Scuderia schmeißt Sieg weg

Ferrari-Bock verlängert den Leclerc-Fluch in Monaco

Ferrari driver Charles Leclerc of Monaco gets a pit service during the Monaco Formula One Grand Prix, at the Monaco racetrack, in Monaco, Sunday, May 29, 2022. (Pool Photo/Christian Bruna/Via AP)
Charles Leclerc in der Box.
LB, AP, Christian Bruna
von Emmanuel Schneider

Er habe eigentlich schon alles Formel-1-Pech der Welt in Monaco gehabt, scherzte Charles Leclerc noch vor zwei Wochen. Nun ist das Ausmaß an Unglück nochmal auf ein neues Level gehievt worden. Diesmal half sein Ferrari-Team vom Kommandostand aus tatkräftig mit.

Strategie raubt Leclerc den ersehnten Heimsieg

Auch ein fehlerloses Wochenende kann in einem richtigen Desaster enden. Diese Erkenntnis reifte am Sonntag bei Lokalmatador Leclerc. Denn nach einer brutal starken Quali-Runde zur Pole kurvte der Monegasse auch im Regen-Rennen von Monte Carlos zunächst an der Spitze des Feldes. Aber: Er hatte die Rechnung ohne sein Team gemacht.

Eine fragwürdige Boxen-Strategie brachte Leclerc ins Hintertreffen und hinterher zur Verzweiflung. Erst holte ihn das Team später zum Service als Red Bull den auf Position 3 liegenden Schützling Sergio Perez – der „Bullen“-Undercut gelang, Leclerc fiel zurück. Schon diesen Call zum unnötigen Wechsel auf Intermediates habe er nicht verstanden, sagte Leclerc. Denn kurz darauf wurde er ein zweites mal in die Box gerufen.

Kommunikations-Panne

In den Runden 22 und 23 fiel die Vorentscheidung. Die Scuderia holt Sainz und auch Leclerc zur Doppel-Abfertigung für frische Trockenreifen rein. Im Falle von Leclerc aber war das wohl gar nicht so geplant. Kurz bevor der Pilot in die Boxengasse abbog, wies ihn sein Renningenieur noch an, dies doch nicht zu tun. Ein einziges Ferrari-Chaos.

Schon während er einrollte, war Leclerc klar, was passierte. Die ganze Tragweite der Ansage. „WARUM, ***********, *******?!“, schrie, nein brüllte er wie von Sinnen in den Funk.

„Ich habe den ganzen Frust einfach rausgelassen“, erklärte der 24-Jährige nach dem Rennen schon deutlich abgekühlter.

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Kurz nach dem Stopp war Tatsache, was er zuvor nur befürchtet hatte. Red Bull konterte geistesgegenwärtig, fertigte die Bullen im Doppelpack ab und siehe da: Perez und Verstappen kamen vor Leclerc zurück auf die enge Strecke. Von da an hechelte er hinterher, Überholen auf den engen Straßen beinahe unmöglich. Leclerc beendete das Rennen auf einem enttäuschenden vierten Rang. Und das nach dem Start von der Pole, die eigentlich die halbe Miete zum Sieg in Monaco ist.

Leclerc sprach von einem „Freak-Desaster“. „Wir hatten die Performance, wir hatten alles“, sagte er bitter enttäuscht und ging auf die Boxen-Ansage in Runde 22 ein. „Ich verstehe nicht wirklich die Ansage und ich brauche Erklärungen, ich konnte nicht viel machen. Die Ansage kam genau vor der letzten Kurve, also konnte ich nicht reagieren oder nach mehr Infos fragen, aber es war ganz klar die falsche Entscheidung.“

Deutliche Kritik an den Strategen der Scuderia. In einem weiteren Interview betonte Leclerc allerdings, dass er sein Team liebe und er sicher sei, „dass wir stärker zurückkommen“.

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Zum ersten Mal angekommen

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Immerhin, so könnte man einwenden, hat Leclerc wenigstens einmal ein Rennen in seinen heimischen Straßen ins Ziel gebracht. Ein Novum. Weder in der Formel 2 noch in der Formel 1 war ihm das bisher gelungen. Kurzer Rückblick: 2018 gab es das Aus im Alfa Romeo nach dem Crash mit Brendon Hartley, 2019 ein früher K.o. nach Reifen-Panne, 2020 Corona-Pause, 2021 war schon nach der Formationsrunde Schluss, sein Renner vom Pole-Crash zuvor noch beschädigt.

Allein die erste heile Ankunft im Monaco-Ziel wird ihn aber nicht trösten. Denn nicht nur der weggeworfene Sieg ist bitter, sondern auch, dass WM-Rivale Verstappen, der im Fürstentum alles andere als in Top-Form war, die WM-Führung auf nun neun Zähler ausgebaut hat. „Das hätten wir am Samstag noch nicht gedacht“, sagte Verstappen schelmisch. Am Vortag hatte sich der Weltmeister noch Regen gewünscht und von einem Regentanz gesprochen – er wurde erhört.

Für Leclerc aber wird der Heim-Flaute zur Tradition, er nimmt es schon fast mit Humor. "Das ist hart, die Jahre vorher war es auch schon hart, ich gewöhne mich langsam an Enttäuschungen bei meinem Heimrennen.“