„Das Blut lief wie Wasser”

Adrian (26) will Streit schlichten – und bezahlt dafür fast mit seinem Leben

Ein 26-Jähriger will einen Streit vor einer Kneipe in Löningen schlichten – und wird dabei fast getötet. Der Angreifer steht nun wegen versuchten Mordes vor Gericht.
Adrian M. im Gerichtssaal – die Narbe am Hals zeugt noch immer von der dramatischen Nacht.
RTL Nord
von Grit Gadow und Nele Hasselbusch

Die Narben verfolgen ihn bis heute!
Als Adrian M. einen Streit vor einer Kneipe in Löningen (Niedersachsen) schlichten will, wird er von einem Messerstich am Hals schwer verletzt und überlebt nur knapp. Mit der etwa zehn Zentimeter langen Schnittwunde kämpft der heute 27-Jährige nicht nur gegen die physischen Narben, sondern auch gegen die seelischen Folgen einer Nacht, die sein Leben für immer verändert hat.

War es Mordabsicht?

Adrian ist am Abend des 18. Mai wegen eines Dates in der Gaststätte in Löningen, in der seine Begleitung arbeitet. Doch als der später angeklagte David H. mit zwei Freunden nach einem Streit des Lokals verwiesen wird, folgt Adrian ihm nach draußen, um sein Date zu schützen. Der 24-jährige Angeklagte flieht nach seinen Angaben in die Wohnung eines Freundes. Wieder auf der Straße hat ein Freund von ihm plötzlich ein Messer in der Hand. „Ich nahm Louis das Messer ab und stach zu”, räumt David H. im Prozess ein. Die Anklage: versuchter heimtückischer Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung.

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Narben, die bleiben

„Es war eine verbale Auseinandersetzung, die sich eigentlich beruhigt hatte”, berichtet Adrian vor Gericht. Doch dann spürt er unvermittelt den heftigen Schlag am Hals. „Das Blut lief wie Wasser”, schildert er. In diesem Moment habe er schon mit seinem Leben abgeschlossen. Er wird bewusstlos und wacht erst später auf der Intensivstation wieder auf.

Zwei Operationen und Monate des Leides folgen. Adrian beschreibt, wie er zunächst seinen linken Arm gar nicht bewegen konnte. Heute ist er in seiner Bewegungsfähigkeit stark eingeschränkt, kann den Arm nur zu etwa 20 Prozent benutzen. „Meinen Job kann ich sicherlich nicht mehr ausüben”, meint er. Hinzu kommen schlaflose Nächte, stressbedingte Lähmungen und finanzielle Probleme.

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Opfer verlässt den Saal

„Wenn ich könnte, würde ich es rückgängig machen”, sagt David H. gleich zu Beginn des Prozesses am Landgericht Oldenburg, doch das Opfer verlässt den Saal, bevor die Worte ihn erreichen. Besonders aufwühlend für ihn ist, dass er den mutmaßlichen Täter vorher gar nicht wahrgenommen hatte. „Es ist sehr erschütternd, das anzuhören”, bestätigt auch der Richter.

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Auch die Begleitung von Adrian beschreibt, wie aggressiv der Angeklagte und seine Freunde an dem Abend waren. „Er war so, wie ich ihn seit meiner Jugend kannte”, sagt sie unter Tränen.

Angeklagter war bereits in Haft

Ein 26-Jähriger will einen Streit vor einer Kneipe in Löningen schlichten – und wird dabei fast getötet. Der Angreifer steht nun wegen versuchten Mordes vor Gericht.
Der Angeklagte David H. gesteht die Tat und zeigt Reue beim Prozessauftakt.
RTL Nord

Der Angeklagte David H. ist kein Unbekannter für die Justiz. Seine Kindheit ist geprägt von der Trennung der Eltern und dem frühen Kontakt zu Drogen und Alkohol. Nach einer Haftstrafe in der JVA Hamburg scheint er einen Neuanfang zu versuchen, findet einen Job als Bauhelfer und bemüht sich um ein geregeltes Leben. Doch in der Tatnacht wird er von seiner Vergangenheit eingeholt, nimmt am Vortag Kokain und trinkt am Abend des Angriffs viel Alkohol.

Am nächsten Prozesstag wird es vor allem um verschiedene Gutachten gehen, ein Urteil wird Ende Januar erwartet.