RTL ist live vor Ort und kennt alle Details

Neuer Prozess: Erstmals äußert sich Jérôme Boateng!

von Andreas Merkel, Laura Hofmockel, Jacqueline Vetten und Rebecca Schindler

Gericht statt Stadion!
Ausgerechnet zum Start der Heim-Europameisterschaft geht der Prozess gegen Fußball-Weltmeister Jérôme Boateng in eine neue Runde. Seine Ex-Freundin wirft ihm vor, sie 2018 in einem Karibik-Urlaub angegriffen zu haben, Boateng bestreitet das. Es ist bereits das vierte Mal, dass sich ein Gericht mit der Sache befasst. RTL ist live vor Ort und kennt alle Details. Im Video schildert unser Reporter die Lage vor Ort.

Zu spät: Boateng erscheint um 10.07 Uhr

Jérôme Boateng hat keine Sekunde zu früh den Gerichtssaal betreten - im Gegenteil: Er kam um 10.07 Uhr, also sieben Minuten zu spät zur Verhandlung. Doch der Fußballer kam nicht durch den Haupteingang, sondern offenbar durch die gesicherte Tiefgarage ins Gebäude gelangt. Die Verteidigung hatte diesbezüglich einen Antrag wegen Gefährdungslage gestellt. Die Kammer hat dem offenbar stattgegeben. Boatengs Ex-Freundin ist selbst nicht vor Ort, lässt sich nur durch ihre Anwältin vertreten.

Boatengs Pressesprecher meldet sich zuvor zu Wort

„Herr Boateng wird sicherlich Gerechtigkeit erwarten. Gerechtigkeit heißt jetzt nicht unbedingt, es muss ein Freispruch werden und alles andere ist keine Gerechtigkeit. Das wäre nicht besonders demütig vor der Justiz – und das ist er sicherlich“, erklärt Boatengs Pressesprecher Thomas Knipp vor Prozessbeginn im RTL-Interview und weiter: „Er erwartet, dass die großen Ungerechtigkeiten, die Unfairness, die im zweiten Verfahren vor dem Landgericht stattgefunden haben – wo Beweise, die ihn entlastet haben, überhaupt nicht gewürdigt worden sind – dass das wirklich aufgearbeitet wird und das man zu einer fairen und ausgewogenen Betrachtung der Dinge kommt, die halt vorliegen.“

Thomas Knipp, Pressesprecher Boateng
Thomas Knipp, Pressesprecher Boateng
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DAS könnte Boateng drohen:

Dr. Laurent Lafleur, Sprecher des Landgerichts, erklärt im RTL-Interview, was Boateng drohen könnte: „Grundsätzlich sieht das Gesetz für eine vorsätzliche Körperverletzung – das ist der Tatvorwurf, der im Raum steht, neben auch einer gefährlichen Körperverletzung – eine Geldstrafe beziehungsweise eine Freiheitstrafe von bis zu fünf Jahren vor. Bei einer gefährlichen Körperverletzung sieht das Gesetz eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor.“

Dr. Laurent Lafleur, Sprecher Landgericht
Dr. Laurent Lafleur, Sprecher Landgericht
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Der Prozess wird unterbrochen

Erste Hoffnung darauf macht dem Fußballer auch die Richterin. Sie prangert die starke Vorverurteilung durch die Presse und die Gesellschaft an. Es handele sich um eine Beziehungstat, bei der es auch um Kinder geht, die diese Informationen seit mittlerweile sechs Jahren mitbekommen. Sie hätte gerne im Vorfeld Gespräche geführt, aber die Fronten seien zu verhärtet gewesen. Dennoch möchte sie nochmal den Versuch unternehmen und bittet alle Beteiligten in einen Beratungsraum. Der Prozess wird vorerst unterbrochen.

Doch 30 Minuten später geht der Prozess weiter - man konnte sich nicht einigen!

Boateng verliest sein Statement

Dann äußert sich der Kicker erstmals selbst in der Sache! „Hohes Gericht, meine Damen und Herren ‚ ich misshandle meine Partner nicht. … Ich bin ein ganz normaler Mensch mit Stärken und Schwächen”, beginnt Jérôme Boateng sein sehr persönliches vorbereitetes Statement. Er möchte sich bei seiner Ex entschuldigen. Sie habe ihm die Lippe blutig geschlagen. Er habe sie nicht mit der Kühltasche geschlagen. Sie habe ihn nach dem Kartenspielen gezielt provoziert. Er habe nur ein Kissen geworfen. Warum und was genau zu Bruch ging, da kann er sich nicht dran erinnern. Er habe nicht auf sie eingeprügelt. Schließlich wäre sie körperlich viel schwerer verletzt worden, wenn die Vorwürfe wirklich stimmen würden.

