Ärztin klärt aufExtreme Regelblutung? Dahinter kann eine Gerinnungsstörung stecken

Woman with menstrual pain
Hämophilie kann sich bei Menstruierenden auch auf die Periode auswirken.
bymuratdeniz, iStockphoto

Wenn Frauen während der Periode stark bluten, vermuten sie meist keine konkrete Ursache dahinter. Dabei kann sogar eine Blutgerinnungsstörung vorliegen. Bleibt diese unerkannt, kann das bei Frauen spätestens bei einer Geburt zur Gefahr werden. Das Problem: Selbst Mediziner bringen starke Regelblutungen meist nicht mit einer Gerinnungsstörung in Verbindung. „Hausärzte und Gynäkologen nehmen Frauen oft nicht ernst", sagt auch Dr. med. Susan Halimeh. Die Fachärztin für Transfusionsmedizin, Hämostaseologie sowie Kinder- und Jugendmedizin am Gerinnungszentrum Rhein-Ruhr in Duisburg erklärt im Gespräch mit RTL, anhand welcher Anzeichen Frauen und Mädchen erkennen, dass hinter ihrer starken Regelblutung möglicherweise mehr steckt.

Warum Frauen Blutgerinnungsstörung oft erst spät bemerken

Männer leiden aufgrund der Vererbungsweise von Hämophilien (Bluterkrankheiten) häufiger an starken Blutgerinnungsstörungen, während Frauen meist von einer milderen Form – einer sogenannten Blutungsneigung – betroffen sind, erklärt Dr. Halimeh. Eine Blutungsneigung trete dann auf, wenn bestimmte Gerinnungsfaktoren nicht vollständig vorhanden seien. Denn Gerinnungsfaktoren lassen Blutkörperchen aneinanderkleben – fehlen sie, wird eine Blutung nicht oder erst später gestoppt.

Bei milden Gerinnungsstörungen müsse erst etwas Größeres passieren – wie eben die erste Periode oder eine Mandel-OP – bis Frauen auffalle, dass mehr bluten als normal, erklärt die Expertin. Am häufigsten handele es sich bei Frauen um eine bestimmte Art der Gerinnungsstörung, das Von-Willebrand-Syndrom (vWS).

Repräsentative Zahlen aus Deutschland dazu, wie viele Frauen tatsächlich von einer Gerinnungsstörung betroffen sind, gebe es jedoch nicht, so die Spezialistin. "Weil es eben ein Tabuthema ist, kommt keiner mal auf die Idee, zu fragen: ‘Wie sieht denn das aus bei den jungen Mädels – haben die eine starke Blutung, ja oder nein?’"

Neben starker Regelblutung: Bei diesen Anzeichen sollten Frauen hellhörig werden

Eine milde Blutungsstörung sei für Betroffene nicht immer leicht erkennbar, da die Symptome eher unspezifisch seien, so Dr. Halimeh. Hellhörig sollten Menstruierende mit starker Regelblutung daher bei folgenden zusätzlichen Symptomen werden:

  • immer wiederkehrendes Nasenbluten

  • Zahnfleischbluten und Parodontitis

  • vermehrte blaue Flecke, ohne sich zu erinnern, wann man sich gestoßen haben könnte

  • verstärkte oder immer wiederkehrende Blutungen bei bzw. nach Operationen oder einer Geburt

  • stärkere Regelblutungen in den Wechseljahren

"Man muss nicht alle Symptome zusammen haben. Es ist auch möglich, dass man früher häufiger Nasenbluten hatte und heute nicht mehr. Oder als junges Mädchen eine starke Regelblutung hatte und in den Wechseljahren nicht mehr“, so die Fachärztin. „Deswegen sage ich immer: Es reicht im Grunde schon ein Symptom aus, um zumindest darüber nachzudenken, dass eine Gerinnungsstörung da sein kann." Zur Abklärung empfiehlt die Spezialistin den Weg zum Hausarzt, Gynäkologen oder direkt ins Gerinnungszentrum.

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Risiken während Schwangerschaft und Geburt

Pregnant woman with hand on belly.
Während einer Geburt kann selbst eine milde Gerinnungsstörung für die werdende Mutter schon gefährlich werden.
Nid Goloti, iStockphoto

Bei Frauen mit Von-Willebrand-Syndrom oder anderen Gerinnungsstörungen können sich während der Schwangerschaft Plazentahämatome bilden.“Das sind blaue Flecke, die sich im Mutterkuchen lokalisieren können“, erklärt Dr. Halimeh. „Werden diese zu groß, kann es zu einer geringeren Sauerstoffversorgung des Kindes kommen. Es kann auch zu Fehlgeburten kommen.“

Zudem könnten vor, während oder sogar Tage nach der Geburt verstärkten Blutungen auftreten, die zum Teil lebensbedrohlich enden. „Man darf dabei nicht vergessen, dass schwere Blutungen zu den häufigsten Gründen für Müttersterblichkeit zählen“, mahnt die Transfusionsmedizinerin.

Starke Periode durch Blutgerinnungsstörung - wie geht es weiter?

Steht die Diagnose Blutgerinnungsstörung fest, untersucht Dr. Halimeh, welche weiteren Faktoren die Regelblutung verstärken könnten. "Ich untersuche grundsätzlich zu der Gerinnungsdiagnostik auch noch die Schilddrüse. Auch eine Schilddrüsenunter- oder -überfunktion kann zu einer verstärkten Blutung führen“, so die Medizinerin.

Zur Linderung der Symptome einer starken Regelblutung empfiehlt die Fachärztin ihren Patientinnen unter anderem Mönchspfeffer. Das pflanzliche Mittel habe eine hormonelle Wirkung, „ähnlich wie Östrogene“, erklärt die Fachärztin, die jedoch noch nicht abschließend untersucht sei. „Es gibt sehr viele Gynäkologen, die Mönchspfeffer heute gerne einsetzen, um Frauen beim Schwangerwerden zu unterstützen“, sagt Dr. Halimeh, denn das Mittel könne helfen, den Zyklus zu stabilisieren. „Und es reduziert die Menge der Blutung während der Menstruation.“ Zusätzlich könnten auch Gerinnungsstabilisierende Medikamente wie Cyklokapron zum Einsatz kommen.

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Auch diese Erkrankungen können hinter starken Perioden stecken

Extreme Regelblutungen, auch Hypermenorrhoe genannt, können neben Gerinnungsstörungen noch viele weitere Ursachen haben. Auch Myome, gutartige Geschwulste im Muskelgewebe der Gebärmutter, können sie hervorrufen. Polypen, eine Gebärmutterentzündung oder eine Eileiterentzündungen können ebenfalls die Ursache sein. Auch Hormonstörungen oder Gebärmutterkrebs sind nicht auszuschließen. Daher sollten Betroffene in jedem Fall einen Gynäkologe aufsuchen, um den Grund für die Hypermenorrhoe abzuklären. (dhe)