EU schnürt Milliarden-Hilfspaket für Ukraine
Die Europäische Union bietet der Ukraine Finanzhilfen in Höhe von insgesamt elf Milliarden Euro in den kommenden Jahren an. "Wir wollen helfen, die wirtschaftliche und finanzielle Lage der Ukraine zu stabilisieren", sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso in Brüssel. Das von russischen Energielieferungen abhängige Land steht nach eigenen Angaben vor der Pleite. Unterdessen läuft die Krisen-Diplomatie auf Hochtouren.

Die wichtigsten Bestandteile des Hilfsangebots sind drei Milliarden Euro aus dem EU-Budget - davon 1,4 Milliarden Zuschüsse und 1,6 Milliarden Euro Kredite als Zahlungsbilanzhilfe. Hinzukommen sollen von der Europäischen Investitionsbank im Zeitraum zwischen 2014 und 2016 rund drei Milliarden Euro Kredite. Außerdem rechnet die Kommission mit Hilfen der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung in Höhe von fünf Milliarden Euro. "Dies ist das erste Mal seit vielen Jahren, dass wir in Europa wieder eine wirkliche Gefahr für die Stabilität und sogar für den Frieden spüren", sagte Barroso.
Erstmals seit der Eskalation der Lage auf der Krim sind Russlands Außenminister Sergej Lawrow und sein US-Kollege John Kerry in Paris zusammengetroffen. Offizieller Anlass ist ein Treffen der Unterstützergruppe für den Libanon in Paris. An den Gesprächen beteiligen sich auch die Außenminister Frank-Walter Steinmeier (Deutschland/SPD), William Hague (Großbritannien) und Laurent Fabius (Frankreich). Sie sollen die geforderte Kontaktgruppe zur Lösung des Konfliktes bilden. Unsicher ist, ob auch der ukrainische Außenminister Andrej Deschtschiza dabei sein wird. Ein erster Versuch, ihn und Lawrow an einen Tisch zu bringen, war zuvor in Madrid gescheitert.
"Die Menschen auf der Krim hoffen natürlich, dass es keinen Krieg gibt. Und es gibt so etwas wie ein ganz leichtes Aufatmen", berichtet RTL-Reporter Dirk Emmerich aus Sewastopol. "Putin hat gestern erklärt, ein großangelegtes militärisches Eingreifen in der Ukraine steht erst einmal nicht bevor. Hier auf der Krim ist das anders, hier hat die Intervention ja eigentlich schon stattgefunden – auf dem Parlament weht seit einer Woche die russische Fahne."
Internationale Beobachter sollen nun Klarheit über den umstrittenen Militäreinsatz Kreml-treuer Truppen auf der ukrainischen Halbinsel im Schwarzen Meer schaffen. An der unbewaffneten militärischen Mission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) beteiligen sich auch zwei Bundeswehrsoldaten. Die unbewaffneten Militärbeobachter seien zusammen mit ihren Kollegen aus anderen Ländern auf dem Weg in die Ukraine, teilte das Verteidigungsministerium mit. Bis zum kommenden Mittwoch sollen sie dort militärische Aktivitäten Russlands beobachten. Ob die Gruppe Zugang zur Krim bekommt, ist nach wie vor unklar.
Ukrainischer Grenzschutz errichtet Kontrollpunkte zur Krim
Unterdessen haben ukrainische Einheiten nach eigenen Angaben Kontrollpunkte an den Zufahrtsstraßen zur Halbinsel eingerichtet. Die Führung in Kiew wolle das Eindringen von Provokateuren verhindern, die der prorussischen Führung der Autonomen Halbinsel zu Hilfe kommen, sagte der Vize-Chef des Grenzdienstes der Ex-Sowjetrepublik, Pawel Schischolin. Auch die Kontrollen an der Landesgrenze mit Russland seien verstärkt worden. Rund 500 "Extremisten" sei dort bereits allein in den vergangenen 24 Stunden die Einreise verweigert worden.
"Die große Gefahr ist im Augenblick, dass die Emotionen zwischen den Volksgruppen hier weiter aufkochen", schildert RTL-Reporter Emmerich von der Krim. "Plötzlich spielt es eine Rolle ob man Russe ist, Ukrainer ist, oder womöglich irgendwann aus der West-Ukraine hierher eingereist ist. Es gibt hitzige Diskussionen unter den Menschen – ein Funken könnte genügen, das hier weiter eskalieren zu lassen. Die Kriegsgefahr ist noch lange nicht gebannt."
Kerry forderte nach politischen Gesprächen in Kiew, Moskau müsse seine Truppen zurück in die Kasernen rufen. Sonst würden die USA und ihre Partner Russland "politisch, diplomatisch und wirtschaftlich isolieren". Die Staats- und Regierungschefs der 28 EU-Staaten könnten schon morgen Sanktionen beschließen. Infrage kommt etwa, Gespräche mit Moskau über Visa-Erleichterungen auszusetzen oder gar Einreiseverbote zu verhängen sowie Bankkonten einzufrieren.
Die USA beschuldigen den Kreml, in den vergangenen Tagen mit Tausenden Soldaten, die aus Kalkül keine Abzeichen tragen, die überwiegend von Russen bewohnte Halbinsel besetzt zu haben. Wie Präsident Putin bestritt dies nun auch Außenminister Lawrow: Russland könne die bewaffneten "Selbstverteidigungs-Gruppen" auf der Krim nicht zurückkommandieren, denn es sei kein russisches Militär. Das Personal der russischen Schwarzmeerflotte halte sich in den Stützpunkten auf.