Rekordchampion quält sich in Baku
Geschüttelt und kaum mehr gerührt - Hamilton hat extrem "Rücken"

„Mein Rücken killt mich ...“, klagte Superstar Lewis Hamilton schon während des Formel-1-Rennens in Baku mit schmerzerfüllter Stimme am Mercedes-Funk. Der Superstar wurde in Aserbaidschan einmal mehr heftig durchgeschüttelt. Das verflixte Bouncing, das Hoppeln auf den Geraden – es kostet Mercedes nicht nur viel Zeit, es tut auch richtig weh.
"Kann die Schmerzen nicht in Worte fassen"
„Das Adrenalin hat mich durch dieses Rennen gebracht und ich habe vor Schmerz die Zähne zusammengebissen. Ich kann die Schmerzen nicht in Worte fassen, die man verspürt, besonders auf der Geraden hier. Und am Ende denkst du an all die Leute, die sich auf dich verlassen, wenn es darum geht, Punkte einzufahren“, sagte Hamilton nach seinem 4. Platz in Baku. Zum Schluss habe er nur noch „gebetet, dass es endlich vorbei ist“. Im Parc Fermé quälte sich der 37-Jährige im Zeitlupentempo aus seinem Auto, musste sich gar stützen, ehe Hamilton langsam zum Wiegen schritt. Er wirkte wie ein Rentner, der sich beim Bierkisten tragen überhoben hatte.
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"Ich habe ihn bisher noch nicht gesehen oder gesprochen, aber man kann sehen: Das ist kein Muskelthema mehr, das geht jetzt richtig auf die Wirbelsäule und auf die Hüfte“, sorgte sich Mercedes-Teamchef Toto Wolff um seinen teuersten Angestellten: „Angeblich sind es bis zu 6G, die da auf den Fahrer wirken. Und das kann Konsequenzen haben auf den Kopf und alles, was da zusammenhängt."
Auch Russell bei Russell war's unruhig
Das Bouncing, es trifft 2022 nahezu alle Fahrer, bei keinem Auto aber tritt das Phänomen derart extrem auf wie bei den Silberpfeilen. „Wir sind in jeder einzelnen Kurve, auf jeder einzelnen Runde und das 90 Minuten lang auf dem Boden aufgeschlagen, es war ziemlich brutal - ich werde heute Nacht sicher gut schlafen“, berichtete auch Hamiltons Kollege George Russell, der – vielleicht dank der Jugend – frischer aus dem Cockpit kletterte als sein Landsmann.
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Sebastian Vettel brachte bei Servus TV angesichts der Extrem-Hoppelei eine Änderung der Regeln ins Spiel: „Jetzt kann man natürlich sagen: Ja, aber das Auto hüpft so, dann ändert das Setup und dann ist gut. Aber ich glaube, wir sollten da nicht uns in die Pflicht nehmen, sondern vielleicht mit den Regeln reagieren. Kann ja auch nicht sein, dass wir jetzt vier Jahre so durch die Gegend fahren."
Auch Wolff berichtete bei Sky, dass „alle Fahrer bis auf einen“ die Meinung vertreten hätten, dass das Bouncing ein großes Problem sei, das FIA und F1 angehen müssten. Die Ausnahme? „Alonso.“
"Man konnte ihm die Schmerzen das ganze Wochenende über ansehen"
Mercedes immerhin verlässt Baku „mit einer guten Punkteausbeute“, wie Wolff zurecht anmerkte (Russell fuhr im achten Rennen zum achten Mal in die Top 5, wurde Dritter vor Hamilton) und auch die Zuverlässigkeit des W13 stimmt. Aber: „Wir müssen eine Lösung für das ‘Bouncing’ finden“, forderte der Silberpfeil-Chef ein baldiges Ende der Hoppelei.
„Das Auto, das wir Lewis heute hingestellt haben, war so schwer zu fahren, man konnte ihm die Schmerzen in seinem Rücken das ganze Wochenende über ansehen.“ Wolff hatte sich schon direkt nach der Zieldurchfahrt bei Hamilton entschuldigt.
Für Hamilton, Russell, Wolff und Co. – so viel steht fest – geht es vom Kaspischen Meer direkt nach Brackley zu einem krisengeschüttelten Meeting. „Ich werde morgen in der Fabrik sein, wir müssen ein paar gute Gespräche führen und weiter pushen“, sagte Hamilton. Wolff hatte schon nach dem Freien Training im Interview mit RTL/ntv einen möglichen „größeren Eingriff“ angekündigt, um den Silberpfeil wieder flott zu kriegen.
Montreal das nächste holprige Pflaster
Nach dem Aserbaidschan-GP klang das sehr ähnlich. „Es gibt keine heiligen Kühe, alles wird untersucht“, sagte Wolff, der volles Vertrauen in seine Truppe hat: „Wir haben ein tolles Team, das versucht, unsere Probleme zu lösen.“
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Allerdings müssen sich die Mercedes-Leute sputen, denn das nächste Rennen in Montreal wird für Russell und Hamilton schon nächste Woche das nächste schwierige Pflaster. „Die holprigeren Strecken scheinen ein besonderes Problem für uns darzustellen, und Montreal ist nicht besonders glatt, also müssen wir in den nächsten Tagen an diesem Bereich arbeiten, bevor es dort weitergeht“, sagte Chefingenieur Andrew Shovlin.
Nicht, dass Lewis Hamilton auf der IÎle Notre-Dame wieder wie ein alter Mann aus seinem Boliden steigt. (mar)