„Er ist ein Kämpfer. Er war schon immer ein Kämpfer”

Horror auf Klassenfahrt! Aleks (16) nach Schlaganfall schwerbehindert

Aleksander, das Nesthäkchen der Familie Nittka, war ein lustiger Teenager, der noch viele Träume hatte. Wie seine Zukunft nun aussieht, ist unklar.
Aleksander, das Nesthäkchen der Familie Nittka, war ein lustiger Teenager, der noch viele Träume hatte. Ein Schlaganfall stellt sein Leben auf den Kopf. Wie seine Zukunft nun aussieht, ist unklar.
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von Larissa Königs

Er war aktiv in der Schülerzeitung, lachte und scherzte viel - von all dem ist nun nichts mehr möglich.
Auf einer Klassenfahrt nach Berlin kommt es beim sechzehnjährigen Aleksander zu gesundheitlichen Problemen. Es wird unterschätzt, wie ernst es um ihn steht. Die Folgen sind dramatisch: Der Teenager ist seither schwerstbehindert und auf intensive Pflege angewiesen. Seine Eltern und fünf Schwestern wollen das übernehmen. Auch, wenn es nicht leicht wird, haben sie nur ein Ziel: Aleks nach Hause holen!

Ärzte hatten kaum Hoffnung - doch Aleks Wille ist schon als Baby stark

Niemand verdient Schicksalsschläge. Doch es gibt Menschen, da fragt man sich besonders: Warum trifft es ausgerechnet sie? Zu diesen Menschen gehört auch Familie Nittka, bestehend aus Aleksander und seinen Eltern sowie den fünf Schwestern Jana (33), Selena (31), Anna (28), Luka (23) und Monia (22). Alle sind sozial engagiert, arbeiten als Pflegerinnen oder Erzieherinnen.

Auch Mutter Elisabeth ist gelernte Erzieherin. Sie hat vor der Geburt ihrer Kinder unter anderem mit Menschen mit Behinderung gearbeitet. „Dann wurde sie eine richtige Vollblut-Mama. Aber sie wollte auch immer etwas zurückgeben“, erinnert sich Tochter Luka im Gespräch mit RTL. Deswegen entscheidet sich Elisabeth, ein behindertes Pflegekind in die Familie aufzunehmen - und trifft auf Aleks.

Der kleine Junge erleidet kurz nach der Geburt eine Gehirnblutung, die Ärzte haben damals wenig Hoffnung, dass Aleks ein normales Leben haben wird. „Vielleicht blind. Nicht sprechen. Nicht laufen. Das waren die Diagnosen.” Seine leiblichen Eltern sind mit der enormen Herausforderung, ein schwerbehindertes Kind aufzuziehen, überfordert. Doch Familie Nittka muss nicht lange überlegen. „Und so kam der Aleks zu uns“, erzählt Luka.

Aleks mit seiner Pflege-Mama Elisabeth
Aleks mit seiner Pflege-Mama Elisabeth
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Von Anfang an sei er einfach ihr Bruder gewesen. Auch die leiblichen Eltern werden liebevoll in die Familie integriert, man feiert gemeinsam Weihnachten und fährt zusammen in den Urlaub. Und Aleks? Der entwickelt sich besser, als die Ärzte je gedacht hätten!

Er lernt all das, was ihm niemand zutraute: Er spricht, geht zur Schule, nimmt am Familienleben teil und kann nach mehreren schweren Operationen sogar laufen. „Natürlich war er noch behindert, aber er war selbständig. Er konnte alleine mit dem Bus zur Schule fahren. Später sollte er eine Wohnung in unserem Elternhaus beziehen”, sagt Luka.

Doch eine schreckliche Verkettung unglücklicher Umstände ändert alles.

„Wir haben sofort den Notarzt gerufen” - eine Klassenfahrt mit tragischem Ende

Für sein Engagement in der Schülerzeitung bekommt Aleks Lob von höchster Stelle: Er trifft Bundeskanzler Olaf Scholz. Hier ahnt noch niemand, was kurz darauf passieren wird.
Für sein Engagement in der Schülerzeitung bekommt Aleks Lob von höchster Stelle: Er trifft Bundeskanzler Olaf Scholz. Hier ahnt noch niemand, was kurz darauf passieren wird.
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Aleks fährt im vergangenen Jahr mit seiner Schulklasse nach Berlin. Auf die Klassenfahrt freut er sich, schließlich bekommt er sogar einen Preis von Bundeskanzler Olaf Scholz höchstpersönlich verliehen!

Doch am Tag der Abreise ist etwas seltsam. Aleks klagt über starke Kopfschmerzen. Das ist ungewöhnlich. „Aleks hat Schmerzen immer sehr lange ausgehalten. Als die Lehrer deswegen anriefen, wussten wir sofort, dass da etwas nicht stimmt”, erzählt seine Schwester.

Die Familie ahnt: Das Problem ist ein Shunt, den Aleks im Kopf hat. Über diesen kleinen Schlauch wird Flüssigkeit aus dem Gehirn abgesaugt. Verstopft der Schlauch, kann es gefährlich werden. Das ist schon einmal passiert, 2018. „Damals hat man uns gesagt, es ist nicht sofort lebensbedrohlich“, erinnert sich Luka.

