Hilferuf erreicht die RTL-UrlaubsretterCorona-positiv nach Hause fliegen - der neue Reisetrend?

Auch nach mehr als zwei Jahren, die wir nun schon mit dem Coronavirus leben, wissen wir nicht immer ganz genau, welche Regelungen und Restriktionen aktuell gelten. Besonders schwierig ist es dann, wenn man sich im Ausland befindet und sich mit dem Virus infiziert hat. Muss man nun in Isolation – oder darf man sich frei bewegen? Darf man die Heimreise antreten oder muss man sich um eine Umbuchung kümmern? Fragen über Fragen, zu denen doch irgendwo eine verbindliche Antwort zu finden sein müsste.
Doch das ist gar nicht so leicht, wie auch Anna M. (Name von der Redaktion geändert) am eigenen Leib erfahren musste, als sie plötzlich auf einer Kreuzfahrt positiv auf Corona getestet wurde. Anders als es im Corona-Versprechen der Reederei geschrieben steht, sei nach dem Ende der Kreuzfahrt nicht die „gesamte Organisation“ übernommen worden, sprich „Quarantäneunterkunft an Land“ und„Rückreise nach Hause“. Stattdessen habe Anna M. in einem Schreiben der Reederei mitgeteilt bekommen, sie solle das weitere Vorgehen in Eigenregie oder über eine Versicherung organisieren. Dabei sei die Uber-App empfohlen worden, als eine Möglichkeit, abzureisen und möglicherweise den Flughafen anzusteuern, obwohl sie gerade von der Reederei noch Corona-positiv getestet worden war.
TUI Cruises erklärt später dazu, man habe den Gästen Unterstützung
angeboten, Hotelempfehlungen gegeben. Man habe aber keinem Gast
empfohlen, Corona-positiv zu fliegen.
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Der Flug wurde nicht umgebucht, aber fliegen sollte sie auch nicht?
Aber von Anfang: Die RTL-Urlaubsretter ereilte der Hilferuf eines Vaters. Seine Tochter befand sich auf einer TUI Mein Schiff-Kreuzfahrt von New York auf die Bahamas und wieder zurück. Während dieser Reise wurde Anna M. positiv auf Corona getestet und befand sich anschließend etwa eine Woche lang in Isolation auf dem Schiff. Als die Abreise näher rückte, der Test allerdings weiterhin positiv blieb, erreichte die Erkrankte ein offizielles Schreiben. Darin steht zwar geschrieben, dass „laut Vorgaben der Airlines eine Beförderung mit einer Covid19-Infektion nicht gestattet ist“, doch weiter heißt es: „Trotzdem wird Ihr Fug nicht von TUI Cruises storniert. Eine Umbuchung ist leider nicht möglich und es erfolgt keine Erstattung des Rückflugpreises.“ Ferner wird in dem Schreiben darauf hingewiesen, dass es in den USA zu diesem Zeitpunkt kaum noch Restriktionen in Bezug auf Corona gebe und auch eine Isolation sei nicht zwingend notwendig. Missverständliche Aussagen, die zum einen den Rückflug als nicht erlaubt beschreiben, die der Urlauberin aber andererseits aufzeigen, wie sie den gebuchten Rückflug dennoch wahrnehmen könnte, auch coronapositiv eben.
Und das, obwohl Mein Schiff auf der Website mit einem umfangreichen Sorglos-Paket wirbt, laut dem sich bei einer positiven Testung um alles Notwendige gekümmert würde: „TUI Cruises übernimmt die gesamte Organisation für ggf. notwendige Tests an Bord, Quarantäneunterkunft an Land, Betreuung im Fahrtgebiet (Betreuung vor Ort durch den medizinischen Dienstleister Medcon Team) und Rückreise nach Hause.“
TUI Mein Schiff erklärt dazu, es tue ihnen leid, dass sich die Urlauberin durch sie nicht gut betreut gefühlt habe: „Nach Erhalt hat die Bordreiseleitung telefonisch Kontakt aufgenommen: Hier wurde gefragt, ob sie alles verstanden hätte und noch Unterstützung bei der Organisation der Rückreise benötigen würde. Darüber hinaus wurde an Bord ein Internetkontingent bereitgestellt sowie das Kabinentelefon für Anrufe, die außerhalb des Schiffes getätigt werden, kostenfrei freigeschaltet. Außerdem wurde eine Liste geeigneter Hotels bereitgestellt. Schlussendlich wurde sie von zwei Crewmitgliedern des Gäste Service Teams von Bord begleitet. Hier hätten letzte Fragen beantwortet werden können.“ Wie TUI weiter erklärt, haben sie mit diesem Vorgehen die Beistandspflicht des Reiseveranstalters gemäß § 651q BGB voll erfüllt. Zudem gebe es in den USA derzeit wegen der dort geltenden Regeln keine Notwendigkeit für die Isolation positiv Getesteter mehr. Also gebe es auch keine Quarantänehotels, die zu nutzen seien.
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Eine Empfehlung gibt es, doch ein Verbot? Fehlanzeige!
Nachdem uns dieser außergewöhnliche Hilferuf erreichte, wollten wir herausfinden, woran all das liegen kann und machten uns an die Recherche. Dabei stellte sich heraus: So klare Antworten, wie man eigentlich nach nun mehr zweieinhalb Jahren Corona-Pandemie erwarten würde, gibt es schlichtweg nicht – oder nicht mehr, nachdem zahlreiche Regelungen in den letzten Monaten nach und nach wieder aufgehoben wurden?
