Seltene Einblicke in das Leben der Kanzlerin

Angela Merkel privat: Das plant sie für ihre Zukunft

Angela Merkel (67) steht seit 16 Jahren an der Spitze der deutschen Regierung, doch über die private Seite der Kanzlerin ist immer noch wenig bekannt. Selten lässt sie uns an ihren Gedanken und Gefühlen teilhaben. Doch auf einer Theaterbühne in Düsseldorf, eingerahmt von der Journalistin Léa Steinacker, der Publizistin Miriam Meckel und der Schriftstellerin Chimamanda Ngozi Adichie, hat sie sich geöffnet und Persönliches preisgegeben.

Pastorentochter Merkel wächst in der Nähe von Templin auf

Prägend für ihr späteres Leben und ihr Durchsetzungsvermögen seien vor allem ihre Kindheit und ihr Studium gewesen, so die Bundeskanzlerin. Als Kind sei sie mit geistig Behinderten aufgewachsen und hätte so keine Furcht und Berührungsängste entwickelt. In ihrem späteren Physikstudium sei sie eine der wenigen Frauen gewesen.

Etwa 80 Prozent waren Männer, so berichtet Merkel: Die hätten immer gleich losgelegt, so dass sie oft keinen Experimentiertisch mehr abbekommen habe. Da habe sie dann gelernt, sich in einem männlich dominierten Umfeld ihren Platz zu erkämpfen.

Die schweren Momente im Leben der Kanzlerin

Herlind Kasner gestorben
Die damalige CDU-Bundesvorsitzende Angela Merkel an der Seite ihrer Mutter Herlind Kasner, die im April 2019 verstorben ist.
deutsche presse agentur

Die Pfarrerstochter spricht auch über den Tod ihrer Mutter vor zwei Jahren. Natürlich sei es hart, wenn etwas so Privates geschehe und man gleichzeitig den Blicken der Öffentlichkeit ausgeliefert sei. „Wenn man dann immer angeguckt wird: Sieht man was? Das find ich schon schwer. Da muss man sich seinen Raum bauen.“ In diesen Raum habe sie dann niemanden hineingelassen, der da nicht hingehöre.

Ihr schwerster Moment? Die Eurokrise, als sie den Bürgern in Griechenland so viel zugemutet habe. Und schöne Momente? „Sehr oft wenn man einen Kompromiss gefunden hat.“ Zum Beispiel die Verabschiedung des Lissabon-Vertrags, der die Europäische Union auf ein neues Fundament stellte. Oder im vergangenen Jahr, als sich die Staats- und Regierungschefs der EU nach langem Streit doch noch auf die Corona-Hilfen einigten. „Dann ist man glücklich“, so die Kanzlerin.

Hat sie mit ihrer Flüchtlingspolitik die Gesellschaft gespalten? Nein, das sieht sie nicht so. Dass ihr berühmtester Satz „Wir schaffen das“ eine Einladung an alle Flüchtlinge gewesen sei, nach Deutschland zu kommen, glaube sie nicht. 2015 hätten doch die Flüchtlinge schon vor der Tür gestanden. „Und jetzt zu sagen: Passt mal auf, zurück übers Mittelmeer, das war für mich kein Weg.“

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Angela Merkel und der Feminismus

dpatopbilder - Ivanka Trump, die Tochter und Beraterin des US-Präsidenten (l) kommt neben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU, M) und der niederländische Königin Maxima (r), sowie IWF-Chefin Christine Lagarde am 25.04.2017 in Berlin zum Woman 20 Dialogue Gipfel zur Stärkung von Frauen teil. Ziel der Veranstaltung im Rahmen der G20 Präsidentschaft Deutschlands ist es, Frauen in eine bessere wirtschaftliche Lage zu versetzen, ihnen mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verschaffen sowie eine größere Beteiligung am Unternehmertum zu ermöglichen. Foto: Michael Kappeler/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Angela Merkel eingerahmt von Trump Tochter Ivanka (links) und der niederländischen Königin Máxima.
mkx pil, dpa, Michael Kappeler

Stichwort Feminismus: 2017 ist sie bei einem Frauengipfel gefragt worden, ob sie sich als Feministin betrachte. Die Antwort kam zögerlich: Mit diesem Titel wolle sie sich nicht unbedingt schmücken, erklärt Merkel damals. Die anderen Frauen auf der Bühne - unter ihnen Donald Trumps Tochter Ivanka und die niederländische Königin Máxima - bezeichnen sich dagegen ohne Umschweife als Feministinnen.

Nun wird sie von Miriam Meckel noch einmal danach gefragt - und korrigiert ihre Position: Máxima habe ihr damals schon das Tor geöffnet mit dem Hinweis, im Grunde gehe es doch nur darum, dass Frauen und Männer in gleichem Maße am gesellschaftlichen Leben teilnähmen. „In diesem Sinne kann ich heute bejahend sagen: Dann bin ich Feministin. Das habe ich damals auf der Bühne schon etwas schüchtern vorgebracht. Heute ist das besser durchdacht. In diesem Sinne kann ich sagen: Ja, wir sollten alle Feministen sein.“ Das löst beim Publikum enormen Jubel aus.

Merkel: "Ich finde, dass ich meinen Beitrag geleistet habe

Angela Merkel (CDU), Bundeskanzlerin, sitzt bei einem Podiumsgespräch mit Chimamanda Ngozi Adichie, nigerianische Schriftstellerin, auf der Bühne im Schauspielhaus. Das Treffen war geplant für die Festivaleröffnung von Theater der Welt 2020, dann jedoch durch die Pandemie um ein Jahr verschoben.
Angela Merkel spricht bei der Podiumsdiskussion am Mittwoch abend in Düsseldorf über Persönliches.
picture alliance

Auf die Frage, ob sie ruhigen Gewissens aus dem Amt scheide, antwortet die Bundeskanzlerin mit einem sehr klaren „ja“ - und fügt unter dem Applaus des Publikums hinzu: „Ich finde, dass ich meinen Beitrag geleistet habe.“ Jetzt brauche das Land etwas Neues.

Und ihre eigene Zukunft? Seitdem sie Ende 1989/Anfang 1990 in die Politik gegangen sei, habe sie eigentlich keinen normalen Arbeitstag mehr gehabt und aufgehört, sich zu fragen, was sie abseits der Politik interessiere. Das wolle sie jetzt nachholen. „Möchte ich schreiben? Möchte ich reden? Möchte ich wandern? Möchte ich zuhause sein? Möchte ich in die Welt fahren? Und dazu, hab ich mir vorgenommen, mache ich eben erstmal nichts und warte mal, was so kommt. Und das, finde ich, ist sehr faszinierend.“ (dpa, lha)

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