Die Familie reagiert deshalb zwar und fährt Aleks Schulklasse entgegen, reagiert jedoch nicht panisch. Erst als sie ihn sehen, erkennen sie, wie ernst die Lage ist. „Wir haben sofort den Notarzt gerufen und Aleks wurde in eine Klinik gebracht.“ Doch operiert wird er erst acht Stunden später. Insgesamt vergehen von den ersten Anzeichen bis zum Eingriff 16 (!) Stunden.

Nach der Operation kommt er in ein künstliches Koma, schwebt zwei Wochen in akuter Lebensgefahr. Wie durch ein Wunder überlebt er - doch aufgrund mehrere Schlaganfälle hat er schwerste Hirnschäden. „Nun kann Aleksander nicht mehr sprechen, nicht mehr sehen und die Arme und Beine nicht mehr selbstständig bewegen. Seine Prognosen sind eigentlich die, die er zu seiner Geburt hatte”, sagt Luka.

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Schwestern und Mutter wollen Aleksander pflegen - doch wie?

Nach der Klinik kommt Aleks in eine Reha. Dort befindet er sich auch aktuell noch, soll jedoch bald entlassen werden. Dann muss er intensiv gepflegt werden. Eine Mammutaufgabe, der sich seine Schwestern und Mama Elisabeth gemeinsam widmen wollen. Aber es gibt ein großes Problem: Das Haus der Familie Nittka ist dafür eigentlich ungeeignet. „Meine Eltern hatten, als sie gebaut haben, echt wenig Geld und dementsprechend sind auch die Zimmer recht klein”, erklärt Luka. Vor allem das Badezimmer bereitet ihnen Sorgen.

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Die Familie hofft zunächst, dass sie großzügig bezuschusst werden. Doch ein Gutachter, der von der Eingliederungshilfe beauftragt wird, um Aleks mehr Teilhabe zu ermöglichen, sei der Ansicht, dass ein vier Meter großes Bad ausreichen würde. „Wie soll das gehen, mit zwei Erwachsenen in dem kleinen Raum, einer Duschliege und allen notwendige Geräten?”, fragt sich Luka.

Auch Aleks Schlafzimmer wäre mit zwölf Quadratmetern viel zu eng. „Wir brauchen einen Lift, einen motorisierten Rollstuhl, ein Motomed, um bei den Spastiken zu helfen, ein Pflegebett, um das herum man anderthalb Meter Platz braucht, um überhaupt hantieren zu können - da kommt unfassbar viel zusammen.”

Bislang gibt es kein Einsehen. Luka ist verzweifelt: „Wir wollen ihn so gerne nach Hause holen, uns um ihn kümmern. Aber jetzt wird jeder Cent umgedreht. Wir wollen doch keinen Luxus - wir wollen nur unserem Bruder ein lebenswürdiges Heim bieten!”

Wie man die Familie unterstützen kann

Die Familie Nittka hält zusammen - in guten und in schlechten Zeiten
Familie Nittka hält zusammen - in guten und in schlechten Zeiten.
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Der Plan der Nittkas ist nun: Im weitläufigen Garten einen Anbau errichten, der behindertengerecht ist. Ebenerdig, mit breiten Türen und genug Platz, für das medizinische Equipment. Dafür fehlt jedoch aktuell das Geld. „Wir sind keine reiche Familie”, sagt Luka. Sie ist es, die auf die Idee kommt, öffentlich um Hilfe zu bitten. „Ich habe unsere und Aleksanders Geschichte aufgeschrieben und dachte, vielleicht hilft uns ja jemand.”

Auf der Plattform GoFundMe startet sie einen Spendenaufruf. Sie rechnet mit wenig. „Ich dachte, wir sind eine große Familie, wir sind nett und hilfsbereit, vielleicht bekommen wir ja ein paar hundert Euro zusammen”, erinnert sie sich.

Was dann passiert, übertrifft ihre Erwartungen. Mittlerweile sind mehr als 28.000 Euro zusammengekommen. Der Anbau lässt sich davon nicht finanzieren, doch es lindert die Sorgen schon merklich. „Ich war in einem richtig tiefen Loch, ich hatte kein Vertrauen mehr in die Menschheit. Und dann kam das. Ich kann nicht in Worte fassen, was es mir - was es uns - bedeutet, dass so viele fremde Menschen uns helfen.”

Und auch Aleksander geht es langsam besser. Mittlerweile ist ein großer Meilenstein geschafft: Er kann wieder lachen. „Das war für uns eine der wichtigsten Sachen, dass wir sehen können, ob er gerade glücklich ist. Wir sind auch alle so unfassbar stolz auf ihn.”

Die Hoffnung auf einen weiteren Meilenstein, auf ein wenig Besserung bei Aleks, gibt Familie Nittka nicht auf. Warum? „Er ist ein Kämpfer. Er war schon immer ein Kämpfer.“