Erstmals treffen sie im Gericht wieder aufeinanderBoateng-Ex bricht in Tränen aus - Prozess muss unterbrochen werden

von Jasmin Raziorrouh und Rebecca Schindler

Es ist das erste Aufeinandertreffen seit langem!
Am heutigen Freitag (21. Juni 2024) stehen Jérôme Boateng und seine Ex-Freundin Sherin S. gemeinsam vor Gericht. Nachdem der Kicker bereits vergangene Woche seine Sicht der Dinge schilderte, ist nun die Nebenklägerin dran. RTL ist live vor Ort. Alle Hintergründe und die aktuellen Bilder aus München, gibt’s im Video.

Boatengs Ex stottert bei Befragung

Am zweiten Verhandlungstag soll seine Ex-Freundin aussagen. Die Mutter seiner beiden Zwillingstöchter wirft ihm vor, sie in einem gemeinsamen Urlaub in der Karibik vor fünf Jahren attackiert zu haben. Um 9.59 Uhr betritt Jérôme Boateng den Gerichtssaal im Landgericht München I. Er blickt klar und entschlossen in die Kameras, trägt ein weißes Hemd und einen dunkelblauen Anzug. Er hat die Hände in der Hosentasche. Wenig später betritt auch Sherin S. den Gerichtssaal. Sie trägt ein weißes, langes Hemd. Hat ihre langen Haare zum Pferdeschwanz gebunden.

Jérôme Boateng mit seinem Anwalt am 21.6.2024 im Gericht
Jérôme Boateng mit seinem Anwalt am 21.6.2024 im Gericht
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Um 10.15 Uhr beginnt die Befragung. Die Richterin will wissen, wie die Beziehung der beiden vor dem Karibik Urlaub war. Sie schildert, dass sie während der WM in Russland ein Paar waren. „Jérôme hatte mich gefragt, ob wir erst nach New York und dann in die Karibik fliegen wollen”, erklärt sie. Dann erzählt sie von besagtem Abend. „Wir haben Karten gespielt”, beginnt sie stotternd und entschuldigt sich. Sie sei etwas aufgeregt. Eine Freundin des Paares soll Boateng des Schummelns bezichtigt haben. Daraufhin soll er laut geworden sein. Boateng habe sich reingesteigert. Er habe gesagt: „Du Nutte, machst immer alles kaputt!” Dann soll er ein Windlicht auf sie geschmissen haben, woran sie sich geschnitten habe.

Dann spricht sie über den eigentlichen Anklagepunkt: „Er hat mir ins Gesicht gespuckt. Dann hat er mir mit beiden Händen frontal ins Gesicht geschlagen. Mich nach unten gedrückt, an den Haaren gerissen. Mir in den Kopf gebissen. Dann bin ich von der Couch geflogen. Er hat mich noch weiter angespuckt - hab’s im Gesicht gespürt. Dann hat er mir in den Rücken geboxt. Hatte starke Schmerzen in der Planke. Ich habe geschrien und habe geweint und habe im Schock gesagt, er soll sich verpissen. Ich lag am Boden, dann hat er mir nochmal ins Gesicht gespuckt.”

Ihr Auge sei daraufhin geschwollen gewesen und das T-Shirt voller Blut. Außerdem soll sie durch Boateng diese Verletzungen davon getragen haben: Schnitt im Finger, blauer Fleck am Nacken, blaues Auge (linkes Auge), Cut am Augenrand, Schürfwunde am Knie und am Ellbogen, Hämatom in der Planke. Außer vom Auge gibt es keine Fotos.

Während Sherin ihre Sicht der Dinge schildert, blickt Boateng ins Leere. Keine Reaktion von ihm. Er verzieht keine Miene. Seine Hände liegen auf dem Tisch gefaltet.

Am nächsten Tag habe sie so getan, als würde es ihr gut gehen. Die Kinder waren dabei. „Ich habe auch getanzt”, schildert sie die Lage damals. „Ich hatte einen Bungalow mit den Kindern, Jerome hat einen eigenen”, führt sie fort. Dann fragt die Richterin, ob sie und Boateng die letzte Nacht zusammen verbracht hätten. „Nicht, dass ich mich erinnern könnte…”, so Sherin. Weiter sagt sie: „Ich habe im Urlaub gesagt: Eigentlich müsste ich dich anzeigen. Er daraufhin: Wenn du mich anzeigst, sorge ich dafür, dass die Kinder im Heim landen!”

Um 10.52 Uhr gibt es eine Pause, weil Sherin plötzlich geweint hat, wie im Video zu sehen ist.. Gemeinsam mit ihren Freundinnen und ihrer Anwältin raucht sie vor dem Landgericht eine Zigarette. Um 11.05 Uhr betritt sie den Gerichtssaal wieder. Der Prozess wird um 11.11 Uhr fortgesetzt.

