Dem Kieler Landgericht muss er Rede und Antwort stehen

Erst soll er ein Kind entführt, dann auf einen Nebenbuhler geschossen haben: 45-Jähriger vor Gericht

Frank Molter
Hier im Kieler Landgericht muss sich der 45-Jährige seit Montag für seine Taten verantworten.
deutsche presse agentur

Versuchter Totschlag, Freiheitsberaubung, Geiselnahme und Körperverletzung: Die Liste der Anklage ist lang und könnte für einen 45-Jährigen eine lange Haftstrafe bedeuten. Der Prozess hat am Montag vor dem Landgericht Kiel begonnen.

Neuen Partner seiner Frau treffen Schüsse in Hand, Oberschenkel und Hüfte

War es Eifersucht, fehlende Akzeptanz oder ein anderes Motiv? Im September vergangenen Jahres soll ein Mann in Kiel die Wohnung seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau aufgesucht haben. Vor Ort trifft er den neuen Lebenspartner seiner Frau. Als der ihm nicht die Wohnungstür öffnen möchte, eskaliert die Situation. Laut Anklage soll der heute 45-Jährige eine Waffe gezogen, auf den Kopf seines Nebenbuhlers gezielt und abgedrückt haben. Der neue Partner der Ehefrau schafft es noch, die Waffe wegzudrücken, doch seine Hand wird durchschossen. Es fallen vier weitere Schüsse und verletzen den Mann am Oberschenkel und an der Hüfte. Nach Angaben eines Gerichtssprechers flüchtete der Angeklagte danach. Seit Anfang März 2022 sitzt er in Untersuchungshaft. Gerichtssprecher Markus Richter erklärt im Gespräch mit RTL: „Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten vor, im September des letzten Jahres, den neuen Freund seiner damals getrennt lebenden Ehefrau angeschossen zu haben. Und zwar in Tötungsabsicht.“ Der Verteidiger des Angeklagten sagte jedoch zum Prozessauftakt, dass der 45-Jährige keine Tötungsabsicht gehabt habe. Er habe dem neuen Lebensgefährten seiner Frau nur eine Lehre, einen Denkzettel erteilen wollen und „gezielt auf den Körper geschossen“. Im RTL-Interview betont Verteidiger Axel Höper: „Ich gehe davon aus, dass am Ende eine gefährliche Körperverletzung dabei raus kommt und kein versuchter Totschlag. Weil zum einen hat er nicht mit Tötungsvorsatz gehandelt. Und zum anderen ist er strafbefreiend davon zurückgetreten, weil er aufgehört hat zu schießen.“ Der Angeklagte selbst schwieg vor Gericht.

Zuvor soll er den Sohn (7) seiner Frau entführt haben

Doch die Schüsse sind nicht die einzige Tat, die dem Angeklagten vorgeworfen wird. Nur drei Monate zuvor soll der 45-Jährige den damals siebenjährigen Sohn seiner Frau auf offener Straße gepackt und von ihr weggerissen haben, da sie nicht mit ihm sprechen wollte. Laut Anklage soll er mit dem Jungen dann mit dem Auto weggefahren sein und der Mutter gedroht haben ihn „totzumachen“, sollte sie die Polizei informieren. Bevor der Mann das Kind wieder frei ließ, soll er ihn ins Gesicht geschlagen und in den Schwitzkasten genommen haben. Anwältin Kerstin Bartsch vertritt die Frau des Angeklagten, die in dem Prozess als Nebenklägerin auftritt. „Der Fokus ist bei meiner Mandantin“, betont Kerstin Bartsch im RTL-Interview. „Der Fokus, sich an meiner Mandantin dafür zu rächen, dass sie es gewagt hat, sich von ihm zu trennen. Ich bin auch davon überzeugt, dass wir es hier mit einem versuchten Femizid zu tun haben.“ Der 45-Jährige muss sich neben versuchtem Totschlags auch wegen Freiheitsberaubung in Tateinheit mit Entziehung eines Minderjährigen, Körperverletzung sowie Geiselnahme vor dem Kieler Landgericht verantworten. Ein Urteil wird Mitte November erwartet. (dpa/cto/mtu)