Übervolle Züge
Droht bei der Bahn der Sommerferien-Kollaps?

Mit dem Deutschlandticket droht der Sommer-Bahnkollaps!
Das befürchtet zumindest der Fahrgastverband. Gerade auf den Strecken in die Berge oder ans Meer könnten die Züge überfüllt sein. Und eine Entlastung könne es so kurzfristig nicht geben.
Fahrgastverband: Kurzfristige Abhilfe durch mehr Züge nicht möglich
In diesen Sommerferien wird uns das Deutschlandticket erstmals begleiten. Unbegrenzt reisen für nur 49 Euro monatlich – mit dieser Zeitkarte könnten die Züge in der Urlaubszeit noch voller werden. Das zumindest erwartet der Fahrgastverband Pro Bahn. Besonders betroffen: beliebte Urlaubsziele. „Schon heute sind viele dieser Züge voll bis übervoll“, sagte der Ehrenvorsitzende von Pro Bahn, Karl-Peter Naumann, der Funke Mediengruppe.
Die Lösung: mehr Züge. Das sei dringend notwendig. Allerdings hält er das auf den beliebten Strecken für nicht möglich. „Die Bahn kann ihre Verbindungen nicht ausbauen, da es sowohl an Waggons und Personal fehlt, zudem würden die Bahnsteige für längere Züge nicht ausreichen.“
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Zwei Monate 49-Euro-Ticket
Inzwischen gibt es das Deutschlandticket seit zwei Monate. Die Bilanz des Pro-Bahn-Ehrenvorsitzenden ist gemischt. „Vor allem frühere Abonnenten und regelmäßige Bahnfahrgäste sind auf das 49-Euro-Ticket umgestiegen und fahren damit nun meistens günstiger.“
Doch das Ticket habe „nicht zu einer großen Verkehrsverlagerung vom Auto auf die Schiene geführt“, bilanziert er. Das Problem: Es mangele an einem ausreichenden Angebot außerhalb größerer Städte und in ländlichen Gebieten. „Das Streckennetz ist dort oft ungenügend, zudem fahren Bus und Bahnen zu selten und nur in großen Zeitabständen.“ Daher müsse seiner Meinung nach das Angebot ausgebaut werden.
Bilanz: Bis zu elf Millionen Ticket-Abos bislang verkauft
Gut sieben Wochen nach dem Start seien bis zu elf Millionen Ticket-Abos verkauft worden, wie der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen, kurz VDV, am Mittwoch auf seiner Jahrestagung in Leipzig mitteilte. Nach aktuellem Stand haben im Juni etwa 9,6 Millionen Fahrgäste das Deutschland-Ticket genutzt, im Mai waren es etwa 9 Millionen.
Für die kommenden Jahre sei eine verlässliche Zusage der Politik zur weiteren Finanzierung vonnöten, alleine für den Ausbau des ÖPNV bis 2030 etwa 48 Milliarden Euro, sagte VDV-Präsident Ingo Wortmann. „Sonst kann die Branche ihren Anteil zur Klimawende nicht leisten.“
Knapp die Hälfte der Ticket-Abos (46 Prozent) haben laut VDV Fahrgäste abonniert, die bereits Stammkunden waren. Darüber hinaus gibt es rund 44 Prozent Neuabonnentinnen und -abonnenten, die in der Vergangenheit den ÖPNV bereits hin und wieder oder regelmäßiger genutzt haben.
Die Quote an Neukundinnen und Neukunden, die bisher so gut wie nie Bus und Bahn gefahren sind, ist leicht gestiegen und liegt aktuell bei rund acht Prozent. Den Ticketpreis in Höhe von 49 Euro empfinden elf Prozent der Nichtkäufer als zu teuer, sechs Prozent gaben an, dass sie sich den Preis nicht leisten könnten.
Neumann: Das Angebot muss ausgebaut werden, Preissenkung reicht nicht
Außerdem sieht Naumann die unterschiedlichen Regelungen der Bundesländer bei den Zusatzkosten für Fahrräder, Zusatztickets für die erste Klasse oder Vergünstigungen für Studenten kritisch. Es brauche eine einheitliche bundesweite Regelung, sagte Naumann. Außerdem hätten die Verkehrsunternehmen es versäumt, das Ticketsystem zu digitalisieren. "Immer noch gibt es Tickets sowohl digital als auch auf Papier. Hier wurde die digitale Transformation versäumt", kritisierte er. (dpa/mtr)