„Wird er jemals laufen, sprechen, essen können?“ Seltener Gendefekt blieb monatelang unerkannt! Baby Henner wäre fast gestorben

Baby Henner hat Trisomie 9 Mosaik
Der kleine Henner hat Trisomie 9 Mosaik - die Krankheit wurde erst Monate nach der Geburt diagnostiziert
Ludmillenstift Meppen
von Larissa Königs

Henners Leben wird nie wie das seiner Zwillingsschwester sein.
Während die kleine Ellis gesund ist, hat Henner einen seltenen Gendefekt - so selten, dass die Krankheit in der Schwangerschaft nicht erkannt wurde. Ob er jemals laufen, sprechen oder selbstständig essen kann, ist unklar. Jetzt hoffen seine Eltern auf Hilfe.

Henner wiegt bei der Geburt halb so viel wie seine Schwester

Marina (35) und Dennis (36) aus Leer wünschen sich schon lange eine Familie. Umso größer ist die Freude, als Marina schwanger wird - und das sogar mit Zwillingen. Sie sind absolute Wunschkinder. „Während der Schwangerschaft wurde der Harmony Prenatal Test (NIPT Test) durchgeführt. Das Ergebnis war negativ”, erinnert sich Carina Sauer, eine enge Freundin der Familie und Patentante, im Gespräch mit RTL. Dabei handelt es sich um einen Test, der schon vor der Geburt auf Chromosomenstörungen hinweisen soll.

Lese-Tipp: Diese Schwangerschafts-Untersuchungen sind wirklich notwendig

Die Babys scheinen gesund zu sein. Aber: Bereits in der Schwangerschaft ist erkennbar, dass einer der Zwillinge deutlich kleiner ist. Seine Werte müssen häufig überprüft werden.

Die Babys kommen zwei Monate zu früh zu Welt. Während Ellis schnell kräftiger wird, bereitet der kleine Henner Ärzten wie Eltern Sorgen. Er wiegt nur 1220 Gramm, seine Schwester Ellis ist mit 2120 Gramm fast doppelt so schwer. Ellis darf drei Wochen nach der Geburt nach Hause, Henner muss noch weitere vier Monate im Krankenhaus bleiben.

„Man konnte ihnen die Sorgen ansehen, sie wussten nicht, wie es weitergehen würde. Die Augenringe der beiden erzählten von schlaflosen Nächten und ungewisser Zukunft”, erinnert sich Carina an jene Zeit, die den Eltern alles abverlangte.

Schock! Marina muss ihren Sohn plötzlich reanimieren

Ellis und Henner mit ihren Patentanten Carina (l.) und Susan (r.)
Ellis und Henner mit ihren Patentanten Carina (l.) und Susan (r.)
privat

Schließlich wird Henner entlassen. Doch dann, kurz darauf, müssen Marina und Dennis einen Albtraum durchleben, vor dem alle Eltern Angst haben: Plötzlich atmet Henner nicht mehr! Auf dem Weg zu einem Säuglingskurs muss Marina ihren Sohn reanimieren. Es gelingt ihr, Henner ins Leben zurückzuholen. Dennoch sagen die Eltern heute: „Das war eine unfassbar schockierende Erfahrung.”

Es folgt ein weiterer Krankenhausbesuch und zahlreiche Untersuchungen. Schließlich gibt es eine Diagnose: Henner leidet unter Trisomie 9 Mosaik.

Trisomie 9 ist so selten, dass sie bei den Standard-Untersuchungen nicht speziell gesucht wird. Henner hat 46 Chromosomen, eine normale Anzahl, aber im Mosaikmuster sind Teile des Chromosoms dreifach vorhanden”, erklärt Carina.

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Die Diagnose ist für Marina und Dennis ein Schock

Ellis ist sehr interessiert an ihrem Bruder - aber ohne Aufsicht dürfen sie nicht zusammen spielen. Zu groß ist das Risiko, dass sie etwa einen der für Henner wichtigen Schläuche rauszieht.
Ellis ist sehr interessiert an ihrem Bruder, aber ohne Aufsicht dürfen die beiden nicht miteinander spielen- zu groß ist das Risiko, dass die Kleine etwa einen der für Henner wichtigen Schläuche herauszieht.
privat

Für die Eltern ist diese Nachricht ein Schock. Jetzt steht nicht nur fest, dass ihr Sohn unheilbar krank ist, sondern auch, dass seine weitere Entwicklung völlig ungewiss ist. Der kleinen Familie stehen viele Hürden bevor.

Plötzlich müssen sie sich mit Themen auseinandersetzen, die vor einem Jahr undenkbar waren. „Wir stellten uns Fragen wie: Wie können wir Henner und Ellis transportieren? Wie schaffen wir die intensive Pflege allein, oder gibt es einen Pflegedienst, der uns unterstützen kann? Wird Henner jemals laufen, sprechen, essen können?“

Dinge, die normal sind - ein einfacher Ausflug zur Eisdiele -, sind unmöglich. „Ihr soziales Leben hat sich stark verändert, da sie rund um die Uhr für Henner da sein müssen”, erzählt Carina.

Henner leidet unter mehreren Symptomen der Trisomie 9 Mosaik: Er hat Herzprobleme, Epilepsie und eine Skelettdeformation. Er kann nicht ohne Hilfsmittel atmen oder trinken, braucht ein Hörgerät und ist sowohl geistig als auch motorisch unterentwickelt. Noch ist unklar, ob er eine Sehbehinderung hat: „Unsere größte Hoffnung ist, dass Henner Entwicklungsschritte macht und keine weiteren Symptome auftreten“, sagen Marina und Dennis.

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Wunsch der Eltern? Mit einem Bulli soll Henner die Welt entdecken

Schon jetzt steht fest: Wegen seiner Beeinträchtigung wird Henner auf einen speziellen Autositz und einen Rollstuhl angewiesen sein. Deshalb braucht die Familie nun einen Bulli. „Das ist essenziell, weil es ihnen Mobilität und ein Stück Normalität zurückgibt. Mit dem Bulli können sie als Familie zusammen sein und mit Henner unterwegs sein, ohne sich Sorgen um den Transport machen zu müssen“, erklärt Carina Sauer.

Doch ein solcher Bulli ist teuer, die Kosten schätzen die Eltern auf etwa 90.000 Euro - Geld, das sie nicht haben. Darum bitten Carina Sauer und ihre Partnerin Susan nun auf GoFundMe um Spenden für die Familie. Mittlerweile sind fast 40.000 Euro zusammengekommen. „Der große Zuspruch bedeutet uns unfassbar viel. Es zeigt, dass wir nicht alleine sind und dass viele Menschen unsere Geschichte hören und helfen möchten.“

Neben dem Bulli gibt es noch einen weiteren, großen Wunsch: „Wir wünschen uns, dass unsere Familie bald einmal aufatmen kann. Die letzten 12 Monate waren anstrengend, besorgniserregend und lang. Ein bisschen Normalität und Ruhe wären ein Segen.”