Bewaffnete stürmen TV-Studio - jetzt spricht die News-Chefin!

„Ich dachte, ich würde meine Kinder nicht wiedersehen“

09.01.2024, Ecuador, Guayaquil: Streitkräfte sind in der Nähe des Fernsehsenders TC im Einsatz, nachdem Bewaffnete während einer Live-Übertragung in die Räumlichkeiten des Fernsehsenders eingedrungen sind. Menschen gerieten in der Stadt in Panik. Foto: Stringer/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Streitkräfte nähern sich dem Fernsehsenders TC, wo Bewaffnete eine Live-Übertragung stürmten. (dpa)
flm, dpa, Stringer

Jetzt gibt es sogar eine Ausgangssperre!
In Ecuador ist der staatliche Fernsehsender TC von bewaffneten Männern gestürmt worden, während Zuschauer die Live-Übertragung mitverfolgten. Angestellte, darunter die Nachrichtenchefin Alina Manrique, werden als Geiseln genommen und mit Maschinengewehren und Sprengstoff bedroht. Weil ein Drogenboss aus dem Knast getürmt ist, herrscht im ganzen Land der Ausnahmezustand. Jetzt hat Manrique verraten, wie sie um ihr Leben und ihre Kinder bangen musste.

Geiselnehmer spricht direkt in die Fernsehkamera

Eine Gruppe maskierter Männer stürmt während einer Live-Übertragung ein Fernsehstudio in Guayaquil, Ecuador. Journalisten und weitere Angestellte werden mit Waffen und Sprengstoff bedroht. Die Angreifer werfen regelmäßig Objekte, die wie Dynamitstangen und Granaten aussehen, vor die Kamera, und stecken sie den Mitarbeitern des Senders in die Jackentaschen.

Die Live-Übertragung wird zunächst nicht unterbrochen, nur das Licht geht aus. „Wir sind auf Sendung, damit Sie wissen, dass man nicht mit der Mafia spielt“, spricht einer der Angreifer die Zuschauer der Live-Übertragung direkt an. Ein anderer Mann tritt vor laufender Kamera einem Mitarbeiter, der auf dem Boden liegt, gegen den Kopf. Es dauert rund 30 Minuten, bis zu sehen ist, wie die Polizei im Studio eintrifft. In der Zwischenzeit fallen immer wieder Schüsse und es sind Schreie zu hören. Die Angestellten des staatlichen Fernsehsenders bangen um ihr Leben.

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Geiseln schützen sich vor Schüssen

Während die bewaffneten Männer den Mitarbeitern im TV-Studio Schläge versetzen und sie zu Boden zwingen, kann sich ein kleiner Teil der Mitarbeiter in der Buchhaltungsabteilung des Senders im zweiten Stock verschanzen. Oben hören sie immer wieder laute Geräusche, die wie Schüsse klingen.

Alina Manrique, die Nachrichtenchefin des TV-Senders, erklärt nach ihrer Befreiung dass sie gerade im Kontrollraum gegenüber dem TV-Studio gewesen sei, als die Angreifer das Medienhaus stürmen. Sie wird von einem von ihnen angewiesen, sich auf den Boden zu legen, nachdem er eine Waffeaufihren Kopf gerichtet hatte. „Bis dahin dachte ich,es wäre mein letzter Tag auf der Erde und ich würde meine Kinder nicht wiedersehen“, so Manrique. „Dass das Letzte, was meine Kinder von mir sehen würden, eine Leiche mit einem Schuss im Kopf oder ein von Kugeln zerstörter Körper wäre.“ Außerdem versucht die Nachrichtensprecher ihre wichtigsten Organe, wie ihr Herz zu schützen, damit sie im Fall eines Schusses nicht tödlich verletzt werden würde und für ihre Kinder am Leben bleiben könne.

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Gewalt in Ecuador nimmt wegen kriminellen Gangs weiter zu

Während der Geiselnahme halten sich mehrere Mitarbeiter an den Händen und beten. Darunter die Nachrichtensprecherin Manrique. Ihrer Schilderung nach sind zwölf Geiseln vor die Live-Übertragung gezerrt worden. Später äußerte der Leiter der Polizei dass die Handlung als ein Terrorakt angesehen werden sollte. Das Büro der Generalstaatsanwaltschaft und die Polizei teilten mit, dass 13 Geiselnehmer festgenommen werden konnten. Sie sollen wegen Terrorismus angeklagt werden und könnten mit bis zu 13 Jahren Gefängnis rechnen. Laut den Angaben der Behörden ist niemand der Mitarbeitern des Senders zu Schaden gekommen.

Aufgrund ähnlicher Vorfälle in Guayaquil beauftragt der südamerikanische Präsident Daniel Noboa nun Streitkräfte dazu, weiter gegen die Bandengewalt in Ecuador vorzugehen. In einem Gefängnis soll es außerdem zu heftigen Konflikten zwischen Banden gekommen sein, die Wärter als Geiseln genommen haben. Laut der Gefängnisverwaltung ist der Drogenboss einer bekannten Gang geflohen. Die Regierung hat den Ausnahmezustand verhängt. (agö, mit dpa)