Wenn Träume wahr werden

Europa-League-Sensation: Alleine für diesen Auftritt hat Eintracht den Titel verdient

BARCELONA, SPAIN - APRIL 14: Filip Kostic (Frankfurt) celebrates the UEFA Europa League quarter Final Second Leg football match between FC Barcelona and Eintracht Frankfurt at the Camp Nou stadium in Barcelona on April 14, 2022. Adria Puig / Anadolu Agency
Filip Kostic feiert im Camp Nou.
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Frankfurt ist die geilste Sau der Welt. Klingt komisch. Ist aber so. Zumindest in der Europa League. Mannschaft und Fans bescheren sich in Barcelona eine weitere magische Fußball-Nacht. Eine, die kein Anhänger so schnell vergessen wird. Ein Erfolg für die Ewigkeit.

Eintracht und Europa - das passt

Eintracht Frankfurt und Europa. Das passt einfach wie Äppelwoi und Handkäs‘.

Für ihre Auftritte im Europapokal hat der Club schon seit Jahren einen eigenen Hashtag. #SGEuropa heißt er und wer an Spieltagen danach sucht, findet Belege dafür, dass Fußball eben weit mehr sein kann als 90 Minuten Fußballgucken. Spiel für Spiel machen die Eintracht-Anhänger zum Fan-Fest. Mit brutalen Gesang-Spektakel, Choreos und imposanten Auswärtsreisen.

Auch rund um das Spiel beim FC Barcelona zeigte sich die Fan-Euphorie - wieder bild- und lautstark. Bis zu 30.00 Fans nahmen den Weg ans Mittelmeer auf sich, auf allen erdenklichen Wegen. Dabei hatte es offiziell nur 5.000 Karten für die Gäste gegeben. Aber die hessischen Fans sind eben „die kreativsten“, wie es Vorstandsmitglied Axel Hellmann treffend ausdrückte. Auch hier: Auf allen Wegen fanden die Fans die Tickets. Plötzlich waren 20.000 im Camp Nou. Die wohl größte Auswärtswand der Welt.

Die Eintracht-Sensation im Video

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Barcelona in Frankfurter Hand

Zuvor hatte Frankfurt schon die Innenstadt Barcelonas übernommen. Selbst Präsident Peter Fischer ließ es sich nicht nehmen, sich vor Anpfiff mit dem Anhang warm zu feiern und die Stimmbänder zu ölen .„Peter gibt einen aus“, schallte es durch Barcelona. In einem nicht enden wollenden Marsch zogen die Zehntausenden Eintracht-Anhänger dann zum Stadion. Und da ging es erst so richtig los. Und wichtig: Bei allem was man hört, blieb es friedlich.

Dass Barca-Keeper Marc-André ter Stegen im eigenen Stadion derart ausgepfiffen wird, als er einlief, dürfte er auch noch nicht erlebt haben. Selbst gegen Erzrivalen Real Madrid nicht. Eintracht-Torwart Kevin Trapp schwärmte: "Ich kam raus zum Warmmachen – ich dachte, ich bin in Frankfurt. Es war unfassbar und wirklich richtig laut. Das ist sehr außergewöhnlich."

Die mehr oder weniger 20.000 Frankfurt-Fans im Camp Nou erzeugten hessische Heimspielatmosphäre. Das Camp Nou - ein Tollhaus. Der überragende Support brachte die Barca-Fans und Verantwortlichen auf die Palme. Die Barcelona-Anhänger boykottierten zehn Minuten lang die Partie. Präsident Joan Laporta tobte nach Schlusspfiff und kündigte ein Nachspiel an. „Ich bin besorgt, denn das, was passiert ist, war eine Schande, die sich nicht wiederholen darf", sagte er.

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Gänsehaut pur: Eintracht jubelt mit ganzem Stadion

Party-Befehl vom Präsidenten

Der Eintracht war’s egal. Nach dem Abpfiff und dem 3:2 samt Halbfinal-Einzug folgte die Euphorie-Explosion. Eine gefühlte Ewigkeit feierte das Team vor der Gäste-Tribüne. Coach Glasner rutschte einmal über den Rasen, zerstörte dabei seine Hose, was ihm aber freilich „egal“ war.

Präsi Fischer gab derweil den Party-Befehl und Eintracht feierte nach dem furiose Viertelfinale ein rauschende Nacht. Bankett. Party. Halbfinale.

Und dort soll noch lange nicht Schluss sein. Im Halbfinale wartet nun der Londoner Club West Ham United (18. April). Mit London hat Frankfurt noch eine Rechnung offen. 2019 endete der letzte Ausflug ins Halbfinale beim FC Chelsea im Elfmeterschießen. "Ich erwarte da eine Adler-Invasion - und dann geht es stramm darum, ins Finale einzuziehen", sagte Vorstandssprecher Hellmann.

Was 'ne Gaudi! Glasner rutscht durchs Camp Nou

Dieser Abend bringt Fünkchen Hoffnung

Das Endspiel in Sevilla steigt am 18. Mai. Frankfurt-Fans sollten sich schon mal freinehmen. Den Titel hat die Eintracht schon alleine für dieses Fußball-Spektakel gegen Barcelona verdient. Frankfurt hat den Pokal wie schon 2019, als es ebenfalls bis ins Halbfinale ging, komplett angenommen.

Fans und Team bilden eine Symbiose. Die weiße Wand kommt nicht von ungefähr. Von wegen „Cup der Verlierer“, wie Franz Beckenbauer den Vorläufer-Pokal Uefa Cup einst schimpfte. „Cup der Träume“ müsste es bei der Eintracht heißen.

Nach all der Corona-Misere, der lange Zwangspause auf den Rängen, Diskussionen um die Exzesse des Profifußballs geben solche Abende Fans etwas, ja vielleicht einen Fünkchen Hoffnung zurück, was Fußball eben auch erzeugen kann. Neben all den unschönen Auswüchsen eben auch das: Fußball-Überraschungen, Cinderella Storys, Auswärtszauber und magische Europa-Nächte für die Ewigkeit sind weiter möglich.

Mehr als ein Club

Und es zeigt eben auch dies: Träume können wahr werden. Können belohnt werden. Vorher war viel von „Jahrhundertspiel“ die Rede. An den Glauben, die Sensation einzutüten („Wir fahren da hin und schlagen die“). Sicher von einigen belächelt. Aber Eintracht und die Fans meinten es genau so. Die Belohnung gab es am Donnerstagabend.

Die positive Energie von den Rängen beflügelte die Eintracht in Barcelona. Die Adler fliegen ins Halbfinale.

„Més que un club” lautet das Motto des FC Barcelona. Mehr als ein Club. An diesem Abend galt er indes für Eintracht Frankfurt und seine Fans. (msc)