So heißt es beispielsweise auf der Website des Bundesgesundheitsministeriums (BMG): „Neben den geltenden Anmelde-, Nachweis- und Quarantäneregeln ist zum Schutz der Bevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland und zur Limitierung des Eintrags und der schnellen Verbreitung gefährlicher Virusvarianten eine Beschränkung der Beförderung von Einreisenden aus den als Virusvariantengebieten eingestuften Staaten in die Bundesrepublik Deutschland geboten.“ Zur Regelung der Einreise aus dem Ausland gibt es also die Einreiseverordnung des Bundesgesundheitsministeriums. Doch die beschränkt derzeit nur Einreisen aus Virusvarianten-Gebieten, die es derzeit jedoch gar nicht gibt. Vielmehr heißt es: „Es besteht kein generelles Einreiseverbot für positiv getestete Personen.“ Es wird also empfohlen, nicht positiv zu fliegen. Doch wo gibt es ein Verbot…? Kann und darf man als positiv getestete Person also ganz grundsätzlich den Heimweg per Flugzeug antreten?
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Unklare Situation auch bei den Airlines
Die Airlines könnten die Beförderung eines an Corona erkrankten Passagiers noch verhindern. Denn bei ihnen gibt es in der Regel dazu einen Abschnitt in den Allgemeinen Beförderungsbestimmungen. Damit verbunden ist normalerweise die Möglichkeit, Passagiere, von denen eine Gefahr für andere ausgehen könnte, die Beförderung zu verweigern. Nach einem generellen „Verbot“ klingt das aber nicht.
Zwar heißt es in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Lufthansa zum Beispiel: „Wir dürfen ferner Ihre Beförderung verweigern, wenn Ihre Beförderung die Sicherheit, die Gesundheit oder in nicht unerheblichem Maße das Wohlbefinden anderer Fluggäste beeinträchtigen kann.“ Dieser Absatz ist aber ja sehr allgemein gehalten. Auf RTL-Nachfrage gibt Lufthansa an, man gehe davon aus, dass zudem das deutsche Infektionsschutzgesetz an Bord gelte, weil es sich bei ihnen ja um deutsche Flugzeuge handele. Doch ist das wirklich so? Darauf wollte sich das Bundesgesundheitsministerium im Gespräch mit uns wiederum nicht festlegen. Denn für Reisende gebe es ja die Einreiseverordnung, die kein generelles Verbot vorsehe. Das Infektionsschutzgesetz sei ja nicht im Ausland wirksam. Sie sind an dieser Stelle verwirrt? Damit sind Sie nicht alleine: Irgendwie klingt das für uns doch nach einer recht unübersichtlichen Rechtslage, die vermutlich erst von Gerichten genauer geklärt werden dürfte – sollte ein solcher Fall denn wirklich einmal vor Gericht landen.
Eigenverantwortung ist wichtiger denn je!
Anna M. blieb letztlich jedenfalls nichts anderes übrig, als den Rückflug trotz noch immer positivem Testergebnis anzutreten: „Sie sagten immer nur: Für sie bleibt der Flug, sie stornieren ihn nicht. Und das heißt ja dann auch indirekt, dass man ja auch mitfliegen muss.“
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Und selbst wenn, wie die Lufthansa angibt, das deutsche Infektionsschutzgesetz an Bord der Maschinen gelte, hätte die Infektion Anna M. offiziell nicht vom Flug abhalten müssen. Denn: An Bord der „Mein Schiff“ hatte die Urlauberin bereits rund eine Woche in Isolation verbracht. Nach fünf Tagen wäre auch nach Infektionsschutzgesetz die verpflichtende Selbstisolation bei weiterhin positivem Testergebnis beendet. Danach ist es nur noch eine Empfehlung, keine Anordnung mehr.
Fliegen oder nicht mit Symptomen? – diese Frage für sich zu beantworten, bleibt für viele Urlauber dennoch eine schwere Entscheidung. Die Kreuzfahrt-Urlauberin erzählt im RTL-Interview: „Man hat einerseits ein schlechtes Gewissen, aber andererseits verdrängt man das
auch, weil man ja nach Hause will.“ Insgesamt habe sie das Gefühl, dass sie möglicherweise nicht die Einzige war, die die trotz Krankheit in einen Flieger gestiegen ist, wie sie weiter erzählt: „Beim Hinflug hätte es jeder haben können, es haben viele Menschen genossen, gehustet. Maske haben die Mitreisenden auch selten getragen.“ Eine Beobachtung, die derzeit auch viele andere Passagiere an Bord machen.
Zunehmend kommt es also auf die Eigenverantwortung der Urlauber selbst an. Vermeiden sie Ansteckung anderer, indem sie erst fliegen, wenn sie nicht mehr ansteckend sind? In der Praxis dürfte das oft die Ausnahme sein, angesichts von Mehrkosten und der späteren Rückkehr nach Hause, die viele abschrecken. Eine Corona-positive Urlauberin auf Teneriffa berichtet uns dazu, sie haben den Verdacht, sich auf dem Weg in den Urlaub bei mitfliegenden Coronakranken angesteckt zu haben. Man hat den Eindruck, dass an Bord doch öfters geschnupft und gehustet wird. Somit sind wir wieder beim Thema: Masken an Bord. Eine FFP2-Maske auf dem Flug zu tragen, könnte nun also zunehmend wichtiger werden – und auch die Eigenverantwortung, wenn Vorschriften trotz vermutlich bald wieder zunehmender Infektionszahlen unübersichtlicher werden.
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