Fast alle Eltern machen esErzieherin klärt auf: „Süße oder Maus? So solltet ihr eure Kinder nicht anreden!”

Kindermund: Für Kinder haben Schimpfwörter die gleiche Wirkung wie Zauberworte: Sie ziehen sofort Aufmerksamkeit an.
„Spatz“, „kleiner Rabauke” oder „Prinz“: Wer seinen Sohn dauerhaft mit einem solchen Kosenamen anspricht, sollte das überdenken
Christin Klose/dpa-tmn
von Larissa Königs

„Spätzchen, komm mal zu Mama!“
Na, wer von euch hat das so in der Art schon einmal zum eigenen Kind gesagt? Wenn ja, seid ihr damit in bester Gesellschaft. Viele Eltern haben Kosenamen für den Nachwuchs, und so wird statt Lea die „kleine Prinzessin“ gerufen und statt Paul „der Räuber“. Ganz normal und klein Problem - oder? Tatsächlich sollten Eltern genau das eigentlich vermeiden. Dafür gibt es drei Gründe, wie uns eine Erzieherin erklärt.

Als Eltern gibt es diverse Dinge in der Erziehung, die man beachten sollte. Im Idealfall lässt man die schlechte Laune nie am Kind aus, man schreit und meckert so wenig wie möglich und vergleicht den Nachwuchs nicht mit anderen. Man ist Ansprechpartner für Sorgen und Nöte und der sichere Hafen, wenn das Kind Trost und Geborgenheit sucht. Und man gibt so viel Liebe, wie nur möglich - und zeigt das gerne auch mal in der Sprache. So werden wohl die meisten Mütter und Väter schonmal „Maus”, „Schätzchen“ oder „Süße / Süßer“ gesagt haben, statt des richtigen Namens. Doch genau das ist laut Erzieherin Kathrin* eigentlich ein Fehler.

„Ich glaube, das hat jeder Erzieher und jedes Elternteil mindestens schon ein Dutzend Mal gemacht. Vielen Menschen ist gar nicht bewusst, dass das nicht so gut ist - so war es anfangs auch bei mir!”, erzählt sie. Doch warum ist es nicht gut, ein Kind immer wieder mit einem Kosenamen anzusprechen? Kathrin nennt drei Gründe.

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1. Kinder werden durch Kosenamen bewertet

Mit Kosenamen und Verniedlichungen gehen wir immer in eine Wertung“, erklärt Kathrin. Und das hat Folgen. Ein Mädchen, das immer als „Süße“ angesprochen wird, definiert sich dann als „süß“. Ein Kind, das hingegen der „kleine Terrorzwerg“ ist, sieht sich dann als eben jener.

Weiteres Problem: „Kinder sind wirklich leicht beeinflussbar, und oft kriegt man gar nicht mit, welche Dinge bei ihnen im Hinterkopf ablaufen, weil sie das noch nicht verbalisieren können.“ Vieles geschehe unterbewusst, und im Zweifelsfall erfahren Erziehungsberechtigte erst viele Jahre später, welchen Einfluss der immer gleiche Kosename auf den Nachwuchs hatte.

2. Kinder mögen Kosenamen oft gar nicht und empfinden Scham

Dieser Punkt kommt für viele Eltern eventuell überraschend, wird aber von den meisten Erziehern und Erzieherinnen bestätigt: Kinder mögen Spitznamen oft gar nicht! „Kosenamen wie süßes Mäuschen oder Schnecke sind fast allen Kindern unangenehm - die sollte man grundsätzlich vermeiden”, berichtet Kathrin aus ihrem Alltag.

Je älter die Kinder werden, umso größer ist auch die Scham, die sie möglicherweise aufgrund der Spitznamen empfinden. Dabei gibt es auch einen konkreten Grund, warum Kinder mit vielen Kosenamen gar nichts anfangen können und zwar:

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3. Kinder fühlen sich durch Kosenamen herabgesetzt

„Kinder mögen in der Regel Kosenamen nicht, weil auch Kinder respektiert werden und als Individuen behandelt werden wollen“, erklärt Kathrin. „Sie kriegen ja mit, dass Erwachsene sich in der Regel untereinander nicht so betiteln. Und dann fragen sie: Warum werden wir das?“

Für viele Kinder komme das, je nach Spitzname, einer Herabsetzung gleich, wenn sie statt mit ihrem Namen, also ihrer Identität, immer wieder mit einem generischen und verniedlichenden Kosenamen angesprochen werden. „Das macht sie auch oft kleiner, als sie sind. Erwachsene wollen durch Spitznamen Wertschätzung entgegenbringen und zeigen - doch bei Kindern sorgt es eigentlich genau für das Gegenteil“, so die gelernte Erzieherin.

Zwar gibt sie zu, dass man sich solchen Kleinigkeiten nicht immer bewusst sein kann. Ihr sei es jedoch ein Anliegen, darüber aufzuklären.

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Wichtig: Die Dosis macht das Gift!

Ihr nennt euer Kind immer mal wieder bei einem Kosenamen und macht euch nun Sorgen? Keine Panik. Wer hin und wieder den Nachwuchs mit einem Spitznamen anspricht, macht in der Regel nicht viel verkehrt. Erst dann, wenn ihr euer Kind dauerhaft mit dem gleichen Kosenamen anredet, solltet ihr euch Gedanken machen. Immerhin habt ihr euch ja vor der Geburt viele Gedanken gemacht und euch aus Gründen für einen richtigen Namen entschieden - nutzt ihn doch mal wieder!

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*Hinweis: Kathrin heißt eigentlich anders. Zum Schutz der Erzieherin haben wir sie anonymisiert, der vollständige Namen ist der Redaktion bekannt.