Tödlicher Flixbus-Unfall auf A9
Passagierin über Horror-Fahrt: „Ärger, Stress und rücksichtsloses Fahren“

„Sie haben sich hörbar im Cockpit gestritten. Die ganze Zeit!“
Nach dem tödlichen Flixbus-Unfall mit vier Toten auf der A9 bei Leipzig macht eine Überlebende (28) den beiden Fahrern schwere Vorwürfe. Sie spricht von aggressiven Spurwechseln und rücksichtslosem Verhalten.
Streit wegen zu später Abfahrt?
Das Gefühl zu Beginn der Reise einer jungen Studentin soll schon ein ungutes gewesen sein. Bereits bei Fahrtantritt haben ihrer Aussage nach die beiden Fahrer gestritten, weil einer von ihnen spät dran gewesen sei, erzählt sie der Hessisch-Niedersächsischen Allgemeine (HNA). Der Streit sei während der Fahrt fortgesetzt worden, was sich ihrer Meinung nach auf die Fahrweise ausgewirkt habe. „Sie haben sich von da an hörbar im Cockpit gestritten. Die ganze Zeit. Bis zum Unfall.“ Die Fahrweise sei so rücksichtslos gewesen, dass mehrere LKW den Bus anhupen, behauptet die 28-Jährige. Der Fahrer habe andere Verkehrsteilnehmer sogar geschnitten, gibt sie weiter an.
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„Sein Ärger und seine Emotionen haben seinen Fahrstil beeinflusst. Und es braucht nicht viel für einen Unfall, vor allem in einem Doppeldecker. Aggressionen beeinflussen, wie gut man Dinge kontrolliert“, so die Insassin zur HNA. 53 Menschen waren an Bord des Busses, als dieser von der Fahrbahn abkommt. Er landet auf der Seite in einer Böschung. Im Innern des Busses: blankes Chaos, wie die Insassin schildert.
„Das Mädchen neben mir ist gestorben, sie hat beim Unfall geschlafen. Ein Mann hatte sich offenbar die Schulter ausgekugelt und schrie wie am Spieß, ein anderes Mädchen war im Gesicht blutüberströmt“, schildert die Passagierin in HNA.
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Im Video: Fahrer nicht unter Toten des Flixbus-Unglücks
Ermittlungen gegen Busfahrer (62) eingeleitet
Um sich aus dem Wrack zu befreien, habe sie über andere Menschen und Sitze steigen müssen, bis sie den Bus durch die Heckscheibe verlassen kann. Die Stimmung am Unfallort sei dramatisch gewesen. Einige Mädchen hätten nach dem Unfall „stundenlang geweint“, sagt die 28-Jährige. Noch heute verfolgen sie die Bilder: „Ich habe Flashbacks vom Unfall. In einem Linienbus habe ich mich an die Wand geklammert. Und anderen dürfte es noch bedeutend schlechter gehen.“
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Flixbus gibt an, den Vorfall aufarbeiten zu wollen: „Wir arbeiten selbstverständlich weiterhin eng mit den örtlichen Behörden zusammen und werden alles daransetzen, die Unfallursache schnell und lückenlos aufzuklären. Die genauen Umstände des Unfalls sind aktuell noch nicht bekannt“, schreibt das Unternehmen. Flixbus wolle der Mitteilung nach allen Passagieren Unterstützung leisten, auch den unverletzten.
Gegen den Busfahrer selbst ermittelt nun die Staatsanwaltschaft. Dem 62-Jährigen werden fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung vorgeworfen. Die genaue Unfallursache wird noch untersucht, doch für die Passagierin ist eines schon heute ganz klar: „Ich werde nie wieder in einen Flixbus steigen.“ (xes)