Celine Nadolny„Zu viel Grinsen, zu viele Floskeln“: Ex-Vize-Miss-Germany übt scharfe Kritik am Wettbewerb

Schönheit war gestern, Engagement ist angesagt!
Bei der Miss-Germany-Wahl wird keine Krone mehr verliehen, sondern der Female Leader Award – eine Auszeichnung für Frauen, die sich im besonderen Maße engagieren. Doch genau dieses Engagement stellt die ehemalige Vize-Miss-Germany Celine Nadolny bei vielen Kandidatinnen infrage – und macht den Veranstaltern Vorwürfe. Was genau sie kritisiert und was die Organisatoren dazu sagen, lest ihr hier.
Celine Nadolny wird 2022 Vize-Miss Germany
2022 nimmt Celine Nadolny an der Miss-Germany-Wahl teil. Als eine von rund 15.000 Teilnehmerinnen setzt sich die junge Unternehmerin schnell durch. „In gewisser Weise wollte ich mich mit meiner Teilnahme auch irgendwie selbst herausfordern - und das ist mir auch gelungen“, sagt sie im Gespräch mit RTL.
Denn mit einem klassischen Schönheitswettbewerb will die Wahl nichts mehr zu tun haben.
Bereits Jahre zuvor war der traditionelle Bademoden-Lauf und sogar die Krone für die Gewinnerin abgeschafft worden. Stattdessen wirbt der Organisator „Miss Germany Studios“ mit anderen Zielen: „Die Miss Germany Studios erzählen die Heldinnen-Geschichten der modernen Frau mit dem Selbstverständnis als non-fiktionales, weibliches Marvel.“
Celine Nadolny spricht das damals an. Die preisgekrönte Finanzbloggerin gehört mittlerweile sogar zu den 30 unter 30 des Forbes-Magazins – einer Auszeichnung für unter 30-Jährige, die in ihrem Fach Außergewöhnliches erreicht haben. „Als bekanntlich eher introvertierte Leseratte, die sich nur allzu gerne hinter ihren Stapeln aus Büchern versteckt, wurde ich so gezwungen, aus mir herauszukommen“, sagt die Sachbuch-Kritikerin heute.
Denn zum Wettbewerb gehören Interviews in Radio und Fernsehen, Vorträge und Auftritte auf großen Bühnen. Sie bewirbt sich, durchläuft das Camp und steht schließlich im großen Finale der Live-Show.
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„Meine hohen Ansprüche wurden nicht erfüllt“
2022 wird sie schließlich Zweite auf der großen Bühne der Miss-Germany-Wahl. Ein toller Erfolg – doch heute hat Celine Nadolny gemischte Gefühle, wenn sie an den Wettbewerb denkt.
„Es waren meine hohen Erwartungen und Ansprüche, die leider an allen Ecken und Enden nicht erfüllt wurden“, sagt die Unternehmerin. Insbesondere mit Bezug auf das neue Konzept. „Ich hatte schlichtweg gedacht, dass man auf dem Weg des Wandels bereits weiter wäre.“
„Zu viel Grinsen, zu viele Floskeln, zu wenig Substanz, zu wenig Sein und zu viel Schein“: So resümiert sie das Verhalten vieler Kandidatinnen in Bezug auf die Ausrichtung des Wettbewerbs und kritisiert gleichzeitig die Haltung der Veranstalter.
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Vermeintliche Expertinnen - aber wer überprüft das Wissen?
Celine kritisiert, dass viele der Bewerberinnen zwar motiviert seien, aber eigentlich bisher nicht viel erreicht hätten. „Viel zu viele haben nur mit Floskeln um sich geworfen und wollten Miss Germany wohl viel mehr als Sprungbrett für sich persönlich nutzen, statt sich für ein bestimmtes Thema zu engagieren“, sagt sie.
Und genau da sieht sie Nachholbedarf bei den Miss Germany Studios. „Da hätte von den Veranstaltern meiner Meinung nach deutlich früher kritisch betrachtet werden müssen, wie nachhaltig und authentisch die ‚Missionen‘ der Kandidatinnen sind und inwieweit deren Handeln auch mit den hohen Wertestandards des Wettbewerbs einhergehen.“
Darauf angesprochen, sagt Geschäftsführer Max Klemmer zu RTL: „Die Aussagen werden überprüft. Von Anfang an kann man jedoch nicht 15.000 Bewerbungen in aller Tiefe prüfen.“ Gleichzeitig räumt er ein: „Im Laufe der Zeit entwickelt sich die Mission auch durch die zahlreichen Workshops, die wir anbieten. […] Wir entwickeln hier Vorbilder von morgen.“ Perfektion sei nicht der Anspruch, viel mehr stehe neben Professionalität das Entwicklungspotenzial der Kandidatinnen im Fokus.
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Ein Problem ist für sie die Zusammensetzung der Jury
Doch in einigen Fällen lasse gerade die Professionalität einiger Teilnehmerinnen zu Wünschen übrig. Konkret bewertet Celine das Engagement im Bereich „Finanzen, Aktien und Börse“ und kritisiert die fehlende Einschätzung des Veranstalters. „Ich kann mir als Wettbewerb nicht auf die Fahne schreiben, dass es um ‚eine Auszeichnung für Frauen (geht), die Verantwortung übernehmen‘ und dann Personen eine Bühne bieten, die mehr als fragwürdige Finanzprodukte empfehlen, in zu Recht häufig kritisierten Strukturvertrieben tätig sind oder sich als Krypto-Expertinnen für Shit-Coins online inszenieren“, macht sie Finanz-Unternehmerin deutlich.
Ein Problem sieht sie dabei in der Zusammensetzung der Jury. In diesem Jahr saß dort unter anderem Influencer und Ex-Dschungelcamper Twenty4Tim oder Ex-Prince Charming Nicolas Puschmann. Max Klemmer sagt zu der Kompetenz der Jury: „Hier arbeiten wir gerade an einer Revolution des Systems.“ Bislang sei es so gewesen, dass vor allem die Wertung der Jury beim großen Live-Finale im Europapark gezählt habe. Aber das soll sich langfristig ändern.
Denn die Veranstalter scheinen das inhaltliche Problem erkannt zu haben. Man „kann sich im ersten Treffen immer gut verkaufen, aber eine Fassade kann man meist nicht über Monate halten“, sagt der Miss Germany-Chef.
Seit diesem Jahr begleiten daher Coaches aus verschiedenen Bereichen die Teilnehmerinnen über die gesamte Vorbereitungszeit. „Dazu gibt es auch Speakery Workshops, die darauf eingehen, wer ich bin, wo ich hin will, welches Fachwissen ich habe“, erklärt Max Klemmerer auf Nachfrage. Zu den Experten zählen „Business Coaches, Mental-Coaches [...] oder eben Finanz-Expertinnen“. Die Vorauswahl der Kandidatinnen soll also genauer sein.
Trotz aller Kritik: Zweite Chance für die Miss-Germany-Wahl?
Würde Celine Nadolny trotz ihrer Kritik noch einmal an dem Wettbewerb teilnehmen?
„Höchstwahrscheinlich würde ich mit meinem heutigen Wissen über den Contest noch einmal teilnehmen“, sagt die erfolgreiche Bloggerin. Denn das Team rund um die Wahl sei „warmherzig“ im Umgang mit den Kandidatinnen – und weil sie Potenzial im Contest sieht.
Denn sie habe die Verbesserung des Wettbewerbs im Blick. „Vor allem aus einer Intention heraus: um von innen heraus dabei zu helfen, ihm den Stellenwert zu geben, den er mit dem veränderten Konzept eigentlich verdient hätte.“