Rassismus-Vorwürfe gegen Polizisten aus Niedersachsen
Verherrlichung der NS-Zeit und rassistische Chats? Handys von acht Polizisten beschlagnahmt

Eigentlich sollen sie für Sicherheit, Schutz und Gerechtigkeit sorgen...
In einer Chatgruppe sollen acht Polizisten aus Niedersachsen menschenverachtende Nachrichten geteilt haben. Von Rassismus, Diskriminierung – sogar Relativierung der Nazi-Diktatur ist die Rede! Handys und andere Speichermedien wurden nun beschlagnahmt.
Begann der Rassismus bereits auf der Polizeiakademie?
Schock am frühen Mittwochmorgen (3. September)! Es ist 6 Uhr, als Ermittler in mehreren Städten Niedersachsens zuschlagen. Bei insgesamt acht Polizeibeamten werden Handys und Speichermedien beschlagnahmt. Der Verdacht: rassistische Nachrichten, diskriminierende Memes – und Verharmlosungen der NS-Diktatur in einer gemeinsamen Chatgruppe. Hintergrund der Ermittlungen seien Chatverläufe aus dem Jahr 2019. In der Gruppe sollen die Männer auch ableistische Bilder geteilt haben, also solche, die Menschen mit Behinderung diskriminieren.
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Insgesamt 13 Männer sollen Mitglieder der Chatgruppe gewesen sein. Sie alle hätten sich aus ihrer Studienzeit an der Polizeiakademie Niedersachsen am Standort Oldenburg gekannt. Konkret geht es um drei Polizisten der Polizeidirektion Oldenburg und jeweils zwei aus den Direktionen Osnabrück, Lüneburg, Braunschweig sowie der Zentralen Polizeidirektion Hannover. Einer der Männer hätte die Prüfung an der Polizeiakademie nicht bestanden, ein weiterer sei bereits entlassen worden. Nun drohen disziplinarrechtliche Konsequenzen – bis hin zur Entlassung aus dem Dienst.
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Innenministerin: „Gegen Rassismus gehen wir konsequent vor”
Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) macht klar: „Wer die Menschenwürde nicht achtet, hat keinen Platz in der Polizei Niedersachsen. Gegen Rassismus und Diskriminierung gehen wir konsequent vor”, sagt sie der Deutschen Presse-Agentur.
Auch die Landespolitik meldet sich mit klaren Positionen. Die SPD sieht im schnellen Handeln der Ministerin ein wichtiges Signal und betont: „Der Eid auf unsere Demokratie darf für keinen Polizeibeamten eine leere Worthülse sein”, erklärt SPD-Fraktionsmanager Wiard Siebels. Der Grünen-Innenpolitiker Michael Lühmannich zeigt sich erschüttert und fordert, das berufliche Umfeld der Beschuldigten genau zu durchleuchten. Die CDU hingegen warnt vor einer politischen Schieflage. Der Vorwurf, die Polizei habe ein strukturelles Rassismusproblem, sei „haltlos und Ausdruck einer sich ausweitenden politisch motivierten Misstrauenskultur gegenüber der Polizei“, so der CDU-Innenpolitiker André Bock. Die AfD wollte sich trotz Anfrage nicht äußern.
Polizeigewerkschaft will rigorose Aufklärung
Die Polizeigewerkschaft fordert schonungslose Aufklärung, warnt aber auch vor Pauschalverurteilungen. Für die Mehrheit der Polizistinnen und Polizisten sei die Gleichheit aller Menschen „die unverrückbare Grundlage unserer Arbeit”, sagt der Landesvorsitzende Kevin Komolka. Wer sich aber an solchen Chatgruppen beteiligen würde, müsse aus dem Dienst entlassen werden. (ise, mit dpa)
Verwendete Quellen: dpa