Deutschlands erste transsexuelle Personalrätin bei der PolizeiTranssexuelle Polizistin: So reagierte die Behörde auf das Coming-Out

Berlin gilt als weltoffen, locker und tolerant – doch in der Hauptstadt ist sie als bunte Hündin unter Polizisten bekannt: Ria Cybill Geyer (56) führt ein Leben zwischen Rabatz und Radar. Dass sie einmal als selbstbewusste Polizistin Staatsgäste empfangen würde, hätte die Vollzugsangestellte im Verkehrsdienst bis vor sechs Jahren nicht gedacht, denn bis dahin lebte sie als ungeouteter Mann namens Rainer. RTL hat sie einen Tag lang in ihrem bunten Leben begleitet. Im Video sehen Sie, wie drastisch sich die Polizistin bei ihren Kollegen outete und wie die heute mit ihrem neuen Ich umgehen.

"Ich habe jahrelang im falschen Team gespielt"

Ria lebte jahrelang als Rainer, musste ihre wahre Identität verstecken
Ria lebte jahrelang als Rainer, musste ihre wahre Identität verstecken
RTL

Ria Cybill Geyer ist Deutschlands erste transsexuelle Personalrätin bei der Polizei – dabei wollte sie erst mit 50 Wachtmeister werden, als sie noch als Mann lebte. „Ich habe als Mann jahrelang im falschen Team gespielt, wollte übertrieben männlich sein“, erinnert sich die taffe Frau heute. „Ich habe mein Leben lang versucht, den schönen Schein zu wahren. Irgendwann ging es einfach nicht mehr.“ Geyer wollte den Leidensdruck loswerden und entschied sich für einen radikalen Schritt: „Zu unserer Oktoberfest-Betriebsfeier bin ich einfach im Dirndl gekommen.“

Doch die Kollegen waren nicht schockiert, reagierten meist positiv. „Ich war nicht wirklich überrascht. Sie ist weiter eine Freundin, auf die ich mich verlassen kann“, erinnert sich Kollege Andreas Jensch (55), der mit ihr die Polizeischule besuchte. „Sie war ein starker Mann, ist jetzt eine taffe Frau. Unter Kollegen möchte es nicht jeder gleich akzeptieren, aber es ist letztendlich zu respektieren.“ Freundin Ildiko Ehlers (40), Wachleiterin bei der Autobahnpolizei, fand den Schritt ihrer Kollegin mutig: „Ich hatte mit dem Thema noch nicht viel zutun, konnte dann endlich alle Fragen stellen, die ich hatte. Seitdem sie so lebt, wie sie ist, ist sie viel freier und offener.“

Weibliche Kolleginnen hatten Vorbehalte

Ria Cybill Geyer neben Freunden
Aus Kollegen wurden Freunde: Viele Polizisten unterstützen Geyer bei ihrem selbstbestimmten Lebensweg
RTL

Vor ihrem Coming-out war die Polizistin dreimal verheiratet. „Aber es gibt nur eine Königin im Schloss – meine Frauen waren es nicht“, weiß sie. „Mein Sohn fand es schön, dass ich endlich glücklich bin.“

Dass Rainer nun als Ria lebt, sorgte aber zunächst vor allem bei weiblichen Kolleginnen für Vorbehalte: „Das Konkurrenzdenken ist groß und Nagellack war zu Beginn unerwünscht. Die Benutzung von Dusche und Klo waren anfangs ein Problem“, weiß Geyer. Aber: „Es ist für die Kollegen genauso ein Lernprozess wie für mich.“ Weil sie heute so offen zu ihrer Identität steht, die sie jahrzehntelang aus Angst versteckt hat, ist die Polizistin mittlerweile gefragte Ansprechpartnerin für LGBT-Personen, die Hassverbrechen erfahren. Gehässige Kommentare transphober Bürger bekommt Geyer selten. „Ich poltere dann auch los und sitze bei Beleidigungen als Polizistin am längeren Hebel.“

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

Polizei-Sprecher: "Wir müssen die Bevölkerung abbilden"

Polizei-Sprecher Michael Gassen (54)
Polizei-Sprecher Michael Gassen (54): "Wir haben feste Ansprechpartner für LGBT"
RTL

Polizei-Sprecher Michael Gassen (54) betont, dass LGBT den Rückhalt der Berliner Polizei genießen: „Vielfältigkeit in sämtlichen Erscheinungsformen ist uns wichtig. Wir müssen als Polizei die Bevölkerung abbilden und den Kontakt zu ihr finden.“

Nach Dienstschluss wird aus der braven Beamtin der singende Superstar: Kommissarin Karaoke präsentiert Songs von Freddie Mercury, ist SPD-Vorstandsmitglied in Falkensee und Gewerkschafterin. In ihrem Wahlkreis möchte sie nun sogar für den Bundestag kandidieren. LGBT-Personen seien im Parlament unterrepräsentiert: „Ich kann die Belange von queeren Menschen besser vertreten“, so Geyer.

OP soll das volle Frausein ermöglichen

Nun möchte sie den nächsten Schritt wagen: Noch in diesem Jahr soll ihr eine geschlechtsangleichende OP endlich das vollumfängliche Frausein ermöglichen. „Ich will im Badezimmer keine permanente Freakshow mehr abziehen, endlich wieder in die Sauna gehen und Spaß haben.“ Doch auch ohne Operation ist die Polizistin glücklich: „Die Transition ist kein Spaziergang, aber ich muss mich nicht mehr verstecken und werde endlich von allen so akzeptiert, wie ich bin.“