48 oder 24 Stunden Zuhause bleiben?Wann sollten kranke Kinder wieder in den Kindergarten? Erzieherin hat klare Meinung

Zum Themendienst-Bericht «Vorsicht, ansteckend! Diese Kinderkrankheiten sollten Eltern kennen» von Stefanie Michel vom 6. Dezember 2017: Hat ein Kind Fieber, gehört es grundsätzlich nicht in die Kita. Am besten, es bleibt daheim, bis es einen ganzen Tag und eine Nacht lang fieberfrei war. (Archivbild vom 14.03.2015/Nur zur redaktionellen Verwendung durch Themendienst-Bezieher im Zusammenhang mit dem genannten Text.) Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn
Fieber? Das bedeutet in vielen Kitas, dass das kranke Kind mindestens 48 Stunden Zuhause bleiben muss. (Symbolbild)
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von Larissa Königs

Es schnieft, hustet und fiebert in deutschen Kitas.
Traditionell ist im Herbst und Winter der Krankenstand am höchsten – auch in Kindergärten und Krippen. Das stellt sowohl Eltern als auch Erzieher vor Herausforderungen: Wann muss ein Kind Zuhause bleiben? Und wann darf es wieder abgegeben werden? Wir haben bei einer Erzieherin nachgefragt, wie sie das umstrittene Thema sieht.

Wann dürfen kranke Kinder wieder in den Kindergarten?

Eltern von Kindergarten-Kindern kennen das Problem im Herbst und Winter: Der Nachwuchs ist dauerkrank. Im Oktober Scharlach, im November ein Magen-Darm-Infekt und spätestens im Dezember liegt das Kind mit Erkältung flach. Das ist anstrengend für alle Beteiligten. Für das Kind, das immer wieder den nächsten Infekt ausstehen muss. Für die Erzieher und Erzieherinnen, die beurteilen müssen, ob und wann das Kind abgeholt werden muss. Und für die Eltern, die mehrere Tage wegen des kranken Kinds nicht arbeiten können.

Dabei ist die Zeit, die ein Kind mindestens Zuhause bleiben muss, unterschiedlich. Bei vielen Kitas gilt: Nach Fieber und (anhaltendem) Durchfall sollten Kinder 48 Stunden nicht in den Kindergarten kommen. Andere sagen jedoch, dass 24 Stunden Karenzzeit bei Durchfallerkrankungen ausreichend sei. Auch bei 24 Stunden Fieberfreiheit könnten Kinder wieder abgegeben werden. So schreibt etwa die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung, diese Empfehlungen seien „sehr eng mit dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt*innen (BVKJ) abgestimmt“. Doch wie realistisch ist das im Alltag? Dazu hat Erzieherin Kathrin* eine klare Meinung.

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„Ich kenne keine Kita, die das so regelt“, sagt sie. Standard sei, dass Kinder mindestens zwei Tage symptomfrei sein müssen. „Und das ist schon nicht optimal, weil ganz viele Eltern einfach konsequent nach 48 Stunden ihr Kind wieder in die Kita bringen. Sind dann alle Kinder wieder gesund? Nein. Aber es heißt dann von den Eltern: Wir haben doch die zwei Tage gewartet.”

Besonders kritisch sieht die Erzieherin die 24-Stunden-Regel bei Fiebererkrankung „Ein Kind hat nicht einfach so Fieber und dann ist es wieder weg.”

„Das ist unglaublich anstrengend für einen kleinen Körper”

Und auch bei Durchfallerkrankungen sei ein Tag laut Kathrin zu kurz. Sie erläutert, warum: „Wenn wir Erwachsene Magen-Darm haben und einen Tag lang nicht richtig essen, gehen wir ja auch nicht am nächsten Tag direkt wieder zur Arbeit. Wir nehmen uns noch Zeit, um wieder auf die Beine zu kommen und den Körper zu Kräften zu bringen. Bei Kindern ist es nicht anders.“

Viele Menschen würden unterschätzen, wie anstrengend die Zeit in der Kita für kleine Kinder sein kann. „Da ist Dauerlärm. Ständig Konflikte mit anderen Kindern. Viel Bewegung. Das ist unglaublich viel für einen kleinen Körper. Und erst recht für ein einjähriges oder zweijähriges Kind ist, das sich noch nicht sprachlich richtig äußern kann.“

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Erzieherin wägt immer ab zwischen Eltern und Kind

Deshalb gebe es klare Grenzen. „Ich habe für mich die Regel gesetzt, wenn ein Kind mehr als zwei Stunden sagt, dass es Schmerzen hat, dann lasse ich es abholen“, erklärt sie.

Aber: Sie rufe bei Weitem nicht bei jedem Kind, das nicht fit wirkt, direkt die Eltern an. „Wenn ich weiß, dass beide Eltern arbeiten, versuche ich, viel auszugleichen. Dann trage ich auch gerne mal ein kränkelndes Kind den ganzen Tag auf dem Arm. Viele Eltern sehen gar nicht, wie viel wir da leisten”, erzählt sie.

Die Erzieher und Erzieherinnen, die sie kenne, seien da „unglaublich entgegenkommend”. Denn: „Wir wissen, wie schwer es für viele Eltern ist. Es ist einfach stressig, wenn beide einen Vollzeitjob haben.”

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„Das System ist kaputt”

Allerdings helfe es auf lange Sicht auch nicht, kranke Kinder in der Kita abzugeben oder dort zu lassen. Denn abgesehen davon, dass das Kind dadurch mitunter leidet, gibt es noch ein weiteres Problem: das Infektionsrisiko.

„Im Winter haben wir immer mindestens ein krankes Kind in einer Gruppe. Das steckt dann zum einen die anderen Kinder an. Zum anderen aber auch die Erzieher. Abgesehen davon, dass auch Kitas ja einen Mitarbeiterschutz haben, hat niemand etwas davon, wenn auch die Erzieher dauerkrank sind und vielleicht Gruppen geschlossen werden.” Denn das führt dazu, dass Eltern ihre Kinder Zuhause betreuen müssen und der Druck bei berufstätigen Eltern noch größer wird. Es entsteht ein Teufelskreis.

Und der ist belastend, für alle Beteiligten. „Ich verstehe, warum sich die Eltern beschweren. Ich verstehe, warum sich die Erzieher beschweren. Das System ist kaputt. Aber man kann nicht sagen, dass es die Lösung ist, das Kind schneller wieder in die Kita zu bringen. Da muss es eine Alternative geben. Nur leider weiß ich auch nicht, wie die aussehen soll.”

*Hinweis: Kathrin heißt eigentlich anders. Zum Schutz der Erzieherin haben wir sie anonymisiert, der vollständige Namen ist der Redaktion bekannt. Ihre Schilderungen basieren auf persönlicher Erfahrung.