Monster von Avignon filmte Céline (41) unter den Rock „Es sind nicht die Opfer, die sich schämen sollten“

Eine Frau von hinten im Interview.
Céline (41) spricht nur anonym mit RTL. Auch ist Céline nicht ihr richtiger Name. Um ihre Identität zu schützen, haben wir ihn geändert. Ihr echter Name ist der Redaktion bekannt.
RTL
von Sabrina Suberg und Patricia Kiel

Sie brachte den ganzen Fall erst ins Rollen!
Céline (41) geht eines Samstagmittags in einem Supermarkt einkaufen. Es ist warm, sie trägt einen Rock. Bei ihr ist ihre zehn Jahre alte Tochter. Während des Einkaufens wird sie vom Sicherheitspersonal angesprochen. Jemand hat ihr heimlich unter den Rock gefilmt. Es ist Dominique Pélicot (72). Céline erstattet Anzeige. Sie ahnt nicht, dass sie damit einen jahrelangen Missbrauch aufdeckt.

Célines Anzeige führt die Ermittler auf die Spur von Dominique Pélicot

„Das ist ein Witz“, entgegnet die 41-Jährige noch den Sicherheitsleuten. Doch schnell wird ihr bewusst, dass die Angelegenheit ernst ist. „Sofort hatte ich ein sehr großes Schuldgefühl, weil ich nichts bemerkt habe“, erklärt Céline im RTL-Interview. Dominique Pélicot habe noch von einem Versehen gesprochen und versucht, sich herauszureden. Aber geglaubt hat sie ihm das nicht. Auch Célines Tochter spürt die Verunsicherung ihrer Mutter. „Ich glaube, sie hat alles verstanden, was passiert ist.“ Sie habe sie beruhigen müssen und ihr gesagt, dass sie keine Angst haben müsse.

Drohnenbild eines Supermarkts.
Der Supermarkt in der Nähe von Mazan in der Provence. Hier hat Dominique Céline unter den Rock gefilmt hat.
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Wenn Céline heute Röcke trägt, dann „ist das wirklich ein besonderer Anlass“, so die 41-Jährige. Zum Einkaufen trage sie konsequent nur noch Hosen. Dieser Vorfall habe viel angerichtet. Schon bald erfährt Céline vom ganzen Ausmaß der Taten, mit der Dominique Pélicot so viele Menschen ins Unheil gerissen hat. Die Polizei informiert sie über das, was sie noch alles auf Dominiques Handy gefunden haben.

„Wie kannst du das deinem geliebten Menschen, der Mutter deiner Kinder, antun?“

„Der Horror. Mein Gott, diese arme Frau und ihre Kinder“, beschreibt Céline ihre Reaktion in diesem Moment. „Wie kannst du das deinem geliebten Menschen, der Mutter deiner Kinder, antun?“, fragt sie sich. Auf Pélicots Handy finden Ermittler unzählige Videos und Bilder. Darauf zu sehen ist seine eigene Ehefrau Gisèle.

Lese-Tipp: Richter stellt Missbrauchsopfer Gisèle P. unfassbare Frage

Sie liegt bewusstlos im Ehebett und wird von verschiedenen Männern vergewaltigt. Ihr eigener Ehemann hat sie über beinahe ein Jahrzehnt lang betäubt und insgesamt 92 Männern zum Sex angeboten. Angeblich hätte er darauf gestanden, seine Frau beim Sex mit anderen Männern zu sehen. Viele Jahre leidet Gisèle an Unterleibsschmerzen und starker Müdigkeit, kann sich die Symptome aber nicht erklären. Auch alle ihre Ärzte sind ratlos.

Menschen in einem Gerichtsgebäude.
Prozessbeobachter applaudieren Gisèle im Gerichtsgebäude in Avignon.
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Céline ist sich sicher, dass Gisèle gestorben wäre, wenn sie keine Anzeige gegen Dominique erstattet hätte. „Bei den Dosen, die er nutzte, um sie zu betäuben, weiß ich nicht, wie sie das überleben konnte“, sagt Céline, und weiter: „Sie ist wirklich eine starke Frau.“ Gisèle habe viel Würde, Mut und Kraft. „Es sind nicht die Opfer, die sich schämen sollten, es ist das Gegenteil, es sind die Kriminellen, die sich schämen und Angst haben sollten.“

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Im Video: Geständnis in Prozess um 92-fache Vergewaltigung

„Ich wage zu hoffen, dass er sein Leben im Gefängnis beenden wird”

Dominique Pélicot und 50 weiteren Angeklagten wird in Avignon der Prozess gemacht. Über eine Online-Plattform hat er Gisèle den Männern zum Sex angeboten. Bei den Angeklagten handelt es sich um Männer, die zur Tatzeit zwischen 21 und 68 Jahre alt waren und mit der Justiz zumeist noch nichts zu tun hatten. Ermittler konnten etliche von ihnen identifizieren. „Ich bin ein Vergewaltiger, wie alle, die in diesem Saal sind“, hat Dominique Pélicot zu Prozessbeginn angegeben.

Dominique Pélicot (72) lud Männer ein, um seine Frau Gisèle (72) zu vergewaltigen.
Dominique Pélicot (72) lud Männer ein, um seine Frau Gisèle (72) zu vergewaltigen.
Privat

Gisèle ist jeden einzelnen Prozesstag anwesend und blickt ihren Peinigern mutig in die Augen. Viele Menschen unterstützen sie vor Gericht, spenden ihr sogar Beifall. „Es wird ein Kampf sein, den sie gewinnen wird“, ist sich Céline sicher. „Das ist das Verwirrende an dieser Geschichte, dass es auf der einen Seite immer noch diese Solidarität und Menschlichkeit gibt“, sagt sie. Den Angeklagten drohen lange Haftstrafen, doch der Prozess könnte sich hinziehen. Für Céline käme nur eine Strafe infrage: „Ich wage zu hoffen, dass er sein Leben im Gefängnis beenden wird.“