In der Pause raucht Sherin draußen vor dem Landgericht eien Zigarette
In der Pause raucht Sherin draußen vor dem Landgericht eine Zigarette und wischt sich die Tränen aus dem Gesicht
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Jetzt geht’s um die Kinder von Boateng und Sherin

Nach der Pause verrät Sherin, dass sie seit 2022 keinen Umgang mehr mit ihren Kindern hat. Boateng hat das alleinige Sorgerecht für die Zwillinge. Seit 2017 gibt es eine Elternvereinbarung: Die beiden gemeinsamen Kinder befinden sich seitdem bei Boateng. „Ich habe die Situation akzeptiert. Obwohl ich nie überzeugt war, dass die Kinder gut bei ihm aufgehoben sind”, so Sherin. Die Richterin fragt sich, warum sie dies akzeptiert habe, wenn ihr Ex doch jähzornig sei, so wie sie es behauptet. Sherin sagt, sie hatte keine andere Wahl. Die Kinder wurden ihm zugesprochen und bevor es zu gar keinem Kontakt kommt, wollte sie so lieber die Wogen glätten. Die Richterin kann das nicht nachvollziehen: „Wenn jemand jähzornig ist, muss ich doch Angst um die Kinder haben.“

Dass sie ihre Kinder dann nicht mehr regelmäßig beziehungsweise am Ende gar nicht mehr gesehen hat, hatte auch etwas mit der Wohnsituation zu tun: Boateng wohnt in München, Sherin in Berlin. Ein Umzug kam für sie laut eigener Aussage nicht infrage, da ihre Familie und Freunde in der Hauptstadt wohnen. „Es war eine Immobilie in München-Grünwald für mich im Gespräch. Dass wir uns 50-50 um die Kinder kümmern. Dass auch ich die Kinder betreuen könnte.”

Zur Elternvereinbarung sagt Sherin, dass Boateng anfangs noch gezahlt habe, später aber dann das Geld eingeschränkt und 2018 komplett eingestellt habe.

Um 14.20 Uhr ist die Befragung von Sherin durch. Nächste Woche muss sie erneut vor Gericht erscheinen. Nun muss eine Freundin der Nebenklägerin im Gerichtssaal noch Rede und Antwort stehen.

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Boatengs Pressesprecher: „Die Kinder sind der Dreh- und Angelpunkt”

Boatengs Pressesprecher Thomas Knipp erklärt vor Prozessbeginn im RTL-Interview: „Herr Boateng ist angespannt, er ist konzentriert. Das hat man, glaube ich, auch in der Befragung in der letzten Woche gesehen. Er ist jemand, der sich sehr darauf konzentriert, dass diese Dinge hier jetzt sachlich aufgearbeitet werden - und es dann, zu einem hoffentlich fairen Urteil kommt.” Dass der Fußballer und seine Ex das erste Mal seit langem nun wieder aufeinandertreffen, wird für Boateng „keine angenehme Erfahrung und keine angenehme Begegnung” sein, so Knipp. Und weiter: „Das kann sicherlich jeder von uns nachvollziehen, der mal in einer ähnlichen Situation war - selbst, wenn es nicht vor Gericht ist. Wenn es solche Verquälungen in einer Beziehung gegeben hat, solche Anwürfe gegeben hat, wie sie von der Ex-Partnerin gekommen sind, wenn es zu dieser Masse von Anzeigen gekommen ist, die sie ja in den letzten Jahren in Serie gestellt hat, dann ist es immer etwas, wo mein kein entspanntes Verhältnis mehr zueinander haben kann.”

Boatengs Pressesprecher Thomas Knipp im RTL-Gespräch
Boatengs Pressesprecher Thomas Knipp im RTL-Gespräch
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Boateng und seine Ex haben gemeinsam Zwillinge - wie ist es wohl für sie, dass ihre Eltern nun vor Gericht stehen und sich streiten? Thomas Knipp erklärt: „Die Kinder sind der Dreh- und Angelpunkt, zumindest in der Betrachtung von Herrn Boateng. Ihn schmerzt es doch sehr, dass die Zwillinge - die jetzt 13 Jahre alt sind - natürlich mitlesen, was hier passiert. Eine Tochter hat ihre Mutter vor einiger Zeit ja inständig gebeten, doch bitte aufzugeben und zu unterlassen - weil die Kinder das nur schwer ertragen können. Die Ex-Partnerin hat sich nicht darauf eingelassen.”

Boateng hatte die Vorwürfe am ersten Prozesstag vor einer Woche entschieden abgestritten. Er gab an, sich nur gegen einen Angriff seiner damaligen Partnerin gewehrt und sie weggeschubst zu haben. Für dieses Schubsen entschuldigte er sich. In seiner ausführlichen Einlassung vor Gericht hatte er von einem „Alptraum” gesprochen und Gewaltvorwürfe bestritten.

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Gericht beschäftigt sich zum vierten Mal mit der Sache

Das Verfahren gegen den langjährigen Verteidiger des FC Bayern München, der gerade vom italienischen Club US Salernitana zum Linzer ASK in Österreich wechselte, zieht sich schon lange hin. Das Amtsgericht München hatte bereits im Jahr 2021 eine Geldstrafe gegen Boateng verhängt: 60 Tagessätze zu je 30 000 Euro, also insgesamt 1,8 Millionen Euro.

Das Landgericht München I verurteilte Boateng dann im Oktober 2022 wegen eines Angriffs auf seine Ex-Freundin in einem Karibik-Urlaub in zweiter Instanz wegen Körperverletzung und Beleidigung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 10 000 Euro - insgesamt 1,2 Millionen Euro. Doch das Bayerische Oberste Landesgericht kassierte das Urteil wegen durchgehender Rechtsfehler. (mit dpa)