Noch kein Impfstoff für Kinder zugelassen
Ärzte rufen zum Eltern-Impfen auf - "Schutzwall um Kinder aufbauen"
Wie kann man Kinder schützen, solange es noch keine Impfungen für sie gibt? Kinderärzte und der FDP-Familienpolitiker Grigorios Aggelidis fordern eine frühere Corona-Impfung für Eltern. „Wir müssen jetzt rasch einen Schutzwall um Kinder aufbauen, indem wir auch Eltern bevorzugt impfen“, sagt der FDP-Bundestagsabgeordnete. Es geht darum, auch für Kinder Teilhabe an der Gesellschaft zu sichern – und für Schulbesuche nach den Sommerferien schon jetzt Grundlagen zu schaffen.
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Kinderärzte: „Sehr sinnvoll, Eltern vor kinderlosen Erwachsenen im selben Alter zu impfen“
Es werde voraussichtlich noch Monate dauern, bis ein Impfstoff für Kinder zugelassen sei, schätzt der Familienpolitiker Aggelidis. Gleichzeitig erkrankten aber immer mehr jüngere Menschen. „Wir müssen jetzt handeln, um nach den Sommerferien eine Verbesserung für Kinder und Eltern zu erreichen“, forderte Aggelidis.
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Der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), Thomas Fischbach, nannte es „sehr sinnvoll, Eltern vor kinderlosen Erwachsenen im selben Alter zu impfen“. Auch Kinder müssten geschützt werden, damit sie wieder am gesellschaftlichen Leben teilhaben könnten, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Es geht dabei nicht nur um Schule und Kita, sondern auch um alles andere, was zum Leben eines Kindes oder Jugendlichen dazu gehört.“
"Eltern können sich in Sachsen schon impfen lassen"
Unterstützung kommt auch schon vom ersten Bundesland. Dr. Thomas Grünewald, Chef der sächsischen Impfkommission, ist nicht nur Befürworter der FDP-Idee, er hält es nach aktueller Rechtslage in Sachsen auch für absolut rechtens, dass sich Eltern schon jetzt impfen lassen. Das sagte er im Interview mit dem MDR. In den Bestimmungen für die Prio-Gruppe drei stehe nämlich, dass sich auch Menschen impfen lassen können, wenn sie beruflich oder privat Kontakt zu vielen verschiedenen Menschen haben. Und dieses Kriterium sieht er bei Eltern kleinerer Kinder in jedem Fall erfüllt.
Grünewald geht sogar noch einen Schritt weiter. Er empfiehlt Eltern, die in Sachsen wohnen, sogar, dass sie sich bei ihrem Hausarzt melden sollen, um sich auf die Warteliste schreiben zu lassen. Einen speziellen Berechtigungsnachweis brauche es laut Grünewald, den der MDR zitiert, dafür nicht.
Spahn: "Aktuell nicht umsetzbar"
Auch aus epidemiologischer Sicht scheint es sinnvoll, Eltern von kleineren Kindern früh zu impfen, so Prof. Timo Ulrichs im Corona-Talk von RTL und ntv. „Die Eltern sind natürlich eine Gruppe, die in den Blick genommen werden müssen“, so Ulrichs. Dennoch sei es vor allem wichtig, dass der „Infektionsdruck“, also die Infektionszahlen an sich sinken. Denn natürlich gebe es eine Reihe von Gruppen, die zügig geimpft werden sollten, dafür reiche aber aktuell der Impfstoff noch nicht.
Eine ähnliche Position vertritt auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Er sagte, er könne die Forderung des Berufsverbandes von Kinderärzten nachvollziehen, dass Eltern von kleineren Kindern zeitnah geimpft werden sollen. Es sei aber aktuell nicht umsetzbar. Es würden noch ca. acht harte Wochen für Eltern und Kinder und fügte hinzu, dass die Impfreihenfolge nicht willkürlich sei. „Wir haben Menschenleben geschützt. Das ist keine Bürokratie, das ist Schutz von Menschenleben“, sagte Spahn am Mittag in Berlin.
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Aggelidis regte an, Eltern ab Mitte Mai bevorzugt zu Impfungen einzuladen. Bis dahin sei voraussichtlich genügend Impfstoff vorhanden. „Auch Lehrer und Erzieher haben wir wegen ihrer Systemrelevanz bevorzugt geimpft“, sagte er. „Eltern sind noch mehr Bindeglied zwischen Kindern und dem Rest der Gesellschaft und könnten somit eine Schlüsselrolle einnehmen.“
Bisher ist geplant, dass Corona-Impfungen spätestens ab Juni für alle in Deutschland möglich sein sollen. Das bedeutet jedoch nicht, dass alle dann auch bereits einen Termin bekommen. Außerdem hängt der Termin auch davon ab, wie zuverlässig Impfstoffe geliefert werden.
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