Wettbewerb statt Wettkampf

Erfolgserlebnisse und Niederlagen: Was brauchen Kinder wirklich?

von Tim Ellrich und Gunda Möller

Konkurrenzdenken, Leistungsorientierung, Wettkampf – sind das alles Dinge, die man von klein auf im Blut haben muss?
Kommt man ohne Wettkampfgedanken nicht weiter im Leben? Oder sollte man zum Wohl der Kinder auf diesen vermeintlichen Druck gänzlich verzichten? Was Verantwortliche im Sport, dem Schauplatz des Wettkampfs, zum Thema sagen – im Video!

Weniger Kampf gleich mehr Spaß?

Wettbewerb statt Wettkampf – die Reform bei den Bundesjugendspielen zum aktuellen Schuljahr war der Anfang einer Bewegung. Die Maßnahmen sollen Druck nehmen, den Grundschülern wieder mehr Spaß am Sport bringen. Weniger: „Ich bin aber weiter als du gesprungen!“ und mehr: „Komm, lass uns gemeinsam springen üben!“ ist der Grundgedanke der Reform.

Lesetipp: "Beschämung wird abgeschafft": Wettbewerb statt Wettkampf auf den Bundesjugendspielen

DFB zieht mit Reform bei unter 11-Jährigen nach

Ab 2024 führt nun auch der Deutsche Fußballbund flächendeckend neue Spielformen für G-, F- und E-Jugend ein, also für die unter 11-Jährigen. Abgeschafft werden zum Beispiel Tabellen, feste Torhüter und Meisterschaften. Jetzt wird auf vier kleine Tore gespielt, mit kleineren Feldern und kleineren Teams. Die Kids vom TSV Obermelsungen sind überzeugt: "Ich finde es halt gut, dass die Tore so klein sind, da kann man auch besser schießen." "Kinder wollen den Ball, Kinder wollen Tore schießen. Alles andere ist letzten Endes egal“, bestätigt Benjamin Boll, Trainer der E-Jugend beim TSV Obermelsungen.

"Hauptsache Tore schießen!": Benjamin Boll, Trainer der E-Jugend vom TSV Melsungen steht hinter der DFB-Reform.
"Hauptsache Tore schießen!": Benjamin Boll, Trainer der E-Jugend vom TSV Obermelsungen steht hinter der DFB-Reform.
RTL
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DFB-Präsident Aki Watzke: Kinder müssen mit Niederlagen fertig werden!

Kritik an der DFB-Reform gibt es aus den eigenen Reihen. DFB-Präsident Aki Watzke bringt es auf den Punkt: „Wenn wir Angst haben, dass so ein 8 bis 9-Jähriger komplett aus dem Lebensgleichgewicht geworfen wird, weil er mal 5:0 mit seiner Mannschaft verliert, dann sagt das auch viel über die deutsche Gesellschaft aus.“ Kinder müssten lernen, mit Niederlagen umzugehen. Andere Kritiker befürchten, dass wir uns nur noch an den Schwächsten orientieren, Kinder würden verweichlichen. Doch ist diese „alte Schule“ haltbar und lebensnah?

Die fünf- bis zehnjährigen Mädchen des TSV Obermelsungen freuen sich über die neuen DFB-Regeln.
Die fünf- bis zehnjährigen Mädchen des TSV Obermelsungen freuen sich über die kleinen Tore nach den DFB-Regeln.
RTL

Sportwissenschaftlerin: Öffentliches Versagen demotiviert Kinder

Erfolgreiche Kinder können grausam und erfolglose sehr schwach sein, so Sportwissenschaftlerin Prof. Dr. Ina Hunger: "Ein öffentliches Versagen hat eine quälende Langzeitwirkung und führt oft dazu, dass die Heranwachsenden sich vom Sport abwenden. Und das sind vielleicht sogar diejenigen, die aus gesundheitlichen Gründen Sport brauchen“.

Lesetipp: Ja zu den Bundesjugendspielen! JEDES Kind braucht diesen Wettkampf

Ein weiteres Argument FÜR die Reform: Verlieren und gewinnen falle gar nicht weg, so Stefan Kratzsch, Trainer G-Jugend TSV Obermelsungen. „Es wird einfach viel mehr gewonnen und es wird aber auch verloren." Mit kleineren Toren und Spielfeldern sei das DFB-Ziel, mehr Kinder, die besser Fußball spielen, realistisch geworden. Also, können wir uns ja evtl. auf den Weltmeister-Titel 2038 freuen…?!