedes. Allerdings ist meine Kristallkugel eben hingefallen, deshalb kann ich schlecht sagen, wie das im nächsten Jahr aussieht.“ (ana)