Start und Strategie-Poker in den USA
Reifenfresser Texas: Darauf kommt es beim Rennen in Austin an

Bei Mercedes-Star Lewis Hamilton werden am Rennsonntag vielleicht Erinnerungen wach. Erinnerungen an den Start in Austin 2015. Damals leistete er sich einen knallharten Zweikampf hinein in Kurve eins mit seinem Rivalen und Teamkollegen Nico Rosberg. Ähnlich könnte es heute Abend (ab 21 Uhr im RTL-Liveticker) wieder laufen – dieses Mal allerdings gegen Max Verstappen, der von der Pole-Position das Rennen aufnimmt. Schließlich waren sich die beiden Titelkonkurrenten schon am Freitag an dieser Stelle richtig nahegekommen. Stinkefinger-Geste inklusive. Ähnlich „harmonisch“ könnte es in Runde eins nun wieder laufen – ehe es danach auf den Reifenpoker ankommt.
Formel 1 in Austin: Ein oder zwei Stopps?
Schnelle Kurven, Topspeed-Gerade und eine besonders lange Runde: In Texas gibt es keinen Schongang für die Reifen. Nicht ohne Grund starten Red Bull und Mercedes in Austin auf den Medium-Pneus. Die Belastung ist hoch, ein früher Stopp auf den weichen Reifen garantiert. Die taktische Meisterlösung jedoch ist es nicht: Ein oder zwei Stopps – was ist die ideale Wahl?
Das hängt wohl auch von der Position im Feld ab. Und von möglichen Zweikämpfen. Mit Blick auf die Spitze heißt das: Lewis Hamilton will bestenfalls schon am Start am Red Bull vorbei. Raus aus der Dirty Air, die das Auto beim Hinterherfahren nicht nur in den schnellen S-Kurven rutschen lässt. Der Horror für die Pneus. Genauso wie ein möglicher Zweikampf über Runden hinweg auf dem Kurs. Maximale Belastung – und das Aus für den möglichen Ein-Stopper?
Hamilton ist der Reifenflüsterer, wenn es drauf ankommt
Gerade Hamilton hatte sich zuletzt immer wieder als Reifenflüsterer bewiesen. Wäre es nach ihm gegangen, wäre er in der Türkei auf seinen alten, abgefahrenen Intermediates ins Ziel gekommen. Dass er einen Sicherheitsstopp einlegte und dadurch auf Rang fünf zurückfiel, lag nur an der Entscheidung seiner Ingenieure.
Nicht ausgeschlossen also, dass Hamilton mit dem WM-Stand vor Augen (sechs Punkte Rückstand auf Verstappen) in Austin auf sein Bauchgefühl hört. Und jene Taktik fährt, die er für die beste hält. Dabei spielt aber natürlich auch eine entscheidende Rolle: Was machen Max Verstappen und Red Bull?

Vorteil Verstappen: Bottas kein Wasserträger
Für den Holländer liefe das Rennen nach Maß, wenn er sich in Kurve eins gegen Hamilton durchsetzen und das Tempo von vorne weg diktieren könnte. Eine Eins mit Sternchen gäbe es, wenn auch noch Teamkollege Sergio Perez nach seiner starken Qualifikation am Mercedes vorbeiziehen und Verstappen auf Rang zwei den Rücken freihalten könnte. Verstappen hätte dann freie Fahrt – auch in Sachen Taktik und Reifenschonen. Perez hingegen könnte Hamiltons Strategie covern und den Mercedes an der Aufholjagd hindern.
Vorteil Red Bull, denn: Valtteri Bottas startet nach der Motorenstrafe nur von Rang neun, kann Hamilton erstmal nicht helfen. Die Siegeskarte des Rekordweltmeisters heißt also: Ein erfolgreicher Start und/oder mit einem Stopp bis ans Ende fahren– mögliche Safety-Car-Phasen nicht berücksichtigt.

Vettel: Von Rang 18 mit einem Stopp nach vorne?
Ähnlich könnte die Marschroute auch für Sebastian Vettel lauten. Für seinen Aston Martin gab es eine neue Antriebseinheit, er geht von der 18 ins Rennen. Punkte wären dabei wohl das Maximum. Wenn Vettel zockt. Hauptsache der Deutsche verzockt sich nicht wieder.
In der Türkei war er der Erste und Einzige, der das Wagnis Trockenreifen auf dem feuchten Kurs einging. Nach einer Runde war aber auch ihm klar, dass das ein Fehler war, der ihm das Rennen kaputt machte. Und genau einen solchen Patzer im Taktikroulette gilt es auf der Reifenfresser-Strecke in Austin zu vermeiden. Für Vettel genauso wie für Verstappen und Hamilton. (ana)