Sie habe ihm gedroht. Einen Tag nach der betreffenden Tat, habe sie gesagt, dass sie Geld von ihm fordere oder ihn anzeigen würde. Er erzählt, was sie forderte: 120qm Wohnung als Geschenk, Auto, Garten, Geld für Möbel Küche etc. Er stellt erneut klar: Die Nebenklägerin habe sukzessive versucht, immer neue Vorwürfe gegen ihn zu erfinden. Er sei kein Misshandler. Das alles beruhe nur auf Rufschädigung durch seine Ex und ihre Anwälte. „Nicht ich bin es, der sich nicht unter Kontrolle hat“, erklärt er. Sie sei der aggressive Part. Sie sei laut seinen Aussagen unkontrolliert, eifersüchtig, würde körperlich übergriffig, vor allem, wenn sie angetrunken sei.

Noch nie zuvor habe er so einen Einblick in sein Privatleben gegeben! Der Grund: Seine verstorbene Ex-Freundin Kasia Lenhardt. „Aus Respekt vor Kasia, vor ihrem Sohn und ihrer Familie habe ich mich seit ihrem Tod nicht öffentlich geäußert”, erklärt er vor Gericht. Und: „Die Kinder leiden unter der Berichterstattung und dass wir uns seit Jahren vor Gericht streiten”, so Boateng. Seine Ex-Lebensgefährtin ist die Mutter seiner Zwillingstöchter (13). Insgesamt sprach Boateng 28 Minuten lang.

Anschließend werden Fotos von Verletzungen gezeigt (blaue Flecken an den Oberarmen, blaues Auge, Shirt mit Blutspritzern). Dazu sagt Boateng, seine Ex habe lange Kickboxen betrieben, daher könnten die blauen Flecke stammen. Das blaue Auge habe er nie gesehen und das Shirt sei seines, das Blut käme von seiner aufgeplatzten Lippe.

Anwältin seiner Ex will das so nicht stehen lassen

Die Richterin wollte das Verfahren für heute beenden. Doch die Seite der Nebenklägerin will Boatengs Aussage so nicht stehen lassen! Denn: Es wurde ordentlich Schlamm auf ihre Mandantin geworfen. Laut Meinung der Anwältin wird verkannt, dass es sich nicht um Aussage gegen Aussage handelt. Sondern es gäbe Zeugen, ein Telefongespräch, Arztprotokolle etc. Auch verkannt wird, dass die Einlassung Boatengs falsch sei. Die Schilderung passe einfach nicht zusammen. Außerdem bezieht sie sich auf die vorherigen Verfahren, wo er schuldig gesprochen wurde. Doch die Richterin sagt, diese Urteile waren nicht rechtskräftig.

Der Angeklagte habe die milde Strafe nicht akzeptiert, obwohl er es hätte tun können zugunsten seiner Kinder. Die Nebenklägerin habe immer erklärt, die Berufung zurückzunehmen, wenn auch der Angeklagte es tut. Er zerrte ihre Mandantin durch all diese Verfahren. Der Angeklagte verweigere den Kindern angeblich den Umgang mit ihrer Mandantin. Sie wirft der Verteidigung vor, die Presse zu steuern.

Die Seite der Nebenklägerin fährt fort: Sie verweist auf die Familienakten, 800 Seiten und übt Kritik am Familiengericht. Ihre Mandantin wird nächste Woche zu Boatengs Einlassung befragt.

Dann ist die Sitzung für heute geschlossen!

Gericht beschäftigt sich zum vierten Mal mit der Sache

Das Verfahren gegen den langjährigen Verteidiger des FC Bayern München, der gerade vom italienischen Club US Salernitana zum Linzer ASK in Österreich wechselte, zieht sich schon lange hin. Das Amtsgericht München hatte bereits im Jahr 2021 eine Geldstrafe gegen Boateng verhängt: 60 Tagessätze zu je 30 000 Euro, also insgesamt 1,8 Millionen Euro.

Das Landgericht München I verurteilte Boateng dann im Oktober 2022 wegen eines Angriffs auf seine Ex-Freundin in einem Karibik-Urlaub in zweiter Instanz wegen Körperverletzung und Beleidigung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 10 000 Euro - insgesamt 1,2 Millionen Euro. Doch das Bayerische Oberste Landesgericht kassierte das Urteil wegen durchgehender Rechtsfehler. (mit